Untitled
Jahre gewartet hatte, bis er ohne allzu großes Risiko zu ihr kommen konnte, der ta t sächlich gedacht hatte, dass sie ihn nach seiner Ankunft wieder wegschicken könnte.
Wenn du mich hier gar nicht haben willst – und ich könnte es dir nicht verübeln – dann brauchst du es nur zu sagen …
»Er war ein guter Mensch«, fuhr Molly fort, »mit einem großen Herzen.« Ihre Stimme zitterte, denn jetzt, du lieber Gott, waren auch in seinen Augen Tränen zu sehen. »Er hat Vergebung verdient. Ich bin mir sicher, dass er im Himmel ist.«
»Ich glaube nicht, dass man es ihm so leicht machen wird«, erwiderte er im Flüsterton. »Und das wäre auch nicht richtig …« Er räusperte sich und setzte die Brille wieder auf. »Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen so viel Kummer bereitet habe, Miss Anderson. Und dabei habe ich mich noch nicht einmal richtig vorgestellt. Wo habe ich bloß meine guten Manieren gelassen?« Er streckte ihr die Hand hin. »Leslie Pollard.«
Trotz der Brille konnte sie eindeutig erkennen, dass er sie sehr viel lieber geküsst hätte.
Aber das musste bis später warten, bis er zu ihr ins Zelt kam … Nein, Moment mal, da wäre dann ja Gina. Molly würde zu ihm gehen müssen.
Später sagte ihr Blick, während sie ebenfalls die Hand au s streckte und zum ersten Mal seit Jahren die Hand des Mannes berührte, den sie liebte.
Sie musste sich nicht im Geringsten anstrengen, um ihren Tränen Glaubwürdigkeit zu verleihen, und Helen half ihr auf die Beine. »Komm mit, Liebes, bringen wir dich erst mal in dein Zelt. Ich besorge dir etwas zu essen.«
Als Molly zum Küchenzelt hinausging, warf sie noch einen Blick zurück auf Leslie Pollard, der bereits dabei war, Schwester Grace beim Wegwischen der Schweinerei zu helfen, die sie angerichtet hatte.
Gina lag falsch. Er hatte überhaupt keinen Mundgeruch.
Sheffield Physical Rehab Center, McLean, Virginia
13. November 2oo 3
Vor neunzehn Monaten
Gina entdeckte Max im Aufenthaltsraum.
Er saß mit einer Tasse Kaffee an einem Tisch beim Fenster, in die Lektüre eines Buches vertieft.
Ein feuriger Liebesroman vielleicht?
Sie lächelte angesichts der absurden Vorstellung, Max könnte irgendetwas lesen, was nicht unmittelbar mit seinem Job zusammenhing, und blieb kurz vor der Tür an einer schattigen Stelle stehen. Hier konnte er sie kaum erkennen, falls er aufblicken sollte. Sie wartete auf ihren Bruder, der noch zur Toilette gegangen war, wollte nicht einfach aus seinem Blickfeld verschwinden. Außerdem wollte sie nicht alleine da hineingehen, nur damit Max ihr sagen konnte, dass das mit dem Sex ein Riesenfehler gewesen sei.
Es war das erste Mal gewesen seit … jenem anderen ersten Mal, vor vielen Monaten, bevor Max angeschossen worden war. Dass es erneut passiert war – und das ausgerechnet hier in der Reha-Klinik – hatte sie fast genauso überrascht wie ihn offensichtlich auch. Sie wollte das Ganze nicht diskutieren, war andererseits aber durchaus kampfbereit, falls es so weit kommen sollte.
Denn, mein Gott, wie er sie anschaute, wenn er sich unb e obachtet fühlte …
Das kam nicht besonders oft vor. Eigentlich nur, wenn er erschöpft war oder kurz nach dem Aufwachen.
Aber Max begehrte sie, und Gina wusste es, genau so sicher wie dass der Himmel blau und die Erde rund waren.
Dieses Wissen hatte ihr überhaupt erst den Mut für ihre kleine Verführungsszene von vorgestern verliehen. Das und die Erkenntnis, die sich im Lauf dieser nicht enden wollenden Tage und Nächte im Krankenhaus, als Max in Lebensgefahr geschwebt hatte, durchgesetzt hatte.
Sie liebte diesen Mann von ganzem Herzen und aus tiefster Seele.
Und all die Gründe, die so eindeutig dafür gesprochen hatten, ihn zu verlassen, nach Kenia zu gehen und ihr Leben weiterzuleben – sie spielten allesamt keine Rolle mehr.
Er hatte also einer anderen einen Heiratsantrag gemacht: Alyssa Locke, eine wunderschöne, perfekte Frau und Kollegin aus dem FBI. Na und? Alyssa wollte nichts von ihm. Sie hatte abgelehnt. Wie dumm von ihr. Ihr Pech.
Und Ginas Glück.
Denn es war doch egal, ob sie ihn nur bekam, weil eine andere ihn verschmäht hatte. Es war ihr mittlerweile völlig egal, ob sie bei Max nur zweite Wahl war. Es wäre ihr sogar egal gewesen, wenn sie die fünfte Wahl gewesen wäre.
Dass Max beinahe gestorben war, hatte ihr absolute G e wissheit verschafft: Alles, was sie wollte, war, mit ihm z u sammen zu sein.
Und vor zwei Tagen hatte sie ihre Theorie bestätigt, dass
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