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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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nichts dagegen hat …« »Ich habe etwas dagegen«, murmelte Ulsenn.
    »Das will ich meinen«, sagte Arflane. Er stellte sich nicht gern auf Ulsenns Seite, doch in diesem Fall war es seine Pflicht. Ein kleiner Segler konnte während der Jagd durchaus zerstört werden.
    Ulsenn richtete sich auf. »Aber wenn du unbedingt mitfahren willst, Ulrica, so halte ich dich nicht zurück.«
    Arflanes Blick wechselte langsam auf Ulsenn über. »In diesem Fall brauchen Sie einen erfahrenen Mann. Dieser Mann
    bin ich.«
    »Du mußt auch mitkommen, Cousin Janek«, warf Manfred ironisch ein. »Je größer deine Bereitschaft, dich in Gefahr zu begeben, um so mehr werden unsere Leute dich respektieren.« »Was die Leute von mir halten, interessiert mich nicht«, sagte Ulsenn, Manfred Rorsefne wütend anfunkelnd. »Ich fürchte mich vor keiner Gefahr, aber ich habe zu tun. Jemand muß sich um die Angelegenheiten deines Vaters kümmern, solange er krank ist!«
    »Du verlierst nur einen Tag.« Manfred schien Janek bewußt herauszufordern.
    Ulsenn überlegte hin und her, kam zu keinem Entschluß, stand auf und verließ mit den Worten: »Ich werde noch darüber nachdenken«, den Raum.
    Auch Ulrica Ulsenn stand auf. »Du hast ihn beleidigt und dabei Kapitän Arflane in Verlegenheit gebracht. Du mußt dich entschuldigen.«
    Manfred deutete Arflane gegenüber eine Verbeugung an. »Tut mir leid, Kapitän.«
    Arflane betrachtete Ulrica Ulsenns hübsches Gesicht. Sie errötete leicht und verließ den Raum in der gleichen Richtung, die ihr Mann eingeschlagen hatte.
    Als sich die Tür geschlossen hatte, brach Manfred in lautes Gelächter aus. »Verzeihen Sie mir, Kapitän. Janek redet immer so hochtrabend, und Ulrica haßt ihn so sehr wie ich. Aber Ulrica ist ungemein loyal!«
    »Eine seltene Eigenschaft«, bemerkte Arflane trocken.
    »Wirklich!« Manfred stand auf. »Nun, wir werden sehen, wer von den beiden den angenehmeren Charakter hat.«

    Bären-, Walroß- und Walköpfe dekorierten die mit Fellen bedeckten Wände des großen Schlafzimmers. In dem hohen, breiten Bett an der hinteren Wand befand sich Pyotr Rorsefne. Seine verbundenen Hände lagen auf der Bettdecke. Abgesehen von dem Verband und einigen oberflächlichen Kratzern im Gesicht, merkte man ihm nicht mehr an, daß er dem Tod nahe gewesen war. Er hatte eine gesunde Gesichtsfarbe und wache Augen. Mit einer lebhaften Kopfbewegung blickte er Arflane und Manfred Rorsefne an. Seine graue Haarmähne war gekämmt und fiel ihm über die Schultern, Schnurrbart und Bart waren schneeweiß. Arflane konnte kaum glauben, daß der Alte sich so rasch erholt hatte. Das lag sicher an seiner natürlichen Vitalität, weniger an der Pflege, die ihm zuteil geworden war. Arflane wunderte sich sogar flüchtig, daß Rorsefne noch immer im Bett lag.
    »Hallo, Arflane! Sie sehen, ich erkenne Sie wieder.« Seine Stimme klang melodisch und wies nicht die Spur von Schwäche auf. »Es geht mir den Umständen entsprechend gut. Verzeihen Sie, daß ich Sie im Bett empfange, aber diese Weichlinge glauben, daß ich nicht auf den Beinen stehen kann. Ich habe die Füße verloren, aber die restlichen Glieder behalten.« Arflane nickte, obwohl ihm die Freundlichkeit des Alten unangenehm war. Manfred holte einen Stuhl heran.
    »Setzen Sie sich«, sagte Pyotr Rorsefne – und zu Manfred: »Du kannst jetzt gehen.«
    Arflane nahm neben dem Bett Platz, und Manfred verließ, offenbar zögernd, den Raum.
    »Sie und ich, wir haben der Mutter des Eises wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht, wie?« Rorsefne sah Arflane lächelnd an. »Wie sehen Sie die Dinge?«
    »Ein Mann hat das Recht, sein Leben so lange zu erhalten, wie es möglich ist«, entgegnete Arflane. »Die Mutter des Eises schien nichts dagegen zu haben.«
    »Es wird behauptet, daß kein Mensch berechtigt ist, über das Leben – oder den Tod – eines anderen Menschen zu entscheiden. Das ist die alte Philosophie.«
    »Ich weiß. Vielleicht bin ich so weich wie die anderen, die
    ich zeit meines Hierseins verflucht habe …« »Sie haben uns verflucht?«
    »Ich sehe eine Abkehr von der Mutter des Eises, Sir. Und ich sehe eine sich daraus ergebende Katastrophe.«
    »Sie halten sich an die alten Gedanken, nicht an die neuen. Glauben Sie nicht, daß das Eis schmelzen wird?« »Das glaube ich nicht, Sir.«
    Neben dem Bett stand ein kleiner Tisch, auf dem eine Karte und Schreibmaterial lagen. Daneben standen ein Krug Hess und ein Becher. Pyotr Rorsefne tastete nach dem

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