Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
zu schlafen. Hinsen war schon lange vor Beginn seiner Wache aufgestanden, und Manfred Rorsefne war bereit, die Frühwache mit ihm zu teilen. Ehe Arflane seine Kabinentür öffnete, blickte er das Deck entlang. Urquart lag noch immer ausgestreckt da, und der rötliche Lichtschein umflackerte ihn wie ein Flammenkranz. Arflane kratzte sich den Bart, ging dann in seine Kabine und schloß mit Nachdruck die Tür. Er zog seinen Pelzmantel aus und legte ihn auf die Truhe. Dann ging er zu dem Wasserfaß in der Ecke, goß Wasser in eine Schüssel und begann sich den Schweiß und den Staub vom Körper zu waschen. Er dachte an Urquart und konnte nicht begreifen, weshalb der Mann von den Feuerbergen derart beeindruckt war. Natürlich sahen sie in dem Feuer ihren Erzfeind, sie waren alle verstört, aber Urquarts Benehmen war einfach hysterisch.
    Arflane zog Stiefel und Hose aus und wusch den Rest seines Körpers. Dann legte er sich in die breite Koje. Lange konnte er nicht einschlafen. Schließlich fiel er in einen wirren Halbschlummer und stand sofort auf, als der Koch an die Tür klopfte und das Frühstück brachte. Er aß wenig, wusch sich noch einmal und kleidete sich an. Dann ging er auf das Deck und hielt nach Urquart Ausschau. Doch von diesem war nichts mehr zu sehen.
    Der Morgenhimmel war bedeckt, und in der Ferne konnte man noch immer die Feuerberge sehen. Im Tageslicht sahen sie nicht so furchteinflößend aus. Er sah, daß die Segel rauchge schwärzt waren und das Deck von einer grauen Staubschicht bedeckt war.
    Der Schoner bewegte sich langsam, denn der feine Aschenstaub bedeckte auch das Eis und beeinträchtigte die Gleitfähigkeit der Kufen. Aber die Feuerberge lagen nun weit achtern. Arflane schleppte sich zur Brücke hinauf. Er fühlte sich müde und abgespannt. Die Männer auf dem Deck und in den Wanten schienen ebenfalls müde zu sein. Zweifellos litten alle ein wenig unter den Nachwirkungen der Schwefeldünste, die sie eingeatmet hatten.
    Auf der Brücke traf er Petchnyoff. Der Erste Offizier begann seine Wache und grüßte ihn nicht. Arflane kümmerte sich nicht um ihn, ging ins Steuerhaus und nahm das Megaphon von der Wand. Er kehrte auf die Brücke zurück und rief dem Bootsmannsmaat auf dem Mitteldeck zu: »Wir wollen das Schiff in Ordnung bringen, Bootsmann. Lassen Sie die Leute bei der nächstbesten Gelegenheit die Asche von den Decks spülen und alle Segel reinigen.« »Aye, aye, Sir!«
    »Und dann lassen Sie am besten die Greifanker werfen«, sprach Arflane weiter. »Wir halten so lange, bis das Schiff wieder in Ordnung ist. Irgendwo in der Nähe müssen warme Teiche sein. Wir werden ein Kommando auf Robbenfang schicken.«
    Fydurs Gesicht leuchtete bei dem Gedanken an frisches Fleisch auf. »Aye, aye, Sir«, beeilte er sich zu sagen.
    Seit der Flaute schien Fydur die Gesellschaft Ulsenns und Petchnyoffs zu meiden. Arflane war sicher, daß der Bootsmann nicht mehr ihrem Klub angehörte.
    Fydur gab den Befehl, die Segel einzuholen und die Greifanker zu werfen, damit die Fahrt des Schoners abgebremst wurde. Dann kletterte eine Gruppe Leute von Bord und trieb die Widerhaken der Greifanker ins Eis.
    Als die Männer mit den Reinigungsarbeiten begannen, war
    schon die erforderliche Anzahl von Freiwilligen zusammen, die zu einer Suchaktion nach den warmen Teichen aufbrach. Fanden sie die warmen Teiche, so fanden sie auch Robben. Arflane ging nach unten und klopfte an die Tür von Urquarts kleiner Kabine. Er hörte drinnen etwas poltern, aber keine Antwort auf sein Klopfzeichen.
    »Urquart«, sagte er zögernd, »darf ich hereinkommen? Ich bin’s, Arflane.«
    Ein weiteres Geräusch in der Kabine, dann wurde die Tür geöffnet, und Urquart stand vor ihm. Der Oberkörper des Harpuniers war nackt. Seine langen, sehnigen Arme waren mit winzigen Tätowierungen verziert und sein muskulöser Körper war mit einer Menge weißer Narben bedeckt. Aber es war die frische Wunde an seinem Oberarm, die Arflane an erster Stelle bemerkte. Er furchte die Stirn und deutete darauf. »Wie ist das passiert?«
    Urquart trat in die enge Kabine zurück, die nicht viel größer war als ein Schrank. Pelze waren in der Koje und auf dem Fußboden ausgebreitet. Urquarts Harpune stand neben dem Schott und war zweifellos das größte ›Mobiliar‹ in der winzigen Kabine. Auf der Truhe gegenüber der Koje lag ein Messer, daneben stand eine mit Blut gefüllte Schale.
    Arflane begriff den Zusammenhang: Urquart hatte der Mutter des Eises sein

Weitere Kostenlose Bücher