Unzertrennlich
für Christine versemmelt hätte. Sie war gestern Mittag bei mir und da ist mir was rausgerutscht…«
Dani ließ sich wieder in die Badewanne zurücksinken, während sie Marleen zuhörte. Als der Piepston das Ende der Aufzeichnung verkündete, lächelte sie. Marleen befürchtete, dass Christine jetzt auch über Danis Eltern ihre Adresse bekommen wollte. Da würde sie Pech haben, Danis Eltern waren vor zwei Tagen in einen vierwöchigen Urlaub geflogen, sie kamen erst nach Christines Fest zurück. Christines Freundinnen waren schneller gewesen.
Dani ließ heißes Wasser nachlaufen und sah auf die angezündeten Teelichter am Fußende der Badewanne. Ihre Gedanken wanderten zwanzig Jahre zurück.
Damals hatte sie gerade einen der größten Fehler ihres Lebens begangen: Sie hatte Hannes geheiratet. Dani hatte ihn bei einem Skiurlaub kennen gelernt. Ob es die Höhensonne oder die dünne Luft auf den Pisten war, Dani geriet bei seinem Anblick außer Rand und Band. Ihre Schwester war entsetzt, sie hielt Hannes zwar für einen guten Skiläufer und auch für bedingt charmant, ansonsten war es ihr schleierhaft, was Dani an ihm fand. Er war zwei Jahre älter als sie, studierte Theaterwissenschaften, hatte keine Kohle und auch keinen richtigen Plan, was er mit seinem Leben anstellen sollte. Er lebte in Bremen, erzählte Dani all das, was sie gerne hören wollte, las ihr Liebesgedichte von Erich Fried vor und nannte sie »meine Schöne«. Sie zog zu ihm, übernahm die Miete samt Nebenkosten, kellnerte nachts und studierte tagsüber. Ein halbes Jahr später waren sie verheiratet. Dani war 20.
Hannes schrieb Gedichte, schlief lange, forderte viel und fand das Leben in Bremen spießig. Er hatte jeden Tag neue Pläne und großartige Ideen, wie sie leben sollten. Dani, müde von Job und Studium, wollte statt auszuwandern nur schlafen. Er fand auch sie bald spießig. Ein Jahr später fing er mit einer 40-jährigen Theaterschauspielerin eine Affäre an. Sie kam abends, wenn Dani kellnerte, zu Hannes und bezog auch hinterher das Ehebett. Dani wunderte sich anfangs über Hannes’ Lust auf frische Bettwäsche, war aber zu müde, um sich Gedanken zu machen. Den Grund verstand sie erst, nachdem sie eines Nachts in der Kneipe ausgerutscht war und sich das Handgelenk gebrochen hatte. Hannes ging nicht ans Telefon. Als sie gegen Mitternacht mit Gips und Taxi aus dem Krankenhaus in ihre Wohnung kam, lag das junge Glück eng umschlungen in ihrem Bett.
Am nächsten Morgen zog Dani zu ihrer Schwester. Das gebrochene Herz brauchte länger als die gebrochene Hand. Nach acht durchheulten Monaten entdeckte Dani ein Zeitungsinserat:
»Zuflucht auf dem Land. Altes Bauernhaus, 6Zi., 2Bäd., Wohnkü., 1000 qm Gart., renov.bed., zw. Deich und Wiese, ab sof. zu verm.«
Dani fühlte sich schon von der Anzeige getröstet. Sie fuhr zu der Hausbesichtigung. Das Haus war alt, renovierungsbedürftig war noch untertrieben, aber es lag traumhaft. Dani dachte an Bullerbü.
Die Maklerin führte sie durch die Räume und Dani verliebte sich. Ihr Herz war zum ersten Mal nach dieser Katastrophennacht schmerzfrei, sie wollte hier wohnen.
Es gab nur noch eine weitere Interessentin. Christine. Als sie zu dritt in der großen Wohnküche standen, blickten Dani und Christine aus den Küchenfenstern auf den Deich und sagten gleichzeitig: »Heile Welt.« Dann sahen sie sich an und nickten. Die Maklerin fragte, ob der Mietvertrag auf beide Namen laufen sollte. Sie hatte angenommen, dass die beiden sich kannten und das Haus gemeinsam besichtigten. Dani wollte den Irrtum erst aufklären, Christine schüttelte den Kopf und erklärte:
»Auf beide Namen, bitte.«
Die Maklerin nickte, vereinbarte mit ihnen einen Termin zur Vertragsunterzeichnung und fuhr zurück ins Büro.
Christine und Dani setzten sich auf die Stufen vor dem Hauseingang und stellten sich erst mal vor. Drei Stunden später standen sie auf, klopften sich den Staub von ihren Jeans und fuhren direkt ins Büro der Maklerin, wo sie ihren Mietvertrag unterschrieben.
Sie lernten sich richtig kennen, während sie das Haus renovierten. Beide hatten sich Urlaub genommen, sie standen auf Leitern und spachtelten, sie rissen alte Tapeten ab, klebten neue an, malten, putzten und redeten ununterbrochen. Es gab so viele Parallelen in ihrem Leben, dass sie sich manchmal wunderten, sich nicht schon früher getroffen zu haben. Sie hatten beide zwei Geschwister, sie waren beide streng erzogen worden, sie liebten beide
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