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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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spärlich bekleidet oder sogar nackt hinaus.
    An solchen Tagen steht sie da, das Gesicht dem Himmel zugewandt und mit offenem Mund, als forderte sie das Licht auf, sie zu füllen.
    Obwohl sie von Natur aus blond ist, verträgt sie die Sonne gut. Ihre Haut ist bronzefarben, sogar in den Fältchen auf den Fingergelenken, und die feinen Haare auf ihren Armen sind weiß ausgebleicht.
    Im Gegensatz zu ihrer Haut ist das Weiß ihrer Augäpfel so leuchtend wie arktischer Schnee und das Flaschengrün der Iris blendet.
    Meistens machen sie und Harrow nachts lieblose Liebe. Hinterher sind weder die Sterne noch der Mond hell genug, um ihre destillierte Wut verdunsten zu lassen, und obwohl sie von sich selbst manchmal als Walküre spricht, hat sie keine Flügel, um in das höhere Licht hinaufzufliegen.
    Im Allgemeinen lässt ein Feuer am Strand ihre Wut zu Asche herunterbrennen, aber eben nicht immer. Gelegentlich muss sie mehr als Kiefernholz, getrockneten Seetang und Treibholz anzünden.
    Als könnte Moongirl die Welt mit bloßer Willenskraft dazu bringen, ihre Bedürfnisse zu stillen, kommt manchmal im rechten Moment jemand zu ihr, der sich ideal dafür eignet, angezündet zu werden. Das ist schon mehr als einmal passiert.
    In einer Nacht, in der ein Feuer am Strand nicht genügt, und wenn das Schicksal ihr keine Opfergabe sendet, muss sie in die Welt hinausgehen und das Feuer suchen, das sie braucht.

    Harrow hat sie schon bis zu hundertzwanzig Meilen weit gefahren, bevor sie etwas findet, das dringend angezündet werden muss. Manchmal findet sie es nicht vor Tagesanbruch und dann genügt die Sonne, um ihre Wut verdampfen zu lassen.
    Heute Nacht fährt er sechsunddreißig Meilen auf kurvigen Straßen durch ländliche Gegenden, bevor sie sagt: »Da. Mach schon, lass es uns tun.«
    Ein altes einstöckiges, mit Schindeln verkleidetes Haus, das einzige Wohnhaus weit und breit, steht auf einem gepflegten Rasen; kein Fenster wird von Lampenschein erhellt.
    Die Scheinwerfer fallen auf zwei Vogelbäder im Garten, drei Gartenzwerge und die Miniaturausgabe einer Windmühle. Auf der Veranda vor dem Haus stehen zwei Schaukelstühle aus Bugholz.
    Harrow fährt an dem Haus vorbei, bis er nach einer knappen Viertelmeile kurz vor einer Brücke eine schmale unbefestigte Straße findet, die von der asphaltierten Straße abzweigt. Er folgt diesem staubigen Pfad bis zum Fuß der Brücke und parkt nah am Bach, in dem träge fließendes schwarzes Wasser sich im Mondschein kräuselt.
    Vielleicht dient dieser kurze Pfad Anglern, die vom Ufer aus ihre Leinen für Flussbarsche auswerfen. Wenn ja, dann ist derzeit keiner von ihnen hier. Diese Nachtstunde ist eher für Brandstifter als für Angler geschaffen.
    Von der höher gelegenen zweispurigen Landstraße aus kann man den Mercedes hier am Fluss nicht sehen. Auch wenn nicht anzunehmen ist, dass um diese Zeit wenn überhaupt mehr als einige wenige Autofahrer unterwegs sind, müssen trotzdem Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.
    Harrow holt den Zehnliterkanister aus dem Gepäckraum hinter den Sitzen.

    Er fragt sie nicht, ob sie daran gedacht hat, Streichhölzer mitzunehmen. Sie trägt sie ohnehin immer bei sich.
    Zikaden bringen einander ein Ständchen, und Kröten krächzen jedes Mal voller Zufriedenheit, wenn sie eine Zikade verschlungen haben.
    Harrow spielt mit dem Gedanken, querfeldein zu dem Haus zurückzulaufen, über Wiesen und durch ein kleines Eichenwäldchen. Aber sie würden sich keinen Vorteil verschaffen, wenn sie den mühseligen Weg einschlagen.
    Das Haus, auf das sie es abgesehen haben, ist nur eine Viertelmeile entfernt. Am Rand der Landstraße wachsen hohe Gräser, knorriges Gestrüpp und ein paar Bäume, überall die eine oder andere Form von Deckung, in die sie sich zurückziehen können, sowie sie ferne Scheinwerfer sehen oder das Brummen eines Motors hören.
    Sie steigen vom Ufer des Bachs zur asphaltierten Straße hinauf.
    Das Benzin gluckert im Kanister und seine Nylonjacke erzeugt leise pfeifende Geräusche, wenn sich ein Teil davon an einem anderen reibt.
    Moongirl bewegt sich vollkommen lautlos. Nicht einen einzigen ihrer Schritte kann er hören.
    Dann sagt sie: »Fragst du dich, warum?«
    »Warum was?«
    »Das Anzünden.«
    »Nein.«
    »Du fragst es dich nie?«, hakt sie nach.
    »Nein. Es ist das, was du willst.«
    »Und das genügt dir.«
    »Ja.«
    Die Sterne des Frühherbsts sind so eisig wie die des Winters, und ihm scheint es jetzt, wie zu allen Jahreszeiten, dass der

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