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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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z u sammen, als sei er klein und sehr verloren. Dann straffte er den Rücken und atmete stoßweise aus. »Zuerst fühlte ich  mich gut dabei. Sachen wegzunehmen war ein tolles Ge ­ fühl. Ich fühlte mich stark.« Mit plötzlicher Wildheit sagte er: »Ich fand es herrlich.«
    Ich machte: »Mm-hmm.«
    »Wenn Perkins auf den Schulversammlungen immer sagte, wir brauchten keine Schlösser auf den Spinden in der Elk-Park-Schule, lachte ich innerlich. Ich meine, ich brüllte einfach vor Lachen.« Brad Marensky lachte jetzt nicht mehr. Er lächelte nicht einmal. Sein Mund war grimmig und schmerzlich zusammengepresst, als er nun schweigend das Rosettenfenster über dem Altar betrachtete. Ich fragte mich, ob er weitersprechen würde.
    »Es ging mir nicht um das Zeug«, sagte er schließlich. »Ich hatte genug davon. Meine Eltern haben Geld. Ich hätte jeden Mantel aus dem Laden haben können, den ich wollte. Das Au f regendste war, irgend jemandem eine Jeansjacke aus dem Spind zu klauen.« Ein ersticktes Schluchzen schüt ­ telte seinen schlanken Körper. Er schien weinen zu wollen, nahm sich aber zusammen. Vielleicht hatte er Angst, es könne jemand hereinkommen. Entfernt drang aus dem Kir ­ chensekretariat das gedämpfte Rattern einer uralten Ver ­ vielfältigungsmaschine herüber. Der Steinboden und die nackten Mauern strahlten eine kühle, besänftigende Ruhe aus. Brad Marenskys Beichte war ein Murmeln in diesem g e heiligten Raum.
    »Ich wollte damit aufhören. Das hatte ich mir geschwo ­ ren. Ich hatte sogar beschlossen, etwas zurückzugeben … Ich weiß nicht einmal, warum ich einem Schüler das Ding aus dem Spind g e nommen habe.«
    Er schien sich wieder in seinen Gedanken verlieren zu wollen. Ich dachte an den Tisch und das Essen, das ich vor ­ zubereiten hatte, und an die zwölf Ausschussmitglieder, die in einer Stunde ei n treffen sollten. »Dem Spind eines an ­ deren Schülers«, drängte ich sanft.
    »Ja. An diesem Tag vor ein paar Wochen beschloss ich, das Ding zurückzugeben. Nach der Schule. Als ich es ge ­ rade zurüc k legte und den Spind schloss, ging dieser blöde Französischclub zu Ende, und alle Schüler drängten auf den Flur. Ich war einfach wie versteinert. Ich stellte mir vor, dass Miss Ferrell, Keith Andrews, die anderen Schüler, auch ihr Sohn – tut mir leid, ich weiß seinen Namen nicht –, mich gesehen hätten und dächten, ich hätte etwas geklaut, statt es zurückzugeben.« Er seufzte. »Es war die neue Kassette von Cure. Ich mag Cure nicht einmal.«
    »Warte eine Sekunde. Eine Kassette? Nicht Geld oder eine Kreditkarte?« platzte ich heraus, ohne nachzudenken.
    »He?« Er sagte das, als hätte ihm jemand einen Schlag versetzt und sah mich verständnislos an. »Nein. Ich habe zwar Geld g e nommen, aber keine Kreditkarten. Damit kann man richtig Schwierigkeiten bekommen.« Er sah nervös zur Eingangstür. Doch bevor er aufhörte, musste ich noch eines wissen.
    »Wenn Sie dachten, Arch, mein Sohn, könnte Sie gese ­ hen haben und Sie verpetzen, haben Sie versucht, ihn daran zu hindern? Mit einer Klapperschlange in seinem Spind? Und einer g e schriebenen Drohung?«
    »Nein, nein, nein. So etwas würde ich nicht machen.«
    »Gut. Erzählen Sie weiter, ich habe Sie unterbrochen.«
    Doch er konnte nicht. Er fing an zu weinen. Er barg den Kopf in den Armen und schluchzte, und ich nahm ihn im ­ pulsiv in die Arme und murmelte: »Nicht … nicht weinen, bitte … es wird alles wieder gut, bestimmt. Seien Sie nicht so hart mit sich, jeder macht mal Dummheiten. Sie haben versucht, es wieder in Ordnung zu bringen …«
    »Das war ja das Verrückte«, raunte er an meiner Schul ­ ter. »Sobald ich beschlossen hatte aufzuhören, lief alles schief. Zuerst warf jemand Keiths Windschutzscheibe ein …«
    »Wann war das genau?«
    Brad setzte sich auf und wischte sich die Tränen fort. »An dem Tag, als der Vertreter aus Princeton kam. Ich erinnere mich, weil Keith sich über den Wagen anscheinend gar nicht aufgeregt hat, er hat einfach genauso ruhig weiter ­ gemacht wie immer. Er war früh bei dem Vertreter und hatte Unmengen Fragen über die Mensa und ob sie seine Zeugnisse von der Sommerschule der Colorado Un i versity anerkennen würden und solche Sachen.«
    »Unmengen …«
    »Ja. Aber später habe ich erfahren, dass er diesen Zei ­ tungsartikel schrieb, und das hat mir Angst eingejagt. Darum habe ich doch noch etwas gestohlen. Nur noch die ­ ses eine Mal, habe ich mir gesagt. Ach Gott«

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