Untitled
eine sehr merkwürdige Stimmung im Zelt herrschen.
Immer vorausgesetzt natürlich, Mr. Humorlos nahm die Einladung an.
Gina sterilisierte die restlichen Bettpfannen für das Krankenhaus und machte sich dann auf den Weg ins Küche n zelt, um das Mittagessen für Winnie und die anderen Mädchen zu holen.
Um die Zeit der Mittagshitze ging es im Lager spürbar langsamer zu.
Was für eine Untertreibung!
Dieses Lager, das schon im Normalfall von der ve r gleichsweisen Schnelligkeit jeder vorbeireisenden Schildkröte in Staubwolken gehüllt wurde, fiel tagtäglich um die Mittag s zeit ins Koma.
Für jemanden, der wie Gina in New York geboren und aufgewachsen war, war das gemächliche Lebenstempo z u nächst sehr frustrierend gewesen. Sie hatte regelmäßig tief durchatmen müssen, um nicht in die Hände zu klatschen und laut zu rufen: »Schneller! Macht schneller!« Und da sie auch nicht besonders viel von Mittagsschläfchen hielt, hatte sie die Mittagspause als reine Zeitverschwendung empfunden.
Aber mittlerweile gefiel es ihr. Das gesamte Lager legte sich schlafen, und sie hatte alles für sich. Es war wie in dieser einen Folge von Raumschiff Enterprise, als Captain Kirk plötzlich ganz allein auf der Enterprise gewesen war. Bis sich herausstellte, dass er solch eine enorme Beschleunigung e r fahren hatte, dass seine Mannschaft ihn nicht mehr sehen konnte, weil er zu schnell war … nein, das verwechselte sie jetzt mit der Folge, wo die Außerirdischen einen täuschend echten Nachbau der Enterprise angefertigt hatten und …
Quatsch. Achtzehn Monate ohne Sex und sie verwandelte sich schon in ihre Kusine Karol-mit-K, die viel zu viel Zeit mit der Frage vergeudete, ob Mr. Spock sich wohl in Winifred verliebt hätte, wenn er in der Lage gewesen wäre, sich ins Buffyversum zu beamen.
Karol-mit-K hatte einen an der Waffel, und das nicht nur, weil Gegensätze sich logischerweise anziehen und Mr. Spock auf Buffy abgefahren wäre, aber volles Rohr.
»Miss! Verzeihung, Miss!«
Gina drehte sich um und sah eine Frau im Schatten neben dem Duschzelt kauern. Sie war noch jung, fast noch ein Mädchen, höchstens achtzehn, wenn überhaupt, und sie trug ein leuchtend buntes Gewand, das aus jeder Naht »Geld« zu schreien schien. Wo, um alles in der Welt, war sie plötzlich hergekommen?
»Ich muss mit Ihnen reden.« Ihr Englisch klang nach Londoner Oberschicht, ihr Gesicht mit der glatten, dunke l braunen Haut und den großen, ausdrucksstarken Augen war von makelloser Schönheit. »Aber wir dürfen nicht zusammen gesehen werden. Können wir nach drinnen gehen?«
Ins Duschzelt?
Ihre Angst war mit Händen zu greifen, und Gina nickte. »Natürlich.«
Das drehbare Schild am Zelteingang signalisierte zwar, dass jetzt die MÄNNER an der Reihe waren, aber alle im Lager würden noch eine gute Stunde lang schlafen. Außerdem war der Generator um diese Zeit ausgeschaltet, sodass, wenn man duschen wollte, höchstens lauwarmes Wasser floss.
Das Mädchen machte die Holzrahmentür auf. »Schnell«, drängte sie, was im Grunde genommen ein schlechter Witz war, da sie selbst sich, wie viel zu viele der hiesigen Frauen, nur langsam und mit vorsichtigen, schmerzerfüllten Schritten vorwärtsbewegte.
Dabei wurde dann auch deutlich, dass sie nicht einfach – wie Gina angenommen hatte – ein hübsches, gesundes Bäuc h lein hatte. Sie war schwanger.
»Brauchen Sie einen Arzt?«, wollte Gina wissen. »Oder eine Krankenschwester?«
In dieser Gegend Kenias gab es viele Frauen, die sich nicht von einem männlichen Arzt behandeln lassen wollten. Oder besser, ihre Ehemänner wollten es nicht.
Pater Ben und AAI bemühten sich seit Jahren, eine Ärztin für das Lager zu finden. Die Nonnen waren sogar schon so weit gegangen, Spenden zu sammeln, damit Schwester Maria-Margarit ein Medizinstudium beginnen konnte. Obwohl sich Gina ziemlich sicher war, dass Schwester Doppel-M den Gynäkologie- und Geburtshilfedozenten in Harvard das eine oder andere über den Umgang mit Frauen in Dritte-Welt-Ländern vor, während und nach der Geburt erzählen könnte.
»Wir haben eine sehr gute Krankenschwester hier«, fuhr Gina fort und versuchte, ihr Vertrauen einzuflößen.
»Oh ja, ich weiß«, sagte das Mädchen. »Wir – mein Mann und ich – waren schon einmal hier bei ihr. Aber mein Mann, er ist aufgeklärt, verstehen Sie? Er hat beschlossen, dass ich zum Arzt gehen soll, doch das bedeutet leider, dass er während der Untersuchung dabei sein wird und …«
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