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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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wenn nur Jesus nicht mit einem Lamm und einem Hirtenstab käme, sondern mit einem Stein in jeder Hand, um die Lacher und die Grinser zu zerschmettern, um das Böse auszurotten — ein schrecklicher Jesus in Blut und Gerechtigkeit.
      Und wenn sie nur sein Schwert und sein Arm sein könnte.
      Sie hatte versucht, sich einzufügen. Sie hatte Momma auf hundert verschiedene Arten herausgefordert, hatte versucht, den Pestkreis auszulöschen, der sich an jenem Tag um sie geschlossen hatte, als sie die behütete Umgebung des kleinen Hauses in der Carlin Street verlassen hatte und mit der Bibel unter dem Arm zur Barker Street Grammar School gegangen war. Sie konnte sich noch an jenen Tag erinnern, an das Lachen und an die plötzliche schreckliche Stille, als sie in der SchulCafeteria vor dem Lunch niederkniete. Das Lachen hatte an jenem Tag begonnen, und das Echo klang durch all die Jahre hindurch.
      Der Kreis war wie aus Blut — man konnte schrubben und schrubben, und er war noch immer da, niemals ausgelöscht, niemals sauber. Sie war nie wieder an einem öffentlichen Ort auf die Knie niedergesunken, allerdings hatte sie Momma nichts davon gesagt. Aber die Erinnerung blieb haften, bei ihr und bei ihnen. Sie hatte mit Fingernägeln und Zähnen um die Teilnahme am Christian Youth Camp gekämpft und das Geld dafür mit Nähen verdient. Momma teilte ihr drohend mit, das sei Sünde, da seien lauter Methodisten und Baptisten und Congregationalisten und sie sei eine Sünderin und eine Abtrünnige. Sie verbot Carrie, im Lager zu schwimmen. Trotzdem war sie geschwommen, und sie hatte gelacht, als man sie untertauchte (bis sie keine Luft mehr bekam und man noch immer nicht aufhörte und sie anfing zu schreien), sie hatte versucht, alles im Lager mitzumachen, Tausende von handfesten Späßen hatte man sich mit der alten Betschwester Carrie erlaubt, und sie war eine Woche früher nach Hause gekommen und war von Momma an der Bushaltestelle im Empfang genommen worden. Und Momma hatte ihr gesagt, sie solle die Erinnerung an diese Demütigung bewahren als Beweis dafür, daß Momma wußte, daß Momma recht hatte, daß die einzige Hoffnung auf Sicherheit und Rettung innerhalb des Kreises bestand. »Denn schmal ist das Tor«, sagte Momma grimmig im Taxi, und zu Hause sperrte sie Carrie für sechs Stunden in den Schrankraum.
      Momma hatte ihr natürlich verboten, mit den anderen Mädchen zu duschen; Carrie hatte ihre Duschsachen in ihrem Schrank in der Schule versteckt und trotzdem geduscht, sie hatte teilgenommen an einem Ritual, das für sie verwirrend und beschämend war — alles in der Hoffnung, der Kreis würde ein wenig verblassen, nur ein wenig...
      (aber heute ach heute)
      Tommy Erbter, ein Fünfjähriger, kam auf der anderen Straßenseite mit dem Fahrrad daher. Er war ein kleiner, pfiffiger Junge auf einem Rad mit knallroten Pedalen. Er summte: »Scoobre Doo, wo bist du?« Als er Carrie sah, strahlte er übers ganze Gesicht, streckte die Zunge heraus und rief: »He, olles Arschgesicht! Olle Betschwester Carrie!«
      Carrie starrte ihn an, und heiße Wut stieg in ihr hoch. Das Fahrrad wackelte, dann kippte es plötzlich um. Tommy schrie. Das Fahrrad lag auf ihm. Carrie lächelte und ging weiter. Tommys Heulen war süße, wohltuende Musik in ihren Ohren.
      Wenn sie so etwas nur immer fertigbringen würde, sooft sie wollte.
      Sie blieb stocksteif sieben Häuser vor dem eigenen stehen und starrte ins Nichts. Hinter ihr kletterte Tommy tränenüberströmt auf sein Fahrrad und hielt sich sein verletztes Knie. Er schrie ihr etwas nach, aber sie achtete nicht darauf. Da hatten ihr schon ganz andere etwas nachgeschrien.
      Sie hatte gedacht:
      (fall von diesem Rad runter Bengel kipp doch um und zerschlag dir deinen verdammten Schädel)
      und etwas war passiert.
      Ihre Gedanken hatten... hatten... sie suchte nach einem Wort. Hatten gezuckt. Das war noch nicht ganz richtig, kam aber fast hin. Da war eine seltsame geistige Bewegung, beinahe als ob ein Ellbogen ganz leicht an eine Hantel stieß. Auch das stimmte nicht ganz, aber etwas anderes fiel ihr nicht ein. Ein Ellbogen ohne Kraft. Ein schwacher Baby-Muskel. Zucken.
      Plötzlich starrte sie angestrengt auf Mrs. Yorratys großes Blumenfenster. Sie dachte:
      (blöde alte Schachtel dein Fenster soll kaputtgehen)
      Nichts. Mrs. Yorratys Blumenfenster glitzerte makellos in der frischen Morgenluft. Wieder erfaßte ein Krampf Carries Körper, und sie ging

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