Untitled
geliebt werden, sogar verheiratet sein – mit zwei Kindern und einem Hund.
Diese Art von Liebe war nichts weiter als ein Mythos. In Wirklichkeit wollte er doch nur ewige Geilheit.
»Ruhe«, sagte Jules und kroch weiter, während ihm die Sonne auf den Hinterkopf brannte. »Das ist kein Mythos. Und bei der ewigen Liebe wird die ewige Geilheit gratis mi t geliefert.«
Ja, na klar. Das glaubte er doch wohl selber nicht, oder?
»Stephen hat sie gefunden. Scheiße, ich wollte Gina doch noch von Stephen erzählen, wie ich zu ihm rübergegangen bin …«
Nachdem er kürzlich von einem kleinen Ausflug nach Los Angeles nach Hause gekommen war, hatte Jules endlich all seinen Mut zusammengekratzt und an der Tür von Stephen, dem wunderbaren, aber nicht mehr neuen Nachbarn, g e klingelt.
»Ich wollte ihn zum Abendessen einladen«, sagte Jules. »Ein richtiges Date, weißt du? So in der Art ›Hey, wie geht’s? Ich hab dich eine Weile nicht gesehen und hab mir gedacht, vielleicht hast du heute Abend ja nichts vor …‹«
Nur, dass nicht Stephen ihm die Tür aufgemacht hatte. Sondern Brian. Brian, der Bulle, der eigentümlicherweise wie ein muskelbepacktes Ebenbild von Jules ausgesehen hatte. Kompakt, niedlich, dunkle Haare, braune Augen. Witzig und freundlich. Und eindeutig bis über beide Ohren in Stephen verliebt, der ebenfalls vor Glück glühte.
»Also bin ich dageblieben und hab mit den beiden zu Abend gegessen«, sagte Jules zu Gina – obwohl, Moment mal. Sie war ja gar nicht hier.
Trotzdem, in Bezug auf Stephen hatte sie Recht gehabt. Er war wirklich perfekt.
Statt Brian hätte jetzt auch Jules nach Massachusetts ziehen und dort heiraten können.
»Ich habe gemeint, er ist perfekt für Brian«, sagte Jules zu den Stimmen.
Mein Gott, was für eine Hitze. Wieso war ihm plötzlich so verdammt heiß?
Und wieso brüllten die Stimmen ihn plötzlich an, und das in einer Sprache, die er nicht verstehen konnte?
Es waren viele, und sie redeten alle durcheinander, redeten miteinander … ein ziemlich übler Trick, da die Stimmen ja alle ein Teil von ihm waren. Sie repräsentierten seine düstere Seite, aber seit wann hatte sich seine düstere Seite für einen Fremdsprachenkurs eingeschrieben? Und das ohne seiner hellen Seite Bescheid zu sagen?
»Hey«, sagte Jules, »wenn ihr nicht englisch mit mir reden wollt, dann ignoriere ich euch einfach weiterhin.«
Aber, Wahnsinn, seine Stimmen hatten plötzlich Füße b e kommen. Jede Menge. Nackte und solche mit Schuhen, au s getretene Stiefel oder auch Sandalen.
Füße und Beine und … Jules versuchte nach oben zu schauen, aber die Sonne schien zu hell.
Eine der Stimmen beugte sich zu ihm herunter, und aus einem bloßen Umriss wurde ein verschwommenes, doppeltes Gesicht. Asiatisch – dunkle Haare, dunkle Augen, fantastische Wangenknochen, Fu-Man-Chu-Bärtchen um einen sprechenden Mund. »Schade um dein Hemd.« Doch der Mund bewegte sich weiter, wie in einem schlecht synchronisierten Film.
»Okay«, sagte Jules. »Du bist auf keinen Fall echt.«
Ein weiteres Gesicht – Gesichter – tauchten auf. »Bleib weg von dieser fiesen Peggy Ryan.«
»Nicht witzig«, sagte Jules. Das war wirklich sehr, sehr unwitzig. Das hatte Robin zu ihm gesagt, Robin, an dem ihm sehr, sehr viel lag, bei ihrem letzten Treffen – statt auf Wiedersehen. »Geh weg!«
Jetzt tauchte das erste Gesicht wieder auf. » Ich hoffe, wir können eines Tages Freunde werden.«
Genug war genug. »Lasst mich verflucht noch mal in Ruhe!«, brüllte Jules, und sie wichen alle zurück. Er suchte nach seiner Waffe, wühlte im Inneren dieses Backofens von Lederjacke herum.
Und dann kam einer der Füße auf ihn zu, als wäre sein Kopf ein Fußball. Er konnte sich nicht bewegen, aber das war egal. Eine Halluzination konnte ihm sowieso nichts anhaben …
Rumms.
Jules hörte und spürte den Einschlag gleichermaßen, spürte, wie er zurückgeschleudert wurde, wie sein Körper seinem Kopf folgte. Was vermutlich ein gutes Zeichen war.
Neuer Schmerz legte sich über den alten. Sterne leuchteten auf und verglühten. Doch noch bevor der graue Schleier sich in Schwarz verwandelte, tauchte Fu-Man-Chu noch einmal auf, dicht über ihn gebeugt. »Tor!«, sagte er wie ein Reporter bei einem Fußball-Länderspiel.
Jules rang nach Worten. »Amerikanisch«, brachte er gerade noch heraus. Botschaft wollte er eigentlich noch sagen. In Dili. Doch dann wurde die ganze Welt schwarz.
»Das tut jetzt vielleicht weh«, gab Jones
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