Untitled
leise, »wenn du dieses riesige S von deinem Hemd schaben und ein Nickerchen machen würdest? Wenn du eine Stunde, einen Abend, ach, was soll’s, ein ganzes Wochenende lang nichts weiter tun würdest, als zu atmen und dich des Lebens zu freuen? Was würde passieren, Max, wenn du – nachdem das alles hier vorbei ist – dir erlaubst, das Zusammensein mit Gina tatsächlich zu genießen? Dazusitzen, ihren Arm um deine Schulter zu spüren und einfach nur glücklich zu sein? Du musst ja nicht dein Leben lang glücklich sein – bloß eine kurze Zeit lang.«
Max sagte kein Wort.
Also redete Jules weiter. »Und dann, wer weiß, könntest du dir am nächsten Wochenende vielleicht wieder ein bisschen Glücklichsein genehmigen. Nicht zu viel natürlich«, fügte er hastig hinzu. »Auf gar keinen Fall. Aber eben ein bisschen glücklich darüber sein, dass diese wunderbare Frau Teil deines Lebens ist, dass sie dich zum Lächeln bringt und ve r mutlich traumhaft vögeln kann und – aha, siehst du. Du hörst mir doch zu. Lass mich leben, ich wollte bloß wissen, ob du noch bei der Sache bist.«
Max schenkte ihm einen seiner Blicke. »Bist du fertig?«
»Ach, Süßer, wir haben nichts weiter vor, und bis zum Morgengrauen sind es noch viele Stunden. Ich habe gerade erst angefangen.«
Scheiße, das drückte Max mit seiner Körperhaltung aus. Aber er blieb sitzen.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite rührte sich nichts. Und dann rührte sich wieder nichts. Und Max war wieder damit beschäftigt, zu beobachten, wie sich nichts rührte.
Jules ließ die Stille volle anderthalb Minuten lang wirken. »Nur für den Fall, dass ich mich nicht deutlich genug au s gedrückt haben sollte«, sagte er dann. »Ich bin aus tiefstem Herzen davon überzeugt, dass du jedes winzige Stückchen Glück, das du in die Finger kriegen kannst, voll und ganz ve r dient hast. Ich habe keine Ahnung, was dein Vater dir angetan hat, aber …«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, unterbrach ihn Max. »Du weißt schon, was du da gesagt hast. Einfach von der Arbeit nach Hause kommen und …«
Heilige Scheiße. Max redete tatsächlich. Darüber. Zumindest hatte er das gerade getan. Jules wartete, ob noch mehr kam, aber Max schüttelte nur den Kopf.
»Weißt du eigentlich, was passiert, wenn du dir vor lauter Arbeit den Arsch aufreißt?«, fragte Jules schließlich und b e antwortete die Frage gleich selber. »Beim nächsten Mal ist dein Arsch schon aufgerissen. Also musst du dir ein anderes wichtiges Körperteil aufreißen. Du brauchst doch auch Zeit, um zu heilen, um die Batterien wieder aufzuladen. Wann hast du das letzte Mal Ferien gemacht? 1991 oder 1992?«
»Du weißt verdammt gut, dass ich erst kürzlich einen richtig langen Urlaub …«
»Nein, Sir, hast du nicht. Ein Krankenhaus- und Reha-Aufenthalt nach einer lebensgefährlichen Schussverletzung ist kein Urlaub«, fauchte Jules ihn an. »Hast du eigentlich einmal während der ganzen Zeit auf der Intensivstation darüber nachgedacht, wie es zu diesem dämlichen Fehler kommen konnte, der dir eine Kugel in der Brust eingebracht hat? Dass es vielleicht schwere Übermüdung gewesen sein könnte, ve r ursacht von einem aufgerissenen Arsch, verursacht von viel zu vielen Vierundzwanzigstundenschichten am Stück?«
Max seufzte. Dann nickte er. »Ich weiß, dass ich Mist g e baut habe. Ohne Zweifel.« Er verstummte einen Augenblick lang. »Das ist mir in letzter Zeit ziemlich oft passiert.« Er warf einen Blick hinüber zur Couch, wo Jones sich mit quer über den Augen liegendem Arm schlafend stellte. »Und ich habe auch zu oft Gott gespielt. Ich weiß auch nicht, vielleicht fange ich ja schon an, den ganzen Blödsinn zu glauben, den ich verzapfe, und jetzt fällt er auf mich zurück und packt mich.«
»Aber nicht am Arsch«, sagte Jules.
Max lächelte, aber nur kurz. »Ja, ich glaube eher an der Kehle.« Er rieb sich die Stirn. Jules saß nur da und schaute ihm zu.
»Es ist die ganze Zeit in meinem Kopf«, fuhr Max leise fort. So leise, dass Jules es fast nicht hören konnte. »Alles das, was ich machen muss. Alles, was ich nicht mache. Ich kann es einfach nicht wie die Akten auf meinem Schreibtisch liegen lassen und nach Hause kommen.« Der Blick, den er nun auf Jules richtete, war voller Schmerz. »Wie kann ich von jemandem wie Gina erwarten, dass sie sich jemals damit arrangiert?«
Oh-haa!
Okay. Jetzt redeten sie also nicht nur, sie redeten wirklich.
»Wie konntest du von Alyssa
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