Untitled
nur den Hauch einer Chance haben.«
»Pschscht!«, sagte Gina und hob die Hand.
Draußen im Flur waren Stimmen zu hören. Oh Gott!
»Lass uns in Richtung Garage laufen – immer geradeaus den Flur runter und dann links«, instruierte Gina sie und rückte dichter an die Tür, das Metallteil hoch über dem Kopf, bereit, jederzeit zuzuschlagen.
Oh Gott.
»Schätzchen, könnten wir nicht bitte zuerst etwas anderes ausprobieren?«, fragte Molly hastig und machte sich bereit, Gina Rückendeckung zu geben, ohne genau zu wissen, wo sie sich hinstellen sollte. Schließlich sollte sie ja die Person, die durch die Tür kam, treffen und nicht Gina. Und umgekehrt auch nicht von Gina getroffen werden. »Zum Beispiel, wenn wir so tun, als wären wir richtig schwer krank? So, dass eine von uns ins Krankenhaus muss? Vielleicht macht Emilio …«
»Er wird uns nicht so einfach gehen lassen«, sagte Gina. »Das kann doch nicht dein Ernst …«
»Zumindest sollten wir mit ihm reden«, meinte Molly.
»Pschscht!«, warnte Gina noch einmal.
Was war das für ein Lärm da draußen? Es klang wie ein Tier oder aber …
Ein kleines Kind?
Die Tür ging auf und ein kleiner Junge – allerhöchstem zwei Jahre alt – stand schwankend auf der Schwelle.
»Nicht!«, schrie Molly.
Aber Gina hatte nicht vor, ein Kleinkind zu schlagen. Vielmehr trat sie selbst vor Molly, um ihren Schlag abz u fangen.
Dann tauchte auch Emilio auf. Er warf ihnen einen Blick zu – Molly hatte noch immer das Metallrohr über den Kopf gehoben – und nahm das Kind in seine Arme.
Auch wenn es nicht eindeutig war, ob er den Jungen b e schützen oder ihn als Schutzschild benutzen wollte.
»Ich sehe, Sie waren nicht untätig«, sagte er dann mit seinem charmanten Akzent. »Darf ich Sie mit meinem Enkel Danjuma bekannt machen? Ich danke Ihnen untertänigst, dass Sie ihn verschont haben.«
15
Mit der anbrechenden Morgendämmerung kam Bewegung in die Straße.
Max rückte etwas vom Fenster ab und sah Menschen zur Arbeit oder zum Markt eilen. Kinder kamen aus den Häusern und nutzten den staubigen Platz zum Spielen.
Als Jules’ Handy klingelte, stand Grady Morant – der von allen nur Jones genannt werden wollte – auf.
Auch er konnte, wie die meisten Spezialagenten, die Max im Lauf der Jahre kennen gelernt hatte, innerhalb einer Sekunde von schlafend auf hellwach umschalten.
Max hatte sich selbstverständlich noch nie darüber G e danken machen müssen. Seine Lösung bestand einfach darin, gar nicht zu schlafen.
Zumindest nicht, seitdem Gina weggegangen war.
»Wir haben eine neue E-Mail bekommen«, verkündete Jules, ohne das Handy vom Ohr zu nehmen. »Das ist Yashi«, sagte er zu Max. Dann wandte er sich an Jones. »Joe Hirabayashi, ein Kollege aus D.C.« Und wieder zu Max: »Er hat für uns dieses E-Mail-Konto unter die Lupe genommen, um vielleicht irgendwelche Spuren … Ja, alles klar, Yash, sprich weiter. Warte, warte mal, ich kann dich nicht mehr …« Er drehte sich um und stellte sich dichter ans Fenster. »So ist es besser. Schieß los.«
Zurück blieben Max und Jones und starrten sich an.
»Du solltest dich wirklich ein bisschen ausruhen«, sagte Jones. »Ich habe gehört, wie du gestern Abend noch rau s gegangen bist, als ich schon zurück war. Hast du überhaupt geschlafen?«
Max stierte ihn regungslos an. »Wahrscheinlich ist es besser, du beschränkst deine Redebeiträge in den nächsten Tagen auf Ja, Sir und Nein, Sir.«
»Leck mich am Arsch.« Jones lachte, aber es sah eigentlich eher aus wie Zähnefletschen. »Glaubst du wirklich, du kennst mich, du Arschloch?« Er trat näher und senkte die Stimme, offensichtlich im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass Jules sie beide unentwegt beobachtete. »Glaubst du wirklich, du weißt, wozu ich in der Lage bin?«
Max gab keinen Millimeter nach. »Du bist in der Lage, zwei unschuldige Frauen in Lebensgefahr zu bringen, bloß weil sie in Verbindung zu dir stehen. Welche Dämlichkeit hast du dir wohl als Nächstes ausgedacht?«
»Ich bin bereit«, sagte Jones. »Sofort. Ich bin ausgeruht-ich bin bereit, sofort da drüben reinzugehen und die beiden rau s zuholen. Ich bin gekommen, um dir zu helfen, aber da du offensichtlich dazu nicht in der Lage bist, werde ich eben selber …«
»Brillanter Plan.« Max versperrte ihm den Weg. »Über die Straße gehen, Tür eintreten und … Was dann? Wie willst du von dieser Insel runterkommen?«
»Es gibt da eine Landebahn, ungefähr fünf Kilometer
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