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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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sein.« »Willst du ihn umbringen?« fragte sie besorgt.
    »Ich habe es mit zwei Leuten zu tun. So ist es durchaus fair.« Er ging auf sie zu, doch sie wich vor ihm zurück. Er legte eine Hand auf ihre Schulter und zog sie zu sich herum. Sie folgte zögernd dem sanften Druck seiner Hand. Dann streichelte er ihr Haar, und sie legte seine Arme um ihn. Er hörte sie leise seufzen.
    »Ich habe allerdings nicht damit gerechnet, daß er alles auf eine Karte setzen würde«, sagte Arflane nach kurzem Schweigen. »Ich dachte, er hätte ein wenig mehr Ehrgefühl.« Sie blickte mit Tränen in den Augen zu ihm auf. »Du hast ihm die Ehre genommen, Konrad«, sagte sie. »Du hast ihn zu sehr gedemütigt.«
    »Das war nicht Boshaftigkeit«, sagte er, »sondern Selbstver
teidigung.«
»Das sagst du, Konrad.«
    Er zuckte die Achseln. »Vielleicht. Hätte er mich offen herausgefordert, wäre ich nicht darauf eingegangen. Ich könnte ihn leicht umbringen. Darum hätte ich auf diese Chance verzichtet. Doch jetzt …«
    Sie schluchzte laut, warf sich auf die Koje und schlug die Hände vor das Gesicht. »Es wäre in jedem Fall Mord, Konrad. Du hast ihn so weit getrieben.«
    »Er hat sich selbst so weit gebracht, Ulrica. Bleibe hier.«
    Er verließ die Kabine und betrat das Deck. Seine Haltung
    verriet nichts Ungewöhnliches, als er – anscheinend flüchtig – herumblickte. Er machte kehrt und ging die Treppe zur Brücke hinunter. Er sah Manfred Rorsefne, der ihm zunickte. »Ich habe Hinsen vor einer Stunde nach unten geschickt. Er war müde.«
    »Gut, daß Sie daran gedacht haben«, sagte Arflane. »Und das Jagdkommando ist noch immer nicht zurückgekehrt, wie?« »Nein.«
    Arflane murmelte etwas vor sich hin und blickte zum Takelwerk hinauf.
    »Ich werde jetzt auch meine Koje aufsuchen«, sagte Rorsefne. »Gute Nacht, Kapitän.«
    »Gute Nacht.« Arflane blickte hinter Rorsefne her, der zum Mitteldeck hinunterstieg.
    Es war sehr still, bis auf das kaum hörbare Flüstern des Windes. Arflane hörte den Wachtposten auf dem oberen Vorderdeck mit den Füßen aufstampfen, um die Steifheit aus seinen Beinen zu vertreiben.
    Es würde noch eine Stunde dauern, bis er seine zweite Runde machte. Er nahm an, daß Ulsenn und Petchnyoff dann ihren Überfall starten würden. Er ging ins Steuerhaus. Weil der Schoner vor Anker lag, war kein Rudergänger auf Posten. Zweifellos hatten die beiden Männer deshalb diesen Zeitpunkt gewählt – es würde keinen Zeugen geben.
    Arflane kletterte auf das Mitteldeck hinunter und blickte nach achtern auf das noch immer sichtbare Glühen der Feuerberge. Dieses Glühen erinnerte ihn an Urquart. Er schaute nach oben und sah den Harpunier noch immer in den Rahen sitzen. In dieser Nacht hatte er von Urquart keine Unterstützung zu erwarten.
    In einiger Entfernung sah er auf dem Eis eine Bewegung. Er rannte zur Reling und blickte in die Nacht hinaus. Es waren Männer, die auf den Schoner zugerannt kamen. Als sie näher gekommen waren, erkannte er einige Männer vom Jagdkom mando. Sie schrien zusammenhanglos. Er rannte zum nächsten Geräteschrank, nahm eine Strickleiter heraus, rannte zur Reling zurück und ließ die Leiter hinunter.
    »Hierher!« rief er durch seine zum Schalltrichter geformten Hände über das Eis.
    Der erste Matrose hatte schon die Leiter gepackt und begann zu klettern. Arflane hörte ihn heftig keuchen. Er streckte einen Arm aus und half dem Mann an Bord. Sein Pelz war zerfleddert, die rechte Hand hatte eine tiefe Schnittwunde. »Was ist passiert?« fragte Arflane aufgeregt.
    »Barbaren, Sir, Barbaren … So etwas habe ich noch nie gesehen, Kapitän. Das können keine Menschen sein. Sie haben in der Nähe der warmen Teiche ein Lager aufgeschlagen. Sie sahen uns, ehe wir sie sahen … Sie benutzten – Feuer, Sir.« Arflane preßte seine Lippen zusammen und gab dem Mann einen Klaps auf die Schulter. »Gehen Sie nach unten und wekken Sie alle auf.«
    Während er noch sprach, zuckte ein Blitz durch die Nacht und fuhr dem Wachtposten auf dem Unterdeck in den Hals. Arflane sah, daß es ein brennender Pfeil war. Der Mann schrie gellend auf und schlug mit seinen behandschuhten Händen nach den Flammen. Er stürzte vornüber und war tot, ehe sein Körper auf dem Deck aufgeschlagen war.
    Dann ging ein Regen brennender Pfeile auf den Schoner nieder. Die Leute an Deck warfen sich instinktiv flach hin. Die Pfeile flogen auf das Deck und verbrannten, doch einige trafen das Segeltuch, und hier und dort flammte

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