Untitled
Kosmo-Kriminalisten, dessen verbrannter Körper am 4. August mit allen Ehren bestattet worden war. Sein Gehirn lebte aber noch. Es lebte sogar so intensiv, daß ein mit den verrücktesten Dingen vertrauter Mann wie Oberstleutnant Tekener fassungslos den Kopf geschüttelt hatte.
Spezialist Sinclair Marout Kennon lebte noch! Und er dachte! Er dachte in so präzisen Bahnen, wie man es von ihm gewöhnt war.
*
Es oder er weinte. Noch vierundzwanzig Stunden nach der neurochirurgischen Extraktion hatte er geschrien. Jetzt gab er seiner Qual mit anderen Lauten Ausdruck.
Das, was von Sinclair M. Kennon erhalten geblieben war, schwamm in einem kugelförmigen, durchsichtigen Kunststoffbehälter vom doppelten Durchmesser eines menschlichen Schädels. Die Bioplast-Füllung stand unter einem geringen Außendruck.
Das Gehirn war in seiner Gesamtheit entnommen und zusätzlich zur noch vorhandenen Hirnhaut mit einer transparenten und druckfesten Zellfolie umhüllt worden.
Das Pulsieren der beiden großen, im Gehirn zusammentreffenden Schlagadern war einwandfrei zu erkennen. Die gefaltete, alles bedeckende Rinde des Großhirns wurde von der natürlichen und der künstlich erzeugten Hirnhaut so gut umschlossen und stabilisiert, wie es auch in einem natürlichen Schädel der Fall war.
Kleinhirn, Stammhirn, Zwischenhirn, Mittelhirn mit einem geretteten Teil des verlängerten Marks und sogar die wichtige Zirbel- und Hirnanhangdrüse fanden in den beiden Schutzhäuten ebenfalls ihren Platz.
Allein die blutführenden Schlagadern und zahllosen Nervenenden durchbrachen die unerläßlich wichtigen Häute. Die Perforationsgebiete wurden von synthetischen Gewebebuchsen abgedichtet. Sie hatten gleichzeitig die Aufgabe von organischen Reizweichen, in denen die erste Trennung ausstrahlender Gehirnimpulse vorgenommen wurde.
Die farblosen Nervenenden wurden noch innerhalb der Hohlkugel nach dem Grad ihrer Übertragungsfunktionen gebündelt und in weiteren Biozell-Verteilern zusammengefaßt. Nervenenden, die nicht miteinander in Berührung kommen durften, waren mit einer speziellen Röhren-Liquorisolation versehen worden.
Das war aber erst der Anfang einer Kette, die schließlich außerhalb des Druckkörpers endete.
Auf seiner Oberfläche, dicht neben dem Komprimator und Druckregler, durchbrach eine armdicke Verbundleitung den Kunststoff. In dieser Leitung waren die synthetisch gewachsenen, halborganischen Balprilot-Leiter untergebracht. Sie übernahmen die aus den echten Nervenenden hervorkommenden Hirnimpulse, wandelten sie um und schickten sie an die zweite Weichenschaltung weiter.
Dabei handelte es sich um eine Spezialpositronik, die nunmehr die Aufgabe hatte, alle Befehlsimpulse zu sondieren, sie in Schwachstromsignale von variabler Spannung zu transformieren und sie schließlich zum Ausführungsgerät überzuleiten.
Jetzt erst konnte der vielfältige Aufbauzyklus zur ausführenden Tat gezwungen werden.
Die Hauptpositronik wurde zum relativen Ersatzkörper des Hirns. Sie wandelte die Impulse des Sprachzentrums in verständliche Laute um. Sie ließ das Gehirn hören, sehen und sogar schmecken.
Sie war der Dechiffrierungsschlüssel der wichtigsten, zwölfpaarigen Gehirnnerven, die somit ihre Aufgabe nach wie vor erfüllen konnten. Der komplett vollzogene Anschluß war in diesem Stadium im Grunde genommen überflüssig, denn noch gab es keinen Robotkörper, der infolge seiner hervorragenden Konstruktion fähig gewesen wäre, beispielsweise die Anweisungen des Nervus hypoglossus, des Zungennervs, zu empfangen und zum Zwecke der Täuschung Zungenbewegungen auszuführen.
Dr. Tycho Braynzer hatte die Anschlüsse trotzdem vorgenommen, da er hoffte, Kennons Gehirn in spätestens drei Monaten in einen Robotkörper einpflanzen zu können. Dann war es vorteilhaft, wenn die jeweiligen Nervenenden bereits an den Zustand der biotechnischen Transformation gewöhnt waren.
Braynzer hatte eine vollendete Transplantation durchgeführt. Er oder es weinte
trotzdem.
*
Jetzt schrie es plötzlich; aber es schrie vor Freude und Erleichterung. Ronald Tekener, nach dem er sich gesehnt hatte, war gekommen.
Tekener hatte seine kunstvolle Maskerade speziell für diesen Besuch entfernen lassen. Er war schon immer Kennons Psychopartner gewesen. Das bedeutete mehr als nur Freundschaft. Kennon hatte ihn, den großen, starken Mann, immer als Lebenselixier gebraucht. Kennon war nur dann glücklich gewesen, wenn Tekener in seiner Nähe geweilt hatte.
Dann
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