Untitled
bekannt.
Tut vielleicht weh? Vielleicht?
Gar nicht zu reden von der stillschweigenden Implikation, dass alles, was bis jetzt passiert war, nicht wehgetan hatte.
Max hatte die Augen geschlossen, die Zähne zusamme n gepresst und war schweißgebadet.
Allmächtiger.
»Bei drei«, sagte Jones. »Fertig? Eins, zwei …«
»Moment noch.« Das war Gina. Sie klang jetzt sanfter, war dicht an seinem Ohr. »Max, es ist wirklich nichts dabei, wenn du schreist.«
»Doch, ist es wohl«, presste er hervor.
»Nein, ist es nicht. Und mach deine Augen auf. Ich habe irgendwo gelesen, dass es weniger wehtut, wenn man die Augen aufmacht. Mit geschlossenen Augen konzentriert man sich zu sehr auf den Schmerz und …«
Max schlug die Augen auf. Gina war direkt vor ihm – ihre Augen, ihr Gesicht. Sie sah ein wenig blass aus, wie sie da auf dem Stuhl saß, den Molly ihr herangerückt hatte, und seine beiden Hände festhielt.
»Ich brauche nicht zu schreien«, sagte er.
»Ich habe mit mir selbst gewettet«, sagte sie, »dass du es nicht tust. Ich will nicht gewinnen.«
Was?
Er versuchte, seinen Griff etwas zu lockern. Er ze r quetschte ihr die Hände, aber sie ließ ihn nicht los.
Er hatte in seinem Leben schon eine ganze Menge übe r standen, und die letzten fünf Minuten waren ganz besonders höllisch gewesen. Und dennoch – das war nichts, wirklich absolut nichts im Vergleich zu den vergangenen Tagen.
»Drei«, sagte er zu Jones. »Jetzt mach einfach.«
Mutter Gottes! Max drückte die Augen zu – er konnte nicht anders.
»Mach die Augen auf«, drängte Gina. »Komm schon, Max, schrei!«
»Komm schon, Max«, fiel Molly ein. Sie musste irgendwo da unten sein, in der Nähe der Schmerzquelle. »Wir schreien alle zusammen mit dir.«
»Will dir … keine Angst einjagen. Aah, Gott, Gina …«
»Nein.« Ginas Stimme zitterte. »Du willst dir keine Angst einjagen. Mir machst du keine Angst. Hast du das immer noch nicht kapiert? Du machst mir überhaupt keine Angst.«
»Gleich fertig«, verkündete Jones, als der Schmerz ein kleines bisschen nachließ.
Aber dann war er natürlich wieder da, schlimmer als jemals zuvor.
»Oh Gott«, keuchte Max schon wieder.
»Weißt du, du warst auch der beste Bekannte, den ich jemals gehabt habe«, sagte Gina jetzt.
Immer noch Vergangenheitsform. Er schlug die Augen auf und sah sie. Da lief ein Kratzer quer über ihre Wange, der die glatte Vollkommenheit ihrer Haut zerstörte, vermutlich eine Folge dieser dämlichen Hetzjagd durch den Dschungel. Es war im Wesentlichen nur ein Striemen – hell-rosa und ein bisschen geschwollen –, aber aus dieser Nähe konnte er an den Stellen, wo der Zweig sie getroffen und die Haut durc h stoßen hatte, auch ein paar kleine Blutstropfen sehen.
Und obwohl sie dagegen ankämpfte, glänzten Tränen in ihren Augen. Eine davon entschlüpfte ihrem Auge und rollte nun langsam die Wange hinab.
Leben – wunderbares, überquellendes Leben. Sie war so voll davon, so wunderschön lebendig, dass es aus ihr herau s sickerte.
Und auch zwischen ihren Lippen hervorkam.
»Obwohl ich es wahrscheinlich anders ausgedrückt hätte«, sagte sie nun. »Die Liebe meines Lebens oder so etwas in der Art.«
Vielleicht hatte dieses ganze Durcheinander etwas mit dem gottverfluchten Feuer in seinem Hintern zu tun, aber er musste nachfragen, weil ihm das Tempus nicht klar war. »War ich das?«, presste er hervor. »Oder bin ich das?«
Gina hielt seinem Blick stand. Sie zeigte dieselbe En t schlossenheit, die ihn schon beim allerersten Mal so beei n druckt hatte, als er über das Funkgerät eines entführten Flu g zeugs mit ihr gesprochen hatte. »Was spielt das für eine Rolle?«, fragte sie. »Du hast mich doch mit voller Absicht nicht angerufen, als Ajay gestorben war, nur, damit ich dich verlasse, oder?«
»Gleich fertig«, wiederholte Jones.
»So was darfst du nicht sagen, weil es nicht stimmt!« Es war eher ein Heulen als ein Schrei und, ja, Gina hatte Recht. Das machte ihm eine Höllenangst.
»Ich habe dir genau in die Karten gespielt«, sagte Gina. »Stimmt’s?«
»Ja«, gab Max mit zusammengepressten Zähnen zu. »Ja, okay? Ich bin ein egoistisches Arschloch – das hab ich dir von Anfang an gesagt!«
»Redest du dir das ein?« Sie war verärgert. »Dass du egoistisch bist? Kannst du damit besser umgehen als mit der Wahrheit? Dass du nämlich Angst hast?«
»Gottverdammt noch mal!«
»Max, was wäre geschehen, wenn du mich an dich hera n gelassen hättest? Was
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