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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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selbst mich fröstelte an ­ gesichts der feurigen Glut ihrer dunklen Augen, die sie auf eine verblüffte Caroline Dawson richtete. Audreys Worte explodierten wie ein Kugelhagel. »Sie halten Ben Johnson doch für einen kanadischen Läufer. Sie, Sie« - sie stockte, suchte nach weiteren Beleidigungen -, »Sie glauben doch, Heidegger ist eine Kiste, die man herumträgt, um Strahlung zu messen!«
    Mit diesen Worten knallte Audrey ihr Tablett auf den Tisch und stampfte zur Holztür der Kirche hinaus. Ihr Schlüsselbund schlug mit lautem Rasseln gegen die Tür ­ kante. Sie blieb nicht stehen, um sich von mir zu verab ­ schieden. Sie nahm nicht einmal ihre Schürze ab.
    Pastor Olson zupfte an seinem Bart. »Ich wünschte, sie hätte nicht mit Heidegger gespaßt...«
    »Ach«, erklärte ich mitfühlend. »Sie macht gerade eine schwere Zeit durch.« Pastor Olson ging, um die gesträubten Nackenhaare der Dawsons glatt zu streichen. Ich war mir nicht ganz klar, ob Audrey Verständnis, mehr Selbstbewusstsein oder eine völ ­ lig neue Leben s perspektive brauchte. Aber irgend etwas brauchte sie mit Siche r heit. Schmerz sickerte aus ihr her ­ aus wie Wasser aus einem lec k geschlagenen Damm. Ich beschloss, ihr bei nächster Gelegenheit, wenn wir zusammen arbeiteten, ein paar wohlüberlegte, au f munternde Worte zu sagen. Wohlüberlegt, weil Arch immer e r klärte, was ich für aufmunternd hielt, wirke auf den Betreffenden wie ein Rollkommando, wenn er doch nur geniest habe.
    Hank Dawson nickte Pastor Olson zu und schlängelte sich zu mir durch. »Ist Ben Johnson denn kein kanadischer Läu ­ fer?« Er runzelte die Stirn.
    »Doch, natürlich. Vielleicht nach einem Dichter des sech ­ zehnten Jahrhunderts getauft.«
    »Was glaubt diese Frau eigentlich, wer sie ist?«
    »Naja, sie war aufgebracht...«
    Hank Dawson schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein und blies darauf. Er sah an seiner breiten Nase vorbei auf mich herab. »Audrey Coopersmith hat meine Frau aufge ­ regt.« Und das von dem Burschen, der mir am Abend zu ­ vor den klassischen Blick des Pantoffelhelden zugeworfen hatte: Machen Sie sich nichts draus, ich muss mit ihr leben. Je mehr Arger Audrey Caroline Dawson bereitete, um so mehr bekam vielleicht Mr. Caroline Dawson ab.
    »Ach, Hank...«
    »Hören Sie. Audrey ist nur eifersüchtig, weil unsere Greer so begabt ist. Heather ist gut in Mathe und Naturwissen ­ schaften, Punkt. Greer, das sage ich Ihnen, hat schon Ge ­ schichten erfunden, seit sie acht ist. Sie ist hervorragend in Sprachen und obendrein noch eine gute Sportlerin. Sie ist vielseitig, und genau das suchen sie überall, das wissen Sie ja. Ein Wettstreit zwischen Heather und Greer? Das ist kein Spiel, das ist eine sichere Schlappe.«
    »Natürlich«, meinte ich beschwichtigend. »Aber Sie wis ­ sen ja, wir alle wollen nur das Beste für unsere Kinder. Be ­ sonders nach dem, was gestern Abend passiert ist.«
    Hank rührte in seinem Kaffee und sah mich mit seinen strengen, eisblauen Augen an. »Ach, wem sagen Sie das? Neuntausend Knicker im Jahr, und dann erzählen Sie mir, Sie finden eine Leiche nach dem Essen im Haus des Di ­ rektors! Heiliger Strohsack!«
    »Pastor Olson kann uns hören«, raunte ich.
    Hank hob sein Kinn, das so messerscharf war, dass man eine italienische Salami damit hätte schneiden können. Er spuckte die Worte förmlich aus. »Ausgerechnet jetzt muss diese Schule in einen Skandal verwickelt werden, das ist das Allerschlimmste. Diese Kinder sind im Abschlussjahr, die Collegebewerbungen stehen bevor. Und wie kommt Audrey Coopersmith dazu« - die blauen Augen funkelten, während seine Stimme lauter wurde -, »die es in ihrem Leben zu nichts gebracht hat, ein Urteil über unsere Tochter zu fällen? Greer hat im landesweiten Französisc h wettbe ­ werb den fünften Platz gemacht. Sie hat Gedichte ge ­ schrieben ... sie hat eine Autorentagung besucht und bei einem Schriftsteller in Harvard Unterricht genommen.«
    »Greer ist wunderbar, wunderbar«, log ich. »Alle finden das.«
    Der König der Kleinwüchsigen grunzte, drehte sich auf dem Absatz um und ging davon.
    Das Seltsame an Audreys Wutausbruch war, dass Caroline Dawson innerhalb von zehn Minuten ihre Meinung än ­ derte - nicht über Audrey, sondern über mich. Genauer ge ­ sagt, über meinen Pflaumenkuchen. Sie wollte wohl zeigen, dass sie kein völliger Snob war, schätze ich. Ehe die letzten Nachzügler die Kaffeestunde in der Kirche verließen, kam sie, als ich

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