Unzertrennlich
des ganzen Jahres. Sie hatte sich um 6Uhr morgens den Wecker gestellt, drei Stunden im Garten geastet, anschließend ihre Steuer gemacht und nachmittags das Gästeklo gestrichen. Und alles mit bester Laune.
Meine Freundin Karola achtet sowieso drauf, dass sie nur bei Mond im Zwilling zum Friseur geht und bei Mond im Krebs ihre Diäten beginnt, das klappt dann alles besser. Sie erwähnte auch, dass man sich auf keinen Fall bei Mond im Schützen die Hüfte operieren lassen solle. Wobei ihre Hüften in Ordnung sind.
Meine Freundin Karola sagte noch, dass es gerade für Singles wie mich ganz wichtig sei, ein vernünftiges Jahreshoroskop zu haben. Das nächste Jahr wird ein Mondjahr, da wäre es doch fahrlässig, nicht zu wissen, an welchen Tagen sich Mond und Venus mit meinem Herrscherplaneten Pluto verbinden werden, weil das genau die Tage seien, an denen ich die Augen aufhalten müsse. Dann käme er nämlich, der Traumprinz, ziemlich wahrscheinlich sogar, sagt Karola. Dann könnte ich ja wohl nicht zu Hause stehen und bügeln.
Vor ein paar Tagen habe ich mir ein solches Horoskop bestellt. Ich habe einfach Angst bekommen, dass ich mein Mondjahr gleichgültig und chancenlos verstreichen lasse, wenn ich nicht richtig informiert bin. Mit Interesse habe ich gelesen, dass ich im Februar, dank Pluto und Venus, eine solche Traumkonstellation bekomme, dass plötzlich ein Löwe und ein Stier um mich buhlen. Egal, was ich mache, es wird richtig sein, im November gründen mein Löwestier und ich dann eine Familie, was ja, abgesehen von meinem Alter, rein rechnerisch hinkäme, und gegen Ende des Jahres blicke ich vom Siegerpodest auf ein supererfolgreiches Jahr zurück. Na bitte, dachte ich, für 36Euro konnte ich das ja auch erwarten.
Gerade hat mich meine Freundin Karola angerufen. Die Autoversicherung hat mitgeteilt, dass Paul überhaupt keine Vollkaskoversicherung hat. Deshalb ist der Schaden am Wagen nicht gedeckt. Außerdem kam eine Rechnung der Stadt über 168,70Euro für die Reparatur des Begrenzungspfahls. Paul spricht immer noch nicht mit Karola, obwohl gestern Viertelmond war. Karola will jetzt Pauls Mutter anrufen, wahrscheinlich hat die sich total bei der Geburtszeit ihres Sohnes verhauen und dann hätte Karola unter Umständen doch eine Partnerkrise. Das muss sie prüfen.
Ich hoffe sehr, dass meine Mutter sich bei meiner Zeit nicht geirrt hat, das wäre wirklich zu schade. So ein schönes Horoskop.
Hamburg
Ines notierte etwas auf einem Briefbogen und schob das Blatt zurück in die Klarsichtfolie. Dann sah sie auf die Uhr und zur Eingangstür, die sich in diesem Moment öffnete. Luise sah sich suchend um, bis sie Ines entdeckte und an den Tisch kam.
»Hallo, Ines, ich hoffe, du wartest noch nicht lange.«
Ines deutete auf ihr Bierglas. »Das ist das Erste, ich habe noch nicht mal getrunken.«
»Gut.« Luise setzte sich und warf einen Blick auf die Blätter in der Folie. »Sind das unsere gesammelten Suchergebnisse? Schön als Excel-Datei, du bist vielleicht ordentlich.« Sie lachte.
Ines strich mit der Hand über die Folie. »Du lachst, aber wie willst du das sonst zusammenschreiben? Wir waren alle ziemlich erfolgreich.«
Luise zog ihre Jacke aus und winkte dem Kellner. »Ich bin gespannt, ich habe weder Ruth noch Gabi noch Dorothea in den letzten Wochen gesprochen.«
Der Kellner kam an den Tisch und Luise bestellte sich gerade ein Bier, als Dorothea auf einmal vor ihnen stand.
»N’ Abend.« Dorothea klopfte auf den Tisch. »Ich nehme auch ein Bier. Ich bin ja gar nicht die Letzte. Wo ist denn Ruth?«
»Hier.« Ruth war kurz nach Dorothea eingetreten. »Bist du blind und taub? Ich laufe seit der U-Bahn-Station hinter dir her, zehn Leute haben sich nach mir umgedreht und gegrüßt, nur du rennst weiter.«
»Ach Gott, du, ich habe mich auf den Weg konzentriert. Außerdem reagiere ich nicht mehr auf Zurufe, aus dem Alter bin ich raus, meistens sind das sowieso nur noch Bauarbeiter.« Sie lachte und sah in die Runde. »Und die werden auch immer ruhiger.«
Ruth fragte den Kellner nach den Rotweinen, diskutierte kurz und bestellte sich dann den teuersten. Sie setzte sich neben Ines und nahm kurz die Folie in die Hand. »Du hast schon vorgearbeitet. Super.«
Ines nickte. »Ja, ich habe gedacht, ich schreibe schon mal alles zusammen, dann ist es einfacher. Ich hatte letzte Woche Zeit, um das Ganze zu ordnen. Ich warte auf eure Getränke, dann berichte ich.«
Dorothea drehte sich nach dem Kellner um,
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