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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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einen Wal erlegte; überall waren Schiffe zu sehen, alte Kampfszenen unter der Flagge der Rorsefnes. Aktion und Gewalt waren die Hauptmotive dieser Bilder.
    Arflane betrachtete diese Bilder mit einem leicht belustigten Gesichtsausdruck. Er richtete sich auf und schob die Pelzdecke von seinem nackten Körper zurück. Seine Kleidung lag auf einer Bank an der Wand in Türnähe. Er schwang die Beine aus dem Bett und ging über die Pelzteppichfläche auf den Waschständer zu. Beim Waschen mit kaltem Wasser stellte er fest, daß er nicht mehr genau wußte, wie er in dieses Zimmer gekommen war. Er mußte sehr betrunken gewesen sein, wenn er Manfred Rorsefnes Vorschlag, die Nacht hier zu verbringen, angenommen hatte. Als er sich ankleidete, fragte er sich, ob er an diesem Tag Ulrica Ulsenn sehen würde.
    Jemand klopfte. Dann trat Manfred Rorsefne ein und lächelte ihn fragend an. Er trug einen rot und blau gefärbten Pelzmantel. »Nun, Kapitän? Verspüren Sie irgendwelche Nachwirkungen?«
    »Vermutlich war ich sehr betrunken«, brummte Arflane, als
wäre der junge Mann daran schuld. »Gehen wir jetzt zu dem
alten Rorsefne?«
»Ich denke, wir frühstücken zunächst.«
    Manfred führte ihn in einen breiten Korridor, dessen Wände ebenfalls mit Malereien bedeckt waren. Sie gingen durch eine Tür am Ende des Korridors und traten in einen großen Raum, in dessen Mitte ein hübsch geschnitzter Tisch aus Walknochen stand. Auf dem Tisch waren mehrere Laibe einer Brotart, die aus den Pflanzen der warmen Teiche hergestellt wurde, eine Suppenterrine, Wal-, Robben- und Bärenfleisch und ein großer Krug mit einem teeartigen Getränk.
    Ulrica saß bereits am Tisch. Sie trug ein einfaches Kleid aus rotem und schwarzem Leder. Als Arflane eintrat, blickte sie auf, lächelte schüchtern und betrachtete wieder ihren Teller. »Guten Morgen«, grüßte Arflane schroff.
    »Guten Morgen.« Ihre Stimme war kaum zu hören.
    Manfred Rorsefne zog den Stuhl neben ihr zurück. »Möchten Sie hier sitzen, Kapitän?«
    Arflane nahm unschlüssig Platz. Sein Knie berührte das Knie von Ulrica Ulsenn. Beide wichen sich aus. Auf der gegenüberliegenden Tischseite legte sich Manfred Rorsefne Robbenfleisch und Brot auf. Er blinzelte seine Cousine und Arflane belustigt an. Zwei weibliche Bedienstete traten ein. Sie trugen lange, braune Kleider mit den Rorsefne-Insignien auf dem Ärmel.
    Ein Mädchen hielt sich im Hintergrund, das andere trat vor und machte einen höflichen Knicks.
    »Noch ein wenig Hess, bitte, Mirayn«, sagte Ulrica Ulsenn.
    Das Mädchen nahm den halbleeren Krug vom Tisch. »Sind Sie sonst mit allem zufrieden, Ma’am?«
    »Ja, ich danke Ihnen.« Ulrica blickte zu Arflane. »Brauchen
Sie noch etwas, Kapitän?«
»Nein, danke.«
    Als die beiden Mädchen gegangen waren, kam Janek Ulsenn. Er sah Arflane neben seiner Frau sitzen, grüßte frostig, nahm dann gegenüber Platz und bediente sich.
    Eine gespannte Atmosphäre breitete sich aus. Arflane und Ulrica Ulsenn vermieden es, sich anzublicken. Janek Ulsenn war rot, aber er blickte nicht von seinem Teller auf.
    »Es soll eine große Herde gesichtet worden sein«, sagte Janek Ulsenn endlich.
    »Ich war einer der ersten Leute, die davon hörten«, sagte Manfred lächelnd. »Stimmt das nicht, Kapitän Arflane?« Arflane antwortete nicht und aß weiter. Ulrica Ulsenns Nähe brachte ihn in Verlegenheit.
    »Schicken wir ein Schiff hinaus?« fragte Manfred. »Das sollten wir tun. Es sind genug Fische für uns alle. Wir könnten den Zweimaster nehmen und uns an der Jagd beteiligen.« Ulrica begrüßte diesen Vorschlag. »Eine großartige Idee, Manfred. Vater geht es viel besser, so braucht er mich nicht mehr. Ich komme auch mit.« Ihre Augen leuchteten. »Seit drei Fangzeiten war ich nicht mehr dabei.«
    Janek Ulsenn rieb sich die Nase und furchte die Stirn. »Ich habe keine Zeit für einen närrischen Vergnügungsausflug.« »Wir könnten innerhalb eines Tages wieder zurück sein«, sagte Manfred eifrig. »Wenn Janek keine Lust hat, fahren wir beide mit. Kapitän Arflane kann das Kommando übernehmen …«
    Arflane räusperte sich. »Ein närrischer Vergnügungsausflug – Lord Ulsenn hat die richtigen Worte gefunden. Eine Jacht mit einer Frau an Bord auf Walfang! Da übernehme ich keine Verantwortung. Ein Walbulle schlägt Ihr Boot innerhalb von Sekunden in Stücke.«
    »Werden Sie nicht wieder ärgerlich, Kapitän«, mahnte Manfred. »Ulrica wird mitkommen – nicht wahr, Ulrica?« »Wenn Janek

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