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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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und medisant und was Sie sonst noch wollen; aber von dem, was ich da eben über die Prinzessinnen gesagt habe, davon geht kein Tüttelchen ab. Und je klüger und witziger die Hochgestellten sind und je mehr Sinn und Auge sie für das Lächerliche haben, desto sichrer und rascher kommen sie dazu, die langweiligen Menschen geradeso nett und unterhaltlich zu finden wie die interessanten.«
    »Und das sagen
Sie
! Sind Sie nicht selbst die Widerlegung davon? Was hat Ihnen denn Ihren Platz im Herzen der Prinzessin erobert? Doch nur das, daß Sie klug und gescheit sind, Einfälle haben und zu sprechen verstehen und mit einem Wort interessanter sind als die Schimmelmann.«
    »Nein, einfach weil ich anders bin als die Schimmelmann, die der Prinzessin geradeso nötig ist wie ich oder wie Erichsen oder wie Pentz oder vielleicht auch...«
    »... wie Holk.«
    »Ich will es nicht gesagt haben. Aber brechen wir ab und rasten wir, trotzdem wir ohnehin schon zurückgeblieben sind, einen kleinen Augenblick an dieser entzückenden Stelle, von der aus wir einen guten Blick auf die Rückseite des Schlosses haben. Sehen Sie nur, alles hebt sich so wundervoll voneinander ab, das Hauptdach und die spitzen Turmdächer links und rechts, trotzdem alles dieselbe graue Farbe hat.«
    »Ja«, sagte Holk. »Es hebt sich alles trefflich voneinander ab. Aber das tut die Beleuchtung, und auf solche besondre Beleuchtung hin dürfen Schlösser nicht gebaut werden. Ich meine, die zwei Backsteintürme, drin wir wohnen, die hätten mit ihrem prächtigen Rot etwas höher hinaufgeführt werden müssen, und dann erst die Schiefer- oder Schindelspitze. Jetzt sieht es aus, als solle man aus der untersten Turmluke gleich auf das große Schrägdach hinaustreten, um draußen, an der Dachrinne hin, eine Promenade zu machen.«
    Ebba nickte, vielleicht weil ihr das Endergebnis dieser Bau- und Beleuchtungsfrage gleichgültig war, und gleich danach eilten beide rasch weiter, weil sie wahrzunehmen glaubten, daß der Pastor anhielt, um auf sie zu warten. Im Herankommen aber sahen sie, daß es etwas anderes war und daß Schleppegrell, sosehr die Zeit drängte, doch noch auf eine besondere Sehenswürdigkeit aufmerksam machen wollte. Diese Sehenswürdigkeit war nicht mehr und nicht weniger als ein am Wege liegender, etwas ausgehöhlter Riesenstein, in dessen flache Mulde die Worte gemeißelt waren: »Christian IV. 1628.« Holk sprach im Herantreten die Meinung aus, »daß es mutmaßlich ein bevorzugter Sitz- und Ruheplatz des Königs gewesen sei«, wozu Schleppegrell bemerkte: »Ja, so war es; es war ein Ruheplatz. Aber nicht ein regelmäßiger, sondern nur ein einmaliger. Und es knüpft sich auch eine kleine Geschichte daran...«
    »Erzählen!« riefen alle dem Pastor zu. Dieser aber zog seine silberne Gehäuseuhr, daran, an einer etwas abgetragenen grünen Schnur, ein großer Uhrschlüssel hing, und wies auf das Zifferblatt, das bereits auf zehn Minuten vor zwölf zeigte. »Wir müssen uns eilen, oder wir kommen zu spät. Ich will es beim Lunch erzählen, vorausgesetzt, daß es sich erzählen läßt, worüber ich in Zweifel bin.«
    »Ein Pastor kann alles erzählen«, sagte Ebba, »zumal in Gegenwart einer Prinzessin. Denn Prinzessinnen sind sich selber Gesetz, und was sie gutheißen, das geht und das gilt. Und nun gar die unsre! Daß sie nicht ›nein‹ sagen wird, dafür will ich mich verbürgen.«
    Und in gesteigert raschem Tempo schritt man auf das Schloß zu.
     
Zweiundzwanzigstes Kapitel
     
    Kurz vor zwölf war man im Schlosse zurück, gerade noch früh genug, um rechtzeitig bei der Prinzessin erscheinen zu können. Pentz und die Schimmelmann, die den Dienst hatten, empfingen die Geladenen, und nachdem die bald danach eintretende Prinzessin an jeden einzelnen ein Wort der Begrüßung gerichtet hatte, verließ man die Wohn- und Empfangszimmer, um sich über einen mit Karyatiden reich geschmückten und augenscheinlich einer späteren Zeit angehörigen Korridor hin in die große Herluf-Trolle-Halle zu begeben, dieselbe Halle, darin man, am Abend vorher, bei Kaminfeuer und Kienfackeln erst die großen Bilder, so gut es ging, betrachtet und dann dem erklärenden Schleppegrellschen Vortrage zugehört hatte. Ja, die Halle war dieselbe; trotzdem zeigte sich seit gestern insoweit eine Veränderung, als jetzt helles Tageslicht einfiel (die Mittagsstunde hatte wieder Sonnenschein gebracht) und allem etwas Heitres lieh, ein Eindruck, der durch eine mit Blumen und

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