Untitled
zwanzig vor zwölf trafen nach und nach die Mitglieder des theologischen Prüfungsau s schusses ein. Pastor Olson huschte als erster durch den Gemeind e saal. Er war in hel ler Aufregung, lamentierte über die einzige Laienvertrete rin im Ausschuss, die einen Schlaganfall erlitten hatte, und überlegte laut, was sie jetzt tun sollten. Nach den kanoni schen Regeln musste der Ausschuss zwölf Mitglieder haben, um im Dezember die Vorgespräche mit den Kandidaten für das Prieste r amt zu führen. Derselbe Ausschuss leitete auch die mündlichen Ordinationsprüfungen im April. Pastor Ol son zupfte an seinem Bart, ein Moses in Not. Wenn er nicht bald einen kompetenten Ersatz fände, würden die Femini stinnen den Bischof unter Druck setzen und dann würde die Lage für ihn brenzlig. Ich hätte ihn gerne gefragt, warum Männer, wenn sie nach einer Frau suchten, die ir gend etwas tun sollte, immer meinten, es gäbe Kompe tenzprobleme. Vielleicht stand dahinter in Wahrheit die Angst, sie könnten auf eine Frau stoßen, die kompetenter war als sie.
»Ach je«, jammerte Pastor Olson, »warum musste das aus gerechnet passieren, während ich den Ausschussvorsitz habe?« Er ließ sich trübsinnig auf einen der Stühle fallen, die ich gerade hi n gestellt hatte. »Ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll. Ich weiß nicht einmal, wo ich anfan gen soll.«
Obwohl ich fand, ein Gebet für das Opfer des Schlagan falls wäre vielleicht angebracht, murmelte ich nur: »Fangen Sie damit an, den Tisch neu zu decken«, stieß aber auf taube Ohren. Er zog unglücklich ab ins Sekretariat, während ich das zwölfte Gedeck abräumte. Die beiden männlichen Lai envertreter des Ausschusses kamen herein und nahmen ne beneinander Platz. Beide strahlten einen ruhigen Ernst aus, als warteten sie auf Anweisungen. Das erste Grüppchen Prie ster drängte durch die schweren Türen wie ein Schwarm Schwarzdrosseln, sie lachten, drängelten und erzählten sich klerikale Halloween-Witze. Was kommt heraus, wenn man eine Fledermaus mit einem Evangelischen kreuzt? Kopfschütteln. Ein Kirchenlied, das sich einem im Oberstübchen festsetzt. Die beiden Laienvertreter sahen sich an. Das entsprach nicht ihrer Vor stellung von Witzen. Ich servierte das Tablett mit dem drei eckig geschnittenen Sauerteigtoast, der mit glänzendem Pesto bestrichen war. Pastor Olson kam mit finsterer Miene herein.
»Olson!« kreischte eine der Schwarzdrosseln. »Sie als Priester feiern Halloween!«
Pastor Olson lachte väterlich und sprach das Gebet. Während die Sitzung begann, hetzte ich mit der Seezunge von einem zum anderen. Das Essen entlockte den Ausschussmitgliedern zahlreiche Komplimente. Als die Nach richt vom Schlaganfall eines Mitglieds zur Sprache kam, schlug der Priester, der den Fledermauswitz erzählt hatte, scherzhaft sogar vor, man solle mich ersatzweise in den Ausschuss aufnehmen.
»Dann könnten Sie zu jeder Sitzung das Essen mitbrin gen!« sagte er in erstauntem Ton, als habe er so großartige Ideen nicht allzu häufig.
Es ist ein Kompliment, ermahnte ich mich, während ich schnell in die Küche huschte, um den Bußkuchen zu ho len. Als ich wieder hereinkam, betrachtete Pastor Olson mich grübelnd. Vielleicht überdachte er seine Kompe tenzmaßstäbe noch einmal unter dem Aspekt kulinarischen Könnens.
»Sie haben ja einige Erfahrung als Lehrerin in der Sonn tagsschule«, brummelte er, als befänden wir uns mitten in einem Bewerbungsgespräch.
Ich nickte und verteilte große Stücke Kuchen.
»Uns liegt wirklich sehr an einer umfassenden Ausbil dung der Seminaristen, ehe sie anfangen, anderen als Seel sorger zu dienen. Welche Schulabschlüsse haben Sie, Goldy?«
»Ich schicke Ihnen einen Lebenslauf.«
»Sagen Sie«, fuhr er unbeirrt fort, »wie würden Sie Glau ben definieren?«
»Was soll das sein, ein Test?« Vorsicht, Vorsicht, warnte ich mich. Schließlich hatte Brad Marensky genügend Ver trauen zu mir gehabt, um mich zu seinem Beichtvater zu machen. Und falls diese Gruppe jemals zahlen sollte, konnte ich weitere Aufträge immer brauchen. »Naja«, sagte ich mit einem strahlenden Lächeln, während alle mir auf merksam zuhörten. »Ich glaube daran, dass ein Schokola denkuchen aufgeht, wenn ich ihn in den Backofen schiebe.« Hier und da wurde Gekicher laut. Ermutigt setzte ich mein Tablett ab und stemmte die Hände in die Hüften. »Ich glaube daran, dass eine Gruppe, die
Weitere Kostenlose Bücher