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Dienstjargon der SolAb als "Schläfer". Er war demnach ein Agent, der viele Jahre lang unbeschäftigt und unerkannt irgendwo im Bereich eines voraussichtlichen Einsatzgebietes lebte und wohnte, bis einmal in seinem Leben seine große Stunde kam. "Schläfer" wurden allgemein nicht so gewürdigt, wie es ihnen zustand. Sie wurden auch etwas vernachlässigt. Die Folge davon war, daß ihr Ausbildungsstand veraltete. Fehler schlichen sich in ihre Handlungen ein. Sie wurden besonders akut, wenn solche Männer und Frauen nach einer beschäftigungslosen Zeit von vielleicht zwanzig und mehr Jahren unverhofft in Dinge hineingezogen wurden, die sie als eminent wichtig erkannten, die sie aber nicht mehr folgerichtig beurteilen konnten.
Captain Hal Resec war dafür ein Beispiel. Er war ehrenhaft, gewiß! Er wollte nur das Beste. Er befand sich seit etwa zwanzig Jahren auf Lepso. Als er seinerzeit eingeschleust wurde, hatte er es nicht leicht gehabt. Es hatte Jahre gedauert, bis man den Argwohn gegen ihn überwunden hatte. Er hatte nur sehr selten mit anderen Geheimdienstleuten Kontakt aufgenommen. So hatte ihm der SWD niemals etwas nachweisen können.
Hal Resec war zu einem ganz typischen "Schläfer" geworden. Er bekleidete einen, Vertrauensposten als Chefprogrammierer im größten positronischen Rechenzentrum des Planeten Lepso. Es befand sich auf dem Südkontinent, ganz in der Nähe der Stadt Isighat.
Das war die Stadt, in der auch Rayan Homend wahrscheinlich ums Leben gekommen war.
Vor einigen Wochen hatte Hal Resec Dinge erfahren, die seinem Wohlbefinden überhaupt nicht zuträglich waren. Diese Dinge hatten seine geistigen Fähigkeiten weit überstiegen. Er war - ganz einfach gesprochen - aus der Übung gekommen. So hatte er einen Fehler begangen, der ihm, hätte er sich ständig im Einsatz befunden, auf keinen Fall unterlaufen wäre.
Er hatte den wichtigsten Grundsatz aller Geheimdienste durchbrochen und versucht, zu einem bedeutenden Mann der USO Kontakt aufzunehmen. Das aber war ein katastrophales Vergehen gegen die Ausbildungsrichtlinien der Spezialisten.
*
Hal Resec stand in einer stillen Gasse des Villenviertels nördlich der City von Orbana. Es war eine Hinterhofverbindung, die sich zwischen den weiten Parkanlagen erstreckte.
Es war Nacht. Die Temperaturen waren auf zweiundzwanzig Grad Celsius abgesunken. Der altgewordene Captain der Abwehr fror trotzdem. Die große Schußwunde an seiner rechten Schulter brannte wie Feuer. Vor einigen Stunden hatte er noch geglaubt, durch die Gluten der Hölle schreiten zu müssen. Jetzt fror ihn. Fieberschauer schüttelten seinen Körper. Er ahnte, daß er nur noch kurze Zeit zu leben hatte. Vielleicht würde es nur noch Minuten dauern.
Er wartete auf einen Mann, der vor wenigen Stunden mit seinem Luftgleiter abgeflogen war. Irgendwann würde er heimkehren. Dann war - so glaubte Resec! - die wahrscheinlich bedeutungsvollste Minute seines Lebens gekommen. Er konnte Aussagen von ungeheurem Wert machen.
Diese Auffassung war richtig und doch falsch. Hal Resec hatte übersehen, daß er sich einem hohen Kommandooffizier der USO auf gar keinen Fall in dieser Form nähern durfte. Das war lebensgefährlich!
Resec gelang es, mit seinem elektronischen Kodeschlüssel die Robotkontrolle des weiten Parks einzupeilen. Fast gegen seine Erwartung gab das überwachende Zentralgehirn des Hauses den Weg frei. Also war die Impulsfolge richtig gewesen. Das stärkte Resecs Selbstvertrauen.
Er taumelte durch das aufgleitende Stahlschott des Hinterausgangs. Der Weg durch den Park wurde zur Qual. Er befürchtete, der von ihm gesuchte
Geheimdienstoffizier besäße einen Dachlandeplatz. Als er jedoch im schwachen Licht der Parklampen die geöffneten Tore eines ebenerdigen Hangars entdeckte, ahnte er, daß der Gesuchte nicht so modern eingestellt war; oder er verzichtete bewußt darauf, die allgemeinen Gewohnheiten nachzuahmen. Dieser Mann schien im Garten zu landen.
Resec schleppte sich in den Hangar hinein und sank neben der Türsäule zu Boden. Dann wartete er. Ihm blieb keine andere Wahl. Soweit es der Schmerz erlaubte, legte er sich den Wortlaut seiner Meldung zurecht. Sie mußte kurz und umfassend sein. Er hatte keine Zeit mehr zu verlieren.
Der 3. August 2406 Terra-Standard ging zu Ende. Sinclair M. Kennon fühlte am Schwächezustand seines Körpers, was er in den vergangenen drei Tagen geleistet hatte.
Zahlreiche Querverbindungen waren eingeschaltet worden. Verschlüsselte
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