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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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weder Freundschaft noch Familie, sondern etwas Urtümlicheres. Wenn ein Rudel aus
nur zwei Personen bestehen kann, dann sind er und Moongirl Wölfe, allerdings schrecklicher als Wölfe, denn Wölfe töten nur, um zu fressen.
    Er zieht sich an, ohne den Blick von ihr zu lösen, denn sie macht das Ankleiden zu einem nicht weniger erotischen Akt als ein Striptease. Selbst grobe Stoffe scheinen wie Seide über ihre Gliedmaßen zu gleiten und das Schließen jedes Knopfes ist die Verheißung einer künftigen Enthüllung.
    Ihre Jacken hängen an Wandhaken: eine Skijacke für ihn, schwarzes Leder, mit Schaffell gefüttert, für sie.
    Draußen sieht ihr blondes Haar im Mondschein wie Platin aus und ihre Augen – im Lampenlicht flaschengrün – scheinen in der farblosen Nacht von einem strahlenden Grau zu sein.
    »Du fährst«, sagt sie und geht zu der frei stehenden Garage voraus.
    »Okay.«
    Als sie durch die Seitentür eintreten, schaltet er das Licht an.
    Sie sagt: »Wir werden Benzin brauchen.«
    Unter der Werkbank holt Harrow einen roten Zehnliterkanister hervor, in dem er Benzin für den Rasenmäher aufbewahrt. Nach dem Gewicht des Kanisters und dem hohlen Schwappen des Inhalts zu urteilen, enthält er weniger als zwei Liter.
    Sowohl das Geländefahrzeug, ein Lexus, als auch der Zweisitzer, ein Mercedes-Sportwagen, sind kürzlich aufgetankt worden. Harrow steckt den Schlauch eines Siphons in den Tank des Lexus.
    Moongirl steht neben ihm und sieht zu, wie er an dem Gummiröhrchen saugt. Sie hat ihre Hände in den Jackentaschen.

    Harrow fragt sich: Wenn er die Menge, die angesaugt werden muss, falsch einschätzt und versehentlich Benzin in seinen Mund bekommt, wird sie dann ein Feuerzeug herausholen und die leicht entzündlichen Dämpfe, die er keuchend ausstößt, anzünden und seine Lippen und seine Zunge in Brand stecken?
    Er schmeckt die beißenden Dämpfe und verschätzt sich nicht, sondern steckt den Schlauch in dem Moment in den offenen Kanister auf dem Fußboden, als das Benzin sprudelnd herausströmt.
    Als er zu ihr aufblickt, sieht sie ihm in die Augen. Sie sagt nichts und er auch nicht.
    Er ist vor ihr sicher und sie vor ihm, solange sie einander für die Jagd brauchen. Sie hat ihr Opfer, ihre Beute, das Objekt ihres Hasses, und Harrow hat seine, nicht nur das, was sie heute Nacht zufällig anzünden werden, sondern andere, ganz spezifische Ziele. Gemeinsam können sie ihre Vorhaben leichter umsetzen und mehr Vergnügen daran haben, als wenn sie getrennt und allein vorgingen.
    Er stellt den vollen Benzinkanister in den Sportwagen, an den Platz für das Gepäck hinter den beiden Schalensitzen.
    Die einspurige Asphaltstraße mit der einen oder anderen Parkbucht führt sie nach einer kurvenreichen, hügeligen Meile zum Tor, das aufschwingt, als Moongirl den Knopf auf derselben Fernbedienung drückt, mit der sie gerade erst das Garagentor geöffnet hat.
    Nach einer weiteren halben Meile erreichen sie die zweispurige Landstraße.
    »Links«, sagt sie und er biegt nach links ab, was Norden bedeutet.
    Die Nacht ist schon zur Hälfte vorüber, aber voller Verheißungen.

    Nach Osten hin erheben sich Hügel. Nach Westen hin fallen sie ab.
    Im Mondschein hat das wilde trockene Gras den Platinton von Moongirls Haar, als seien die Hügel Kissen, auf denen unzählige Tausende von Frauen ihre blonden Schöpfe zur Ruhe betten.
    Sie befinden sich in einer spärlich besiedelten Gegend. Im Moment ist nicht ein einziges Gebäude zu sehen.
    »Wie viel schöner die Erde doch wäre«, sagt sie, »wenn alle darauf tot wären.«

6
    Amy Redwing besaß nur einen bescheidenen Bungalow, aber in Lottie Augustines zweistöckigem Haus nebenan war Platz für Janet und ihre Kinder. Ein warmer Lichtschein drang aus den Fenstern, als Amy in der Auffahrt parkte.
    Die ehemalige Krankenschwester kam aus dem Haus, um ihre Gäste zu begrüßen und dabei zu helfen, ihre hastig gepackten Koffer ins Haus zu tragen.
    Sie war schlank, trug Jeans und ein blau und gelb kariertes Herrenhemd, dessen Schöße über der Hose flatterten. Ihr graues Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihre Augen waren von einem auffallend klaren Blau, und die Liebe zur Sonne hatte ihr reizendes Gesicht verschrumpeln lassen. Lottie gelang es, gleichzeitig wie ein Teenager und wie eine Rentnerin zu wirken. In ihrer Jugend war sie wahrscheinlich eine gute alte Seele gewesen und in ihren späteren Jahren war sie geistig jung geblieben.
    Amy ließ den Hund im

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