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gekommene Nationalsozialismus nur so Subversives darin erblickt? Vielleicht, daß ein unflätiger Trottel, wie Pirandello den vertauscht geglaubten Sohn dargestellt hat, König eines Landes im Norden werden konnte, anstelle eines großen, schönen, blonden Königs, in dem sich die wirkliche arische Rasse erkannte?
In Rom wurde sie im Königlichen Opernhaus in Anwesenheit Mussolinis und anderer hoher Hierarchen des Faschismus am Abend des 24. März 1934 aufgeführt. Doch das Märchen fiel spektakulär durch, und zwar aufgrund einer sehr genau geplanten politischen Sabotage seitens einiger gewalttätiger Faschisten. Irgendwann während der Aufführung stand Mussolini auf und ging entrüstet. Das galt selbstverständlich dem Autor. Seit langem hatte sich Pirandello, der die geringschätzige Tat begangen hatte, unmittelbar nach dem Verbrechen an Matteotti den Parteiausweis der Faschisten zu beantragen, vom Faschismus entfernt. Als er nach der Verleihung des Nobelpreises für Literatur von Stockholm nach Rom zurückkehrt, trifft er nicht einen einzigen hohen Hierarchen zu seiner Begrüßung am Bahnhof in Rom. Über den unseligen Abend in der römischen Oper sagt er später:
Die billige, brutale Beleidigung, die man verübt hatte, hält mich sogar von den Riesen vom Berge ab, in denen man über das Märchen spricht und ein paar Verse zitiert. Das, was möglicherweise mein bedeutendstes Bühnenwerk ist, liegt seit damals herum…
Wir glauben, das die Gründe, weshalb Die Riesen nicht zu Ende geschrieben wurde, andere und wesentlich komplexere sind. Irgend jemand hat sogar geschrieben, daß dieses Werk dazu bestimmt war, unvollendet zu bleiben: die billige, brutale Beleidigung gab es zwar, das ist richtig, und sicherlich hatte sie Pirandello getroffen, aber er war ein Mann und Schriftsteller, der angesichts von Grimassen und Kränkungen zu starken Reaktionen fähig war: erinnern wir uns, daß er sich am Abend der Uraufführung der Sechs Personen an die Rampe stellte, um sich für die Pfiffe und Schmährufe zu bedanken. Doch keiner von denen, die da pfiffen, wußte etwas über den Wert, den die Sechs Personen für Pirandello persönlich hatten. Das gleiche ereignete sich für das Märchen, das ein solches Gewicht in Pirandellos geheimstem Leben gehabt hatte.
LÄCHELNDE GLÜCKSELIGKEIT
Im Sommer 1936 wird Luigi Pirandello in die Jury des Literaturpreises Premio Viareggio berufen (und es wird ihm gelingen, als Sieger den Namen von Riccardo Bacchelli durchzusetzen, der von den strenggläubigen Faschisten bekämpft wurde). Seine Nichte Linuccia erinnert sich in einem Brief folgendermaßen an Luigi:
»Onkel Luigi ist für den Premio Viareggio gekommen und wurde regelrecht gefeiert… Er war ziemlich unbeschwert und beinahe lebhaft: wir haben ein wenig von der Vertrautheit von einst wiedergefunden, und es waren Stunden voller Trost…«
Auch Raul Radice, Schriftsteller, Journalist und Theater
kritiker, sieht Pirandello in diesem Sommer 1936, wenige Monate vor seinem Tod, in Viareggio: »… er saß regungslos da und still, mit reglosem Blick auf den Wein im Glas und einer lächelnden Glückseligkeit auf den dünnen Lippen…«
Dieser Flash hat die Unmittelbarkeit und die Fähigkeit der Enthüllung, die die Bilder bestimmter bedeutender Fotografen haben. Er, der alte Herr, hat ein nur eben angedeutetes Lächeln auf den dünnen Lippen. Es ist nicht mehr das ironische, hämische Lächeln, das er in der Vergangenheit so oft aufgesetzt hatte, nein, es ist ein von der Glückseligkeit besänftigtes Lächeln, das Lächeln dessen, der, da die Stunde der Abschlußbilanz gekommen ist, weiß, ausgeglichene Konten vorweisen zu können. Bevor er diesen Ausgleich erreichte, hat er einen außerordentlich hohen Preis zahlen müssen: die Leugnung, die verzweifelte Ablehnung des eigenen Blutes. Doch als die Stunde der uneingeschränkten Anerkennung seiner selbst als Sohn, die Stunde der Wiedervereinigung kam, hatte er nicht mehr gezögert: er hatte alles getan, was getan werden mußte, er ist dem Weg des wiedergefundenen Vaters gefolgt, indem er seinen Fuß den schon vorgezeichneten Spuren anpaßte, auch wenn diese Spuren oftmals zu Irrtümern führten. Er hat, bewußt wie unbewußt, die gleiche Gewalt ausgeübt wie Don Stefano, keine physische freilich, doch eine für seine Frau und seine Kinder ebenso zerstörerische. Die Überlagerung seiner Gestalt über die des Vaters war beinahe total, selten die nicht deckungsgleichen
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