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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ich gehe. Mein Bruder wird von Arnewiek aus meine Sache führen, aber nicht etwa in dem Sinn eines Widerstandes oder Protestes gegen das, was du vorhast, davor sei Gott, nur zur Regelung dessen, was geregelt werden muß und wo obenan steht, ob die Kinder deine sein sollen oder meine. Du wirst« (und sie lächelte bitter), »soweit ich dich kenne, keine Schwierigkeiten nach
dieser
Seite hin machen; es gab wohl Zeiten, wo dir die Kinder etwas bedeuteten, aber das liegt zurück. Die Zeiten ändern sich, und was dir eine Freude war, ist dir eine Last geworden. Ich will deine künftige Hausführung nach Möglichkeit aller Mühewaltungen überheben, auch der Mühewaltung der Stiefmutterschaft. Und nun lebe wohl, und werde nicht zu hart gestraft für diese Stunde.«
    Dabei hatte sie sich von ihrem Platz erhoben und ging, sie wollte ihm nicht ausweichen, scharf an ihm vorüber auf die Tür zu. Von der Schwäche, die sie bei ihrem Eintreten gezeigt hatte, war in ihrer ganzen Haltung nichts mehr; die Empörung, die ihr Herz füllte, gab ihr Kraft zu allem.
    Auch Holk erhob sich. Eine Welt widerstreitender Empfindungen regte sich in seiner Seele, was aber nach allem, was er eben wieder gehört hatte, doch vorwog, war ein Gefühl bitterer Verdrossenheit. Eine ganze Weile schritt er auf und ab, und dann erst trat er an die Balkontür heran und sah wieder auf den Parkgang hinaus, der, mit Blättern und Tannäpfeln überstreut, in leiser Schrägung bergab und zuletzt links einbiegend nach Holkeby führte. Der Himmel hatte sich wieder bezogen, und eh eine Minute um war, begann ein heftiges Schneetreiben, ein Tanzen und Wirbeln, bis der Windzug plötzlich nachließ und die Flocken schwer und dicht herniederfielen.
    Holk konnte nur wenig Schritte weit sehen, aber so dicht die Flocken fielen, sie ließen ihn doch zwei Frauengestalten erkennen, die jetzt, von der rechten Seite des Schlosses her, in den Parkweg einbogen und auf Holkeby zu hinunterschritten.
    Es waren die Gräfin und die Dobschütz.
    Niemand begleitete sie.
     
Dreißigstes Kapitel
     
    Holk, als er Christine so den Parkweg hinabschreiten und gleich danach in dem Flockentanze verschwinden sah, war erschüttert, aber doch nur in seinem Herzen, nicht in seinen Entschlüssen, nicht in dem, was er vorhatte. Das Glück vergangener Jahre lag hinter ihm, das war gewiß, und er setzte hinzu: »durch meine Schuld vielleicht, aber sicher auch durch ihre. Sie hat es so gewollt, sie hat mich gereizt und gepeinigt, erst durch Überheblichkeit und dann durch Eifersucht, und zuletzt hat sie mir zugerufen: ›Geh.‹ Und hat auch nicht einlenken wollen; im Gegenteil, sie hat sich selber noch übertrumpft und statt der üblichen Hochfahrenheitsmiene zuletzt auch noch die Mitleidsmiene aufgesetzt, und dann ist sie gegangen... Ich mag gegen sie gefehlt haben, in diesen letzten Wochen gewiß, aber der Anfang lag bei ihr, sie hat sich mir entfremdet, immer mehr und mehr, und das ist nun das Ende. Ja, das Ende vom Lied, aber nicht vom Leben. Nein, es soll umgekehrt der Anfang von etwas anderem, etwas Besserem und Freudigerem werden, und wenn ich aus allem, was zurückliegt, eine Bitterkeit mit in das Neue hinübernehme, so soll mir doch dies Bittere die Freude nicht für immer vergällen. Wie verlangt's mich nach einem lachenden Gesicht! Ach, diese ewige Schmerzensmutter mit dem Schwert im Herzen, während es doch bloß Nadelstiche waren. Wirklich, es war schwer zu tragen, und jedenfalls ich war es müde.«
    Der alte Diener, der mittlerweile das Gepäck von der Landungsstelle heraufgeschafft hatte, trat jetzt ein und fragte den Grafen, ob er ein Frühstück befehle. »Nein, Dooren, jetzt nicht; ich werde klingeln.« Und als er wieder allein war, überkam ihn die Frage, was er nun eigentlich solle. »Soll ich hier bleiben und einen Wachsstock zerschneiden und den Christbaum da, bei dessen Ausputz ich die gute Dobschütz gestört habe, mit einem Dutzend Freudenlichter besetzen und dann morgen abend die Lichter anzünden und mir mein Glück bescheren? Es geht nicht. Und ich kann auch nicht hierbleiben, bloß um hier oben und im Dorf unten den leutseligen und schenkefrohen Gutsherrn zu spielen und dabei den Mägden einen Speziestaler in den Apfel zu stecken und den Michel nach seiner Annemarie oder die Annemarie nach ihrem Michel zu fragen und ob die Hochzeit zu Ostern oder zu Pfingsten sein werde. Und wenn ich so was selbst wollte, darüber verginge ja noch ein ganzer Tag oder eigentlich zwei,

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