Untitled
und Manfred Rorsefne in der Kabine. Der Kapitän saß an seinem Tisch und studierte die Karten, die er aus dem Steuerhaus mitgebracht hatte. Manfred Rorsefnes Verletzung war nicht so schlimm, wie es anfangs ausgesehen hatte. Sein Kopf war verbunden, und er
hatte wieder eine frische Gesichtsfarbe.
Ulrica Ulsenn stand abseits von ihrem Mann, der neben Petchnyoff am Schott lehnte. Urquart und Hinsen standen zusammen, die Arme über der Brust verschränkt, und warteten auf die Worte des Kapitäns.
Schließlich blickte Arflane auf. Er hatte länger geschwiegen als nötig. »Sie wissen, weshalb ich diese Karten vor mir liegen habe, Petchnyoff«, sagte er mit ausdruckslosem Gesicht. »Wir haben uns bereits darüber unterhalten, aber die meisten von Ihnen werden noch nichts davon gehört haben.« Er atmete tief ein und aus. »An einer Karte wurde in der vergangenen Nacht herummanipuliert. Dadurch wurde der Rudergänger getäuscht und änderte den Kurs um volle drei Grad. Resultat: Wir landeten in einem Eisbruch und wären beinahe getötet worden. Ich glaube nicht, daß jemand die Position des Eisbruchs gekannt hat, und so ist es klar, daß es in der Absicht geschah, mir Ärger zu machen. Oder der Betreffende wollte uns aus einem mir unbekannten Grund behindern. Manfred Rorsefne wurde im Steuerhaus gesehen und –«
»Erlauben Sie, Kapitän«, warf Manfred spöttisch ein. »Gewiß, ich war im Steuerhaus, kann aber nicht einmal sagen, wie viele Gradeinteilungen der Kompaß hat. Und wie sollte ich auf diese Idee kommen?«
»Ich behaupte nicht, daß ich Sie verdächtige, aber es gibt keinen Zweifel, daß einer von Ihnen diese Abänderung vorgenommen hat. Ich will in diesem Fall keine Disziplinarstrafe aussprechen, aber wer es gewesen ist, der soll sich melden. Ich will aber den Rudergänger vom Dienst bestrafen, falls er sich hat bestechen lassen. Im Interesse unserer Sicherheit, es liegt an Ihnen, herauszufinden, wer es war.«
Eine längere Pause. Dann sagte jemand: »Ich war es. Und ich habe den Rudergänger nicht bestochen. Ich änderte die Karte schon vor Tagen, als sie noch in Ihrer Kabine war.«
»Das war dumm von Ihnen«, sagte Arflane müde. »Aber ich
dachte mir, daß Sie es waren. Wahrscheinlich war das zu dem Zeitpunkt, als Sie uns zur Umkehr bewegen wollten.« »Ich glaube nach wie vor, daß wir umkehren sollten«, sagte Ulsenn. »Wie ich die Karte geändert habe, genau so werde ich weiterhin alles tun, um Sie oder Ihre Männer von der Dummheit dieses Unternehmens zu überzeugen!«
Arflane stand langsam auf. Sein Gesicht sah plötzlich zum Fürchten aus. Doch er beherrschte sich und preßte die Handflächen auf den Tisch. »Sollte es Ihretwegen an Bord noch einmal Schwierigkeiten geben, Lord Ulsenn«, sagte er eisig, »dann werde ich keine langen Reden halten. Aber ich werde die Konsequenz daraus ziehen und Sie für den Rest der Reise einfach in Ketten legen!«
Ulsenn zuckte die Achseln und wandte sich gleichgültig ab.
»Nun gut«, sagte Arflane zu den Leuten. »Das wäre alles. Ich mache den Offizieren zur Auflage, Lord Janek Ulsenn unter Beobachtung zu halten und mir jede verdächtige Aktion zu melden. Ich würde mich auch über die Mitarbeit der anderen Passagiere freuen. In Zukunft werde ich Janek Ulsenn wie einen unverantwortlichen Narren behandeln, aber er darf frei herumlaufen, solange er uns nicht in Gefahr bringt.«
Verärgert von dieser Geringschätzigkeit, stampfte Ulsenn aus der Kabine und schlug die Tür vor seiner Frau und Manfred Rorsefne zu, als sie ihm folgen wollten.
Hinsen lächelte, als er hinausging, doch die Gesichter von Petchnyoff und Urquart blieben ausdruckslos – unzweifelhaft aus verschiedenen Gründen.
15
Der Schoner segelte weiter. Die Leute waren von dem ungewöhnlichen Glück ihres Kapitäns überzeugt. Das Wetter war gut, der Wind stark genug und beständig. Sie machten ausgezeichnete Fahrt. Das Eis war frei von Gletschern und anderen natürlichen Hindernissen, solange sie sich an die Karte des alten Rorsefne hielten. Sie konnten Tag und Nacht segeln. Als Arflane eines Nachts mit Urquart auf der Brücke stand, sahen sie am Horizont einen hellen Schimmer, der an das erste Licht der Morgendämmerung erinnerte. Arflane prüfte das große Chronometer im Steuerhaus. Es war wenige Minuten vor sechs Glasen in der Frühwache – drei Uhr morgens.
Urquarts Gesicht sah besorgt aus. Er schnupperte in der Luft, drehte den Kopf hin und her, wobei seine flachen Elfenbeinohrringe
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