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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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tierischen Sonnenbrand zugezogen. Es sah aus wie ein Backschinken und konnte tagelang nicht schlafen. Es hat die halbe Nacht geweint. Dann hat es sich zu schälen begonnen und sich blutig gekratzt. Man hätte den Geruch von gebratenem Speck erwartet, aber den gab’s nicht.
    Er war ein Schwimmer auf der Oberfläche der Vergangenheit und hatte einen Abgrund aus Erinnerungen unter sich.
    Jetzt ist Piggy wieder rosa und glatt, aber sie hat einen Leberfleck auf dem Hals, der sich zu verändern scheint. Vielleicht hat der Sonnenbrand ein Melanom hervorgerufen. Ich werd dich auf dem Laufenden halten.
    Er legte diesen zweiten Ausdruck zu dem ersten. Später würde er beide noch einmal lesen und nach weiteren Anhaltspunkten
suchen, die ihm mehr Aufschluss geben könnten als »der kleine Strand«.
    In der Küche schüttete Brian den Inhalt des Bechers in den Ausguss. Kaffee brauchte und Cognac wollte er nicht mehr.
    Schuldbewusstsein ist ein unermüdliches Pferd. Bedauern reift zu Reue heran und Reue ist ein ausdauernder Reiter.
    Er öffnete den Kühlschrank und schloss ihn gleich darauf wieder. An Essen war ebenso wenig zu denken wie an Schlaf.
    Die Vorstellung, ins Arbeitszimmer zurückzukehren und an einem seiner derzeitigen Projekte für Häuser nach Kundenwünschen zu arbeiten, reizte ihn kein bisschen. Architektur mochte zwar erstarrte Musik sein, wie Goethe gesagt hatte, aber im Moment war er taub dafür.
    Aus einer Küchenschublade zog er einen großen Block Zeichenpapier und einen Satz Zeichenstifte. Diese Dinge hielt er in jedem Raum der Wohnung bereit.
    Er setzte sich an den Esstisch und begann ein Konzept für das Gebäude zu skizzieren, von dem Amy hoffte, er würde es für sie entwerfen: eine Unterkunft für Hunde, einen sicheren Zufluchtsort, an dem niemals eine Hand gegen sie erhoben würde. An dem jede gewünschte Zuneigung zu haben wäre.
    Sie besaß ein Stück Land, auf dessen Hügeln Eichen ihre Kronen ausbreiteten und am frühen Morgen lange Schatten auf sanft abfallende Wiesen warfen, die sich zurückzogen, wenn der Tag voranschritt. Sie hatte eine Vision, was sie daraus machen wollte, und diese Vision inspirierte ihn.
    Dennoch stellte Brian nach einer Weile fest, dass er vom Entwurf zum Porträt übergegangen war, von einer Zufluchtsstätte
für Hunde zum Tier selbst. Er war für Porträtdarstellungen ziemlich talentiert, aber noch nie zuvor hatte er einen Hund gezeichnet.
    Während seine Zeichenstifte flüsternd über das Papier glitten, beschlich ihn ein unheimliches Gefühl und etwas Seltsames passierte.

4
    Nachdem sie Brian vor seinem Haus abgesetzt hatte, rief Amy Redwing ihre Nachbarin Lottie Augustine an und erklärte ihr, sie würde drei Gerettete zu ihr bringen, die keine Hunde waren und ein Dach über dem Kopf brauchten.
    Lottie diente in dem Heer von Freiwilligen, das für Golden Heart arbeitete, die Einrichtung, die Amy gegründet hatte. Sie war schon früher mehrfach nach Mitternacht aufgestanden, um in einem Notfall einzuspringen, und sie hatte das immer gut gelaunt getan.
    Lottie, die seit eineinhalb Jahrzehnten Witwe war und ihren Beruf als Krankenschwester bis zur Pensionierung ausgeübt hatte, fand ebenso viel Sinn darin, sich um die Hunde zu kümmern, wie sie früher Sinn darin gesehen hatte, eine gute Ehefrau und fürsorgliche Krankenschwester zu sein.
    Die Fahrt von Brians Wohnung zu Lotties Haus verlief belastend stumm: die kleine Theresa schlief auf dem Rücksitz, ihr Bruder saß in sich zusammengesunken neben ihr und brütete dumpf vor sich hin, und Janet auf dem Beifahrersitz wirkte verloren und musterte die menschenleeren Straßen, als handele es sich nicht nur um eine Gegend, die sie nicht kannte, sondern um ein fremdes Land.
    In Gesellschaft anderer Menschen konnte Amy Stille nur sehr begrenzt aushalten. Wenn sich das beiderseitige Schweigen in die Länge zog, hatte sie manchmal das Gefühl, die
andere Person könnte ihr eine fürchterliche Frage stellen, deren Beantwortung sie, sobald sie die Worte aussprach, mit ebensolcher Gewissheit zerschmettern würde wie ein kraftvoll geworfener Stein eine Glasscheibe.
    Also redete sie über dieses und jenes, auch über Antoine, den Hund, der den blinden Marco auf den fernen Philippinen beim Autofahren unterstützte. Doch weder eines der beiden bedrückten Kinder noch ihre Mutter nahmen den Köder an.
    Als sie an einer roten Ampel hielten, bot Janet Amy die zweitausend Dollar an, die sie Carl gegeben hatte.
    »Sie gehören Ihnen«,

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