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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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– die Worte sprudelten aus ihm heraus –, »und dann wurde er umge ­ bracht.« Seine braunen Augen waren eingefallen und ängst ­ lich. »Ich war es nicht. Ich habe ihn nicht umgebracht. So etwas würde ich nie machen. Und dann hat jemand Ihrem Sohn die Schlange in den Spind gehängt.« Ungläubig schüt ­ telte er den Kopf. »Es ist, als wenn alles drunter und drü ­ ber ginge, seit ich beschlossen habe, ehrlich zu werden.«
    »Aber nachdem Sie diese letzte Sache gestohlen hatten, haben Sie versucht, sie loszuwerden. Sie haben die Kredit ­ karte in die Manteltasche Ihrer Mutter gesteckt.«
    Sein jungenhaftes Gesicht kräuselte sich. »Was ist das für eine Geschichte mit der Kreditkarte? Ich habe keine Kre ­ ditkarte g e nommen, und ich weiß nicht, was mit dem Man ­ tel meiner Mutter war, weil ich den auch nicht geklaut habe. Nachdem Keith gesehen hatte, wie ich die Cure-Kassette zurücklegte, war ich sicher, der Artikel, den er für die Zei ­ tung schrieb, handele vom Stehlen. Von mir. Deshalb habe ich die Tür zu Keiths Computerfach au f gebrochen und seine Disketten genommen. Ich dachte, ich würde den Ar ­ tikel für die Zeitung finden und löschen.« Er griff unter sein Sweatshirt und zog zwei Disketten heraus. »Da ist ein Arti ­ kel drauf, aber nichts über Diebstähle. Können Sie sie neh ­ men? Ich kann es nicht mehr ertragen, sie bei mir zu ha ­ ben. Ich habe Angst, dass jemand sie finden könnte und ich große Schwierigkeiten b e komme. Vielleicht könnten Sie sie den Bullen geben … Ich möchte keine Vorstrafe haben.« Er sagte es nicht, aber in seinen Augen stand deutlich die Frage: Werden Sie mich anzeigen?
    Ich hielt die Disketten in der Hand, sah sie aber nicht an. Dieser Junge war in Not. Ich war kein Gesetzeshüter. Aber da gab es noch etwas.
    »Sehen Sie mich an, Brad.«
    Er tat es.
    »Hat Keith gewusst, dass Sie stehlen?«
    »Ich bin mir inzwischen fast sicher, dass er es nicht gewusst hat«, sagte er ohne Zögern. »Denn wenn Keith etwas gegen jemanden in der Hand hatte oder wenn er einen nicht mochte, konnte er es nicht für sich behalten. Einmal hat er versucht, meinen Vater wegen einer Steuersache zu erpressen. Und wenn Schlich t maier ihn ansprach, antwor ­ tete er mit Heil Hitler.« Er fuhr sich mit den Händen durch sein dunkles Haar und schauderte. »Seit dem Tag, als da ­ mals der Französischclub herauskam, hat er nie ein Wort zu mir gesagt. Ich dachte, ich sei noch einmal davonge ­ kommen. Aber dann hat ihn jemand umgebracht. Glauben Sie mir? Ich kann es nicht mehr ertragen, dass das über mir schwebt.«
    Sanft antwortete ich: »Ja, ich glaube Ihnen.« Brad hatte mich ausgewählt, ihm zu helfen. Ich war verpflichtet, zu ­ mindest das zu tun. Ich sah ihm ruhig und ernst in die Augen. »Haben Sie b e schlossen, mit dem Stehlen auf ­ zuhören?«
    »Ja, ja«, sagte er, und wieder stiegen ihm Tränen in die Augen. »Nie wieder, das verspreche ich.«
    »Können Sie zurückgeben, was Sie genommen haben?«
    »Das Geld ist weg. Aber … Ich kann die Sachen aufs Fund ­ büro bringen. Das mache ich, versprochen.«
    »Gut.« Wieder quoll mein Herz über vor Zuneigung. Die Welt glaubte, dieser verletzliche Junge habe alles. Ich legte meine Hände auf seine Schultern und sagte leise: »Denken Sie daran, was ich Ihnen eben gesagt habe. Es wird alles wie ­ der gut. Glauben Sie mir?« Tränen rollten ihm über die bleichen Wangen. Er nickte kaum wahrnehmbar. »Ich lasse Sie jetzt allein, Brad. Beten Sie oder so.«
    Er rührte sich nicht und sagte kein Wort. Nach einem Weilchen glitt ich aus der Kirchenbank. Als ich im Gang stand und überlegte, wo ich die Schüssel mit den Oran ­ genschnitzen gelassen hatte, drehte Brad sich um und packte fest meine Hand.
    »Sie erzählen es doch niemandem, oder? Bitte sagen Sie, dass Sie es nicht tun.«
    »Nein, ich tue es nicht. Aber das heißt nicht, dass es nicht Leute gibt, die es wissen. Miss Ferrell zum Beispiel. Oder wer auch immer.«
    »Am meisten Sorgen mache ich mir wegen meiner El ­ tern …«
    »Brad. Ich werde es niemandem erzählen. Das verspre ­ che ich. Sie haben es richtig gemacht, sich das von der Seele zu reden. Das Schlimmste ist überstanden.«
    »Ich weiß nicht, was meine Eltern machen würden, wenn sie es herausbekämen«, murmelte er und wandte den Kopf wieder dem Altar zu.
    Ich wusste es auch nicht.
    Ich brachte die Pfannen mit Florentinischer Seezunge in die Küche der Kirche und heizte den Backofen vor. Gegen

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