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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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saß Jules schweigend da. »Na gut«, sagte er schließlich. »Es ist noch ein langer Weg, Mr. Romantik. Und sie lebten bemitleidenswert und erbärmlich nicht ganz bis an ihr Lebensende.«
    Max’ Kiefermuskulatur fing wieder an zu zucken. »Reden wir nicht mehr davon, okay? Das bringt uns nicht weiter.«
    Dieses Mal ließ Jules der Stille der Nacht drei volle Minuten Zeit, um sie einzuhüllen.
    »Weißt du«, unterbrach er schließlich das Schweigen, weil es – scheiß drauf – Max unter Umständen helfen konnte, wenn er das hörte, »ich habe jahrelang in einer richtig … ve r gifteten Beziehung mit einem Mann namens Adam gelebt, der … Er hat mir immer und immer wieder das Herz aus dem Leib gerissen und … Nein. Ich habe zugelassen, dass er mir das Herz herausgerissen hat. Ich habe ihn jedes Mal wieder zurückgenommen.
    Das ist dann so weit gegangen, dass ich genau gewusst habe, wann er mir wieder wehtun würde. Ich meine, ich habe gelernt, verstehst du? Ich habe nur nichts daraus gelernt. Und habe wieder und wieder denselben Fehler begangen, weil es einen völlig unbelehrbaren Teil in mir gab, eine Stimme in meinem Kopf, die die Realität einfach nicht akzeptieren wollte, die immer wieder sagte: ›Aber dieses Mal ist es was anderes. Dieses Mal liebt er mich so, wie ich geliebt werden möchte. ‹ Irgendwann war ich dann an dem Punkt, wo ich dieses ewig optimistische, sechs Jahre alte ›Es-gibt-doch-einen-Weihnachtsmann‹-Kind in mir zum Schweigen bringen musste. Ich musste es wegsperren, und das habe ich getan. Und von dem Zeitpunkt an konnte ich auch Adam verlassen. Scheiß drauf, ich habe gemerkt, dass ich … jeden verlassen kann, wenn es sein musste. Was nicht heißen soll, dass ich dem Verlust nicht nachgetrauert hätte, weil es nämlich wir k lich scheiß wehgetan hat.«
    Jules schwieg einen Augenblick lang und dachte an die Filmplakate, die Bilder auf den Seitenwänden der Omnibusse überall dort, wo er gewesen war. Aber dann sagte er: »Bis ich dann eines Tages aufgewacht bin und plötzlich gemerkt habe, dass ich nicht Adam, sondern viel eher dem Verlust des Kindes in mir nachtrauerte. Ohne diese fröhliche kleine Stimme in meinem Inneren wurde ich immer mehr ein Mensch, den ich nicht leiden konnte – zu verbittert, verstehst du?« Zu sehr wie Max. Er sprach es nicht aus, aber er wusste, dass Max verstand, was er sagen wollte.
    »Also habe ich ernsthaft darüber nachgedacht, was mein sechsjähriges Alter Ego sich wohl wirklich wünscht«, fuhr Jules leise fort. »Und dabei ist mir klar geworden, dass es mir gar nicht in erster Linie um Adam geht. Auch nicht um Robin – das ist dieser andere … Egal. Das ist jedenfalls nicht …« Er schüttelte den Kopf. »Was ich damit sagen will: Ich habe e r kannt, dass es mir gar nicht um Adam gegangen ist, sondern um mein Idealbild von Adam. Ich war auf der Suche nach jemandem, der wie der Adam war, den ich mir erträumt hatte. Ich wollte jemanden lieben, der meine Liebe erwidert, und zwar so, wie ich Liebe und Respekt verstehe.«
    Max seufzte. »Gibt es eigentlich auch Augenblicke, wo du einfach nur dasitzt? Ohne zu reden?«
    »Ich soll aufhören, noch bevor ich zum springenden Punkt der Geschichte gekommen bin?«, wollte Jules wissen.
    »Ach so, es gibt einen springenden Punkt? Na, wenn das so ist …«
    »Leck mich am Arsch, Sir.«
    »… mach weiter.«
    »Der springende Punkt ist der«, sagte Jules, »dass ich es geschafft habe, das ganze Geschrei auszuhalten, ein paar Dinge zu verändern und dann mein sechsjähriges Ich wieder freizulassen.«
    Max kapierte es offensichtlich nicht.
    »Anstatt zu einem düsteren, verbitterten, unglücklichen Menschen ohne jede Hoffnung zu werden«, erläuterte Jules, »so wie dein Vater vielleicht, habe ich einfach die Botschaft geändert. Es ist immer noch der Schrei eines gutgläubigen Sechsjährigen: Eines Tages wird mein Märchenprinz e r scheinen. Was sicherlich gewisse Schwierigkeiten mit sich bringt, das ist mir klar. Ich meine, hallo! Schon mal nach Perfektion gesucht?
    Aber egal. Ich arbeite ununterbrochen an mir. Das alles erzähle ich dir nur, weil ich weiß, dass irgendwo in deinem Inneren, in einer längst vergessenen, kleinen Ritze, dein eigenes, hoffnungsvolles Kinder-Ich sitzt. Du musst u n bedingt danach suchen, mein Süßer. Und du musst es wieder rauslassen, damit es spielen kann. Wenn du nicht willst, dann brauchst du auch keine ewig langen Therapiesitzungen zu besuchen, nur um rauszukriegen, wer

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