Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
Vom Netzwerk:
»Vorwärts, Brad! Vorwärts, Brad!« Manchmal mussten die Trainer Stan zum Schweigen bringen; sie konnten sich wegen seiner Schreie nicht mehr verständlich machen.
    »Mann, das tut mir leid, ich wollte Sie nicht umrennen. Sind Sie nicht … wohnt Julian nicht bei Ihnen?«
    »Ja«, antwortete ich schlicht. »Julian Teller wohnt mit mir und meinem Sohn zusammen. Und ich kenne Ihre Eltern.«
    Er wurde rot. »Naja, tut mir leid wegen des« – er sah hin ­ unter auf die Schüssel, die er gerettet hatte »des Obstes.« Er schien wenig gesprächig. Er hielt die Schüssel linkisch in Händen, als wisse er nicht, was er damit machen solle. Dabei fiel mir ein, was machte er eigentlich am Hallo ­ weenmorgen in der Kirche? Konnten die Schüler der Abschlussklasse einfach dem Unterricht fer n bleiben, wann im ­ mer sie Lust hatten?
    »Was ist mit Ihnen? Ist mit Ihnen alles in Ordnung?« fragte ich.
    Sein Gesicht lief noch eine Spur dunkler an. Er wich mei ­ nem Blick aus, machte auf dem Absatz kehrt und setzte die Schüssel auf den Fliesen neben dem Taufbecken ab. Er wandte mir den Rücken zu, kniff die Lippen zusammen und hob das Kinn. Mit Brad Marensky war keineswegs alles in Ordnung, soviel war klar.
    »Ich muss gehen«, sagte er. »Der, den ich sprechen wollte, ist nicht da.« Seine Selbstbeherrschung kam ins Wanken, und er fügte hinzu: »Ehm, Sie wissen nicht, wann Pastor Ol ­ son zurückkommt?«
    »Zum Mittagessen. Ich bin für das Essen zuständig.«
    »Ja richtig, die Partylieferantin. Eine Sitzung, die Se ­ kretärin hat es mir gesagt.« Er sah sich in der kalten, höhlen ­ artigen Kirche um. Am Altar brannten keine Kerzen. Das Messingkruzifix vorne in der Kirche warf schimmernd den Schein des ewigen Lichtes zurück. Im fahlen Licht wirkte das Gesicht des Jungen wie ein gelbsüchtiges Gespenst.
    »Brad, sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Möchten Sie, dass wir uns einen Moment hinsetzen?«
    Er hob eine Augenbraue und dachte nach. »Ich habe Sie bei der Studienberatung gesehen.«
    »Ja, also, ich musste Miss Ferrell sprechen wegen meines Sohnes, Arch. Er hat … ein paar Schwierigkeiten in der Schule.« Als er nicht antwortete, sprach ich hastig weiter: »Vielleicht möchten Sie mir in der Küche helfen, bis Pastor Olson zurüc k kommt. Wenn ich auf etwas warte, hilft es mir immer, mich abz u lenken …«
    »Julian sagt, man kann gut mit Ihnen reden.«
    »Ach, wirklich?«
    Er sah mich wieder mit dem Ausdruck eines verirrten Rehs an und schien dann einen Entschluss zu fassen.
    »Ich bin hier wegen etwas, das in der Kirchenzeitung stand.«
    »Etwas …«
    Er biss sich auf die Unterlippe. »Eine Diskussion, die sie heute veranstalten.«
    »Ach, der Ausschuss! Ja, sie sprechen über Buße und Glau ­ ben, denke ich. Ich bin … nicht sicher, ob die Sitzung öf ­ fentlich ist.« Ich bemühe mich, taktvoll zu sein. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht.
    »Warten Sie.« Seine Augen weiteten sich. »Sie haben doch Keith gefunden, nicht?«
    »Also, ja, aber …«
    »Ach Gott«, sagte er mit einer tiefen Niedergeschlagen ­ heit, die mir das Herz zerriss. Seine Schultern sackten nach vorne. »Es ist alles so ein Schlamassel …«
    »Hören Sie, Brad, kommen Sie ein Weilchen mit in die Küche, während …«
    »Sie verstehen nicht, weshalb ich hier bin.« In seinem Protest schwangen Tränen mit. Und dann sagte er: »Ich muss beichten.«
    »Setzen wir uns in eine Bank«, flüsterte ich. Ich dachte flüchtig daran, Schulz an ­ zurufen oder diesem gepeinigten Jun ­ gen zu sagen, er solle auf Pastor Olson warten. Doch Brads Not hatte etwas Drin ­ gendes, und ich wollte ihm helfen. Was für ein Problem er auch haben mochte, eine A b solution konnte ich ihm nicht erteilen. Ich würde mich auch nicht wohl dabei fühlen, ihn anzuzeigen. Das musste er schon selber tun.
    Wir glitten in die letzte der harten, hölzernen Kirchen ­ bänke und setzten uns verlegen hin. Denk’ nach, befahl ich mir. Wenn Julian – zu meiner Überraschung – sagte, man könne gut mit mir reden, dann brauchte ich vielleicht nichts anderes zu tun als zuzuhören.
    »Ich … ich habe gestohlen«, sagte Brad.
    Ich sagte nichts. Er sah mich an, und ich nickte. Sein gut ­ aussehendes Gesicht war schmerzlich verzogen. Er erwar ­ tete offenbar eine Reaktion. »Sprechen Sie weiter«, sagte ich. Er schwieg. Mit leiser Stimme forderte ich ihn auf: »Sie wollten über das Stehlen sprechen.«
    »Ich habe es lange gemacht. Jahrelang.« Er kauerte sich

Weitere Kostenlose Bücher