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Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Titel: Untot, Intrige und viel Tee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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Stift beiseite. Sie kratzte sich hinter dem Ohr und schob eine widerspenstige Haarsträhne zur Seite. Morgen war Bedanktag, und sie hatte keine Ahnung, wie sie die  neuen Anweisungen der Hauptdame in ihre Predigt einbauen sollte. Sie griff ein weiteres Mal zu der Nachricht, die ein Hauptgeheimbote gegen Mittag überbracht hatte.
    Wahrmut trifft morgen in Etria ein. Die Stadt wird mit lila und grauen Wimpeln geschmückt, um ihn willkommen zu heißen.
    Die Hauptpredigerin schüttelte langsam den Kopf. Das war unmöglich. Aber das Siegel war echt.
    Außerdem wussten es sogar schon die Spitzspatzen auf den Dächern. Ihr gelbes Gefieder schien eine willkommene Alternative zu grau und lila zu sein.
    »Frau Hauptpredigerin, Frau Hauptpredigerin!«
    Eines der Chormädchen stand plötzlich vor ihrem Schreibtisch.
    »Was ist denn, ahm ... Envi?«
    »Die Ilvy, die Ilvy!«
    Hasel tippte mit den Fingerkuppen auf den Tisch. »Was ist mit der Ilvy?«
    »Die hat, die hat!« Envi hüpfte aufgeregt auf und ab.
    Die Hauptpredigerin wartete geduldig.
    »Die Ilvy hat ein gelbes Kleid an!«
    Envi schien die Luft anzuhalten, während sie auf die Reaktion der Hauptpredigerin wartete. Die machte ein paarmal den Mund auf und zu. Dann stand sie langsam auf und ging zum Fenster. Draußen kletterten Häupter auf Leitern herum und hängten bunte Wimpel auf – immer abwechselnd einen lilanen und einen grauen.
    Hasel winkte dem Mädchen zu, und es kam näher. Dann legte ihm die Hauptpredigerin die Hand auf den Kopf. Sie überlegte kurz, bückte sich und sah dem Kind ins Gesicht. »Weißt du, wer zu Besuch in die Stadt kommt?«
    Envi nickte eifrig, dann stutzte sie und schüttelte den Kopf.
    »Wahrmut.« Bina Hasel sprach es mit einem Lächeln. »Ist das nicht wunderbar?«
    Das Mädchen wurde roter als sein Haarschopf.
    »Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, Wahrmut mag es … bunt.«
    »Bunt?«
    »Ja, bunt.«
    Die Rothaarige grinste. »Oh prima, müssen wir dann nicht mehr in diesen hässlichen grauen Kleidchen singen?«
    »Ahm ...«
    »Können wir uns alle ganz bunt anziehen? Lila, taubenblau ... oder sogar mal rot oder grün oder gelb?«
    Bina Hasel lächelte. Dann nickte sie. »Ja. Gelb. Sonnengelb. Ahm. Gelb wäre vermutlich nicht schlecht. Für den Anfang.«
    Sie wusste jetzt, was sie in der Predigt erzählen würde.
     
    Es fing gerade an zu regnen, als Jakeed auf der Straße nach Etria wütend mit dem Stiefel gegen ein Steinchen trat. »Soll das heißen«, fragte er, »wir wissen nicht, wer uns mit Savi angegriffen hat?«
    »Scheint so«, meinte Armia düster.
    »Aber ...« Jakeed fuchtelte mit den Händen in Richtung Wahrmut. »Aber du bist der Prophet, du müsstest das wissen!«
    »Wenn ich allwissend wäre, hätte ich nicht über das Meer der Unklugheit schreiben müssen.«
    »Warum Savi? Warum haben sie dir nicht einfach Gift in den Tee gemischt?«
    »Das musst du die Attentäter fragen. Übrigens freue ich mich darauf, endlich in Etria anzukommen. Ich hoffe, man ist dort gastfreundlich genug, um mich mit einem guten Tee willkommen zu heißen.«
    Jakeed stöhnte. »Warum gehen wir dann nicht die ganze Strecke in einem Schritt, wie von Savi nach draußen?«
    Wahrmut zeigte auf die zahlreichen Leute, die sie immer noch begleiteten. »Das wäre keine Wanderung mehr.«
    Armia meldete sich zu Wort. »Alles wäre einfacher gewesen, als Savi zu stehlen und dann zu versuchen, dich mit einem großen Stück Holz tot zu werfen.«
    »Es sollte sicher ein Zeichen sein.«
    »Ein Zeichen?«
    »Ja«, nickte Wahrmut. »Savi sah doch aus wie ein umgedrehter Pilz, oder?«
    Armia und Jakeed sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Im sechsten Kapitel des Dritten Buches erzähle ich, wie ich beinahe über einen fauligen Pilz gestolpert wäre. Vielleicht wollten diese Leute, dass nun doch noch so etwas geschieht.«
    »Ist das nicht etwas frei ausgelegt?«
    Wahrmut zuckte mit den Schultern. »Ich versuche nur, mich in Leute hinein zu versetzen, die in einer Art religiösem Wahn handeln.«
    »Und die legen deine Worte frei aus?«, fragte Jakeed zweifelnd.
    »Ich würde eher sagen: Sie suchen sich eine Stelle, die vage zu ihren Absichten passt, bringen ein paar hundert Leute um und behaupten dann, es wäre meine Idee gewesen.«
    »Ich bin kein Schriftgelehrter«, meinte Jakeed. »Aber das Dritte Buch lädt zu Missverständnissen geradezu ein, oder?«
    Wahrmut warf ihm einen freundlichen Blick zu. »Wenn du mal im Meer der Unklugheit umher geschwommen wärest,

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