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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Schimmelmann willen, wurde auch eine Whistpartie beliebt, die dann, nach dem Abendbrot, in ein kleines, sehr harmloses Hazard überging. Ebba gewann immer, »weil sie«, wie sie sagte, »Unglück in der Liebe habe«. Man war heiter bis zur Ausgelassenheit, und während selbstverständlich über das ewige Sturm- und Regenwetter und mehr noch über die nicht enden wollende Krankheit der Prinzessin geklagt wurde, gestand man sich doch gleichzeitig, daß man diesem angeblichen Unglück all das Glück verdanke, dessen man sich erfreute.
    So ging es bis den zweiten Advent; da schlug das Wetter abermals um, und mit dem scharfen Nordost, der jetzt einsetzte, kam sofort auch bittre Kälte, die, gleich in der ersten Nacht, alle Tümpel und Regenlachen und schon den Tag darauf auch den kleinen Schloßsee mit Eis bedeckte. Dem Schloßsee folgte dann der breite, nach Ost und West hin mit dem Esrom- und Arre-See Verbindung haltende Parkgraben, und als abermals eine Woche später die Nachricht kam, daß auch die großen Seen selbst, an ihren Ufern wenigstens, mit starkem Eise belegt seien, wurde – nachdem Doktor Bie beschworen hatte, daß ein Ausflug bei blankem Wetter genau
das
sei, was die von »Schloß-Malaria«, so war sein Ausdruck, herrührenden Zustände der Prinzessin am ehesten beseitigen werde der nächste Tag schon für eine Schlitten-beziehungsweise Schlittschuhpartie nach dem Arre-See hin festgesetzt.
    Und nun war dieser Tag da, sonniger und frischer als alle voraufgegangenen, und kurz vor zwei traf man sich an der uns wohlbekannten Stelle, wo jetzt die Strickfähre eingefroren im Eise lag. Die, die sich daselbst zusammenfanden, waren zunächst die Prinzessin selbst mit Holk und Ebba, dann Schleppegrell und die beiden Adjutanten. Pentz fehlte, weil er zu alt, die Pastorin, weil sie zu korpulent war, während sich Erichsen und die Schimmelmann dem ziemlich scharfen Nordost, der ging, nicht aussetzen mochten. Aber auch diese vier hatten auf ein bestimmtes Maß von Teilnahme nicht verzichten wollen und waren in eine geschlossene Kutsche gestiegen, um, vorausfahrend, die wetterfestere Hälfte der Gesellschaft in einem kleinen, dicht an der Einmündung des Parkgrabens in den Arre-See gelegenen Gasthause zu erwarten.
    Neben der Fähre, die durch voraufgeschickte Dienerschaften in ein Empfangs- und Unterkunftszelt verwandelt worden war, stand ein eleganter Stuhlschlitten, und als die Prinzessin darin untergebracht und mit Hülfe von allerhand Pelzwerk vor Erkältung geschützt worden war, handelte sich's für die begleitenden Schlittschuhläufer nur noch um die Frage, wer die Führung übernehmen, und zweitens, wer mit der Ehre, den Schlitten der Prinzessin über das Eis hinzusteuern, betraut werden sollte. Rasch entschied man sich, daß Schleppegrell, als Ortskundigster, den Zug zu führen, Holk aber den Schlitten der Prinzessin zu steuern habe, während, dicht aufschließend, das Fräulein an der Hand der beiden Offiziere folgen sollte. Nach dieser Anordnung wurde denn auch wirklich aufgebrochen, und weil alle sehr geschickte Läufer, außerdem auch die Kostüme gut und kleidsam gewählt waren, so war es eine Freude, den Zug über die glatte Eisfläche hinschießen zu sehen. Am imponierendsten wirkte Schleppegrell, der heute mehr einem heidnischen Wotan als einem christlichen Apostel glich; sein Mantelkragen bauschte sich über dem Krempenhut hoch im Winde, während er den Pikenstock, um die Schnelligkeit zu steigern, immer kraftvoller ins Eis stieß. Die Prinzessin war erfreut und sprach es zu Holk auch aus, ihren »Pfadfinder« so phantastisch vor sich herfahren zu sehen, aber ihr Schönheitssinn, der ihr, trotz des ihr fehlenden Sinnes für Ordnung und Eleganz, in hohem Maße zu eigen war, würde doch noch erfreuter gewesen sein, wenn sie, gelegentlich rückwärts blickend, auch das Bild der ihr folgenden drei hätte vor Augen haben können. Ebba, das Kleid geschürzt und in hohen Schlittschuhstiefeln, trug eine schottische Mütze, deren Bänder im Winde flatterten, und jetzt rechts dem einen und dann wieder links dem andern ihrer Partner die Hand reichend, glich ihr Eislauf einer Tanztour, darin sie sich, trotz weitausholender Seitenbewegungen, in wachsender Raschheit vorwärts bewegte. Der zurückzulegende Weg war nicht viel kürzer als eine Meile, aber ehe noch eine halbe Stunde um war, wurde man schon des hochgelegenen Gasthauses, daraus ein heller Rauch aufstieg, ansichtig und dahinter der weiten Fläche des

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