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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sandten die Meldung dir,
    Eh den Weg wir selber gingen,
    Seine Seel ist frei, seine Hüll ist hier,
    Du weißt,
wen
wir dir bringen.
     
    An der pommerschen Küste vor Pudagla-Golm,
    Um den schwankenden Sieg uns zu retten,
    So fiel er. Nun, Herrin von Herlufsholm,
    Sage, wohin wir ihn betten.
     
    Betten wir ihn in die Kryptkapelln
    Von Thorslund oder Olafskirke?
    Betten wir ihn in Gjeddesdal
    Unter der Trauerbirke?
     
    Betten wir ihn in die Kryptkapelln
    In Roeskilde, Leire, Ringstede?
    Sage, Herrin, wohin wir ihn stelln,
    Eine Ruhstätt für ihn hat jede.
     
    Jeder Kirche gab er, um was sie bat,
    Altäre, Türme, Glocken,
    Und jede, wenn sie hört, ›er naht‹,
    Wird in Leide frohlocken.
     
    Eine jede ladet ihn zu sich ein
    In ihrer Pfeiler Schatten...‹
    Da sprach Brigitte: ›
Hier
soll es sein,
    Hier
wollen wir ihn bestatten.
     
    Wohl hat er hier keine Kirche gebaut –
    Die stand schon viel hundert Jahre –,
    Hier aber, als Herluf Trolles Braut,
    Stand ich mit ihm am Altare.
     
    Vor demselben Altar, auf selbem Stein,
    Steh er wieder in aller Stille,
    Nichts soll dabei gesprochen sein
    Als, Herr, es geschehe dein Wille.
     
    Morgen aber, eh noch der Tag erstand,
    In seinen Kirchen allen,
    Weit über die See, weit über das Land,
    Solln alle Glocken erschallen.
     
    Und zittert himmelan die Luft,
    Als ob Schlachtendonner rolle,
    Dann in die Herlufsholmer Gruft
    Senken wir
Herluf Trolle
.‹«
     
    Holk schob das Blatt wieder in den Brief und den Brief wieder in das Couvert und wiederholte dabei leise vor sich hin: »Und in die Herlufsholmer Gruft senken wir Herluf Trolle... Hm, gefällt mir, gefällt mir gut. Es hat eigentlich keinen rechten Inhalt und ist bloß eine Situation und kein Gedicht, aber das tut nichts. Es hat den Ton, und wie das Kolorit das Bild macht, so wenigstens hat mir Schwager Arne mehr als einmal versichert, so macht der Ton das Gedicht. Und Alfred wird wohl recht haben, wie gewöhnlich. Ich will's heute noch abschreiben und an Christine schicken. Oder noch besser, ich schick ihr gleich das rote Blatt. Daß es aus einem Pastorhause kommt, wird ihr das Gedicht noch besonders empfehlen. Aber freilich, ich werde die kleine Frau vorher doch noch bitten müssen, ihren Namen und vor allem auch ihren Stand mit darunter zu schreiben, sonst mißglückt am Ende das Ganze. Das Rosapapier ist ohnehin suspekt genug, und die steife Waschzettelhandschrift, ja wer will sagen, wo sie herstammt; Hofdamen haben auch merkwürdige Handschriften.«
    Er unterbrach sich in diesen Betrachtungen, weil er nach der Uhr sah und wahrnahm, daß es bereits auf elf ging. Er hatte sich also zu beeilen, wenn er bis zum Eintreffen des Schleppegrellschen Ehepaares angekleidet und marschfähig sein wollte. Wie mochten übrigens draußen die Wege sein? Kurz vor Mitternacht war Regen gefallen, und wenn der Südost ein gut Teil davon auch wieder aufgetrocknet hatte, so wußte er doch von Holkenäs her, daß Parkwege nach Regenwetter meist schwer passierbar sind. Er wählte denn auch die Kleidung danach, und kaum, daß er mit seiner Toilette fertig war, so kamen beide Schleppegrells auch schon über den Schloßhof. Er rief hinunter, daß sie sich nicht hinaufbemühen sollten, er werde das Fräulein abholen und gleich bei ihnen sein. Und so geschah es denn auch, und ehe fünf Minuten um waren, durchschritt man, vom großen Frontportal her, die ganze Tiefe des Schlosses und trat, an dessen Rückseite, durch ein gleich großes Portal in den Park ein. Hier traf man auch Erichsen, der eben von einem anderthalbstündigen Gesundheitsspaziergange zurückkehrte, sofort aber Bereitwilligkeit zeigte, sich an dem neuen Spaziergange zu beteiligen. Das wurde begrüßt und bewundert. Erichsen bot Ebba seinen Arm, und Holk folgte mit der kleinen Pastorsfrau, während Schleppegrell die Führung nahm. Er trug, wie bei der ersten Begrüßung auf dem Hilleröder Marktplatze, einen mantelartigen Rock, der, ohne Taille, von den Schultern bis auf die Füße ging, dazu Schlapphut und Eichenstock, mit welch letztrem er allerhand große Schwingbewegungen machte, wenn er es nicht vorzog, ihn in die Luft zu werfen und wieder aufzufangen.
    Holk, soviel lieber er an Ebbas Seite gewesen wäre, war doch sehr verbindlich gegen die Pastorin und bat sie, für den Fall, daß er persönlich nicht dazu kommen sollte, ihrem Manne sagen zu wollen, wie sehr er sich über die Zusendung gefreut habe; kaum minder freilich hab er ihr selber zu danken, denn daß die

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