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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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sie durch das Haus und die Höhlen gejagt hatten, ja sogar die mutierten Kleinkinder aus den Tunneln –, sie alle ließen sich als gesund bezeichnen. Missgebildet zwar, aber körperlich und geistig gesund. Die Geschöpfe, die in dieser schwärenden Jauchengrube lebten, verkörperten dagegen Missgeburten, die in der Natur nicht überlebt hätten. Kinder, die allein nicht überlebensfähig waren. Schwächlinge. Der Ausschuss. Mutierte Mutanten. Aber aus irgendeinem Grund hatte man sie nicht getötet.
    Heather betrachtete das Elend ringsum. Der Geruch von Verwesung und verrottendem Müll stieg ihr in die Nase. Sie blickte auf die Knochen und spürte, wie sich Eiseskälte in ihrem gesamten Körper ausbreitete.
    Nicht getötet. Man hatte sie stattdessen entsorgt.
    Weggeworfen wie Müll, nicht wie Lebewesen.
    Sich selbst überlassen. Vermutlich warf man ihnen gelegentlich einen Brocken zum Essen hinein – oder vielleicht stammten die Gebeine von Menschen wie ihr, die das Pech gehabt hatten, zwar unversehrt aus dem Haus und den Höhlen zu entkommen, aber in diesen Teil des Geländes zu stolpern.
    Bei der vorherigen Kammer hatte es sich um ein Kinderzimmer gehandelt. Dieser Ort stellte ein Waisenhaus dar – oder eine Müllkippe. Oder beides.
    Irgendwo zu ihrer Rechten quäkte einer der Verstoßenen und ließ sich mit einem lauten Platschen ins Wasser fallen. Den eigentlichen Sprung verpasste Heather, aber sie sah die Wellen, die sich von der Eintauchstelle ausbreiteten.
    »Bleibt besser da drüben, wenn ihr nicht wollt, dass die Scheiße aus euch rausgeprügelt wird.«
    Ihre zittrige Stimme hallte durch die Kammer. Die Kreaturen, die in den Abfallhaufen lebten und sich durch den Matsch schlängelten, gaben ihrerseits Laute als Erwiderung von sich. Heather ließ den Blick durch die Höhle schweifen, suchte im Unrat nach irgendetwas Nützlichem, fand jedoch nichts, das sie verwenden konnte. Mittlerweile breiteten sich an mehreren Stellen im Wasser Wellen aus und unter der Oberfläche bewegten sich winzige Schattengestalten. Heathers Füße befanden sich unmittelbar am Rand der ekligen Brühe. Beunruhigt wich sie zurück.
    »Ich mein’s ernst!«, brüllte sie. »Bleibt mir bloß vom Leib!«
    Erneut hallte ihre Stimme wider und abermals antworteten die Kreaturen mit winselnden und gurrenden Lauten. Über ihr raschelte etwas. Heather schaute nach oben und richtete das Licht an die Decke. Sie konnte nichts erkennen. Zu weit entfernt. Die Taschenlampe schaffte es nicht, die Schatten zu durchdringen. Das Rascheln wiederholte sich. Erde rieselte herab, landete in Heathers Auge und rollte über ihre Wange. Sie erschrak und kniff angesichts der Reizung unwillkürlich die Lider zusammen. Ihre Augen brannten und tränten und sie musste gegen den Drang ankämpfen, die Taschenlampe beiseitezulegen, um sie zu reiben.
    Kurz darauf fiel noch mehr Erde auf ihren Kopf. Blinzelnd schaute Heather auf ...
    ... und irgendetwas fiel aus den Schatten herab und landete auf ihrem nach oben gewandten Gesicht.
    Etwa so groß wie ein Murmeltier mit schuppiger Haut, scharfen Zähnen und spitzen Klauen. Mehr konnte sie jedoch nicht wahrnehmen, bevor die Kreatur sie traf. Winzige Krallen bohrten sich in ihre Wangen und in ihren Hals, klammerten sich daran fest. Kleine, nadelartige Zähne bissen ihr in die Nase. Das plötzliche Gewicht und der Anflug der Schmerzen zwangen Heather auf die Knie. Die Taschenlampe rutschte ihr aus den Fingern und rollte auf das trübe Wasser zu. Sie packte die kleine Kreatur und versuchte, sie von ihrem Körper zu ziehen, aber die Zähne und Krallen sanken nur noch tiefer in ihre Haut. Blind rappelte sich Heather auf die Beine und schlug auf das Wesen ein, das sich an ihr festklammerte und sie zu ersticken drohte. Zu spät dachte sie daran, dass sie am Rand des Wassers lief. Dann trat ein Fuß ins Leere, und sie stürzte hinein.
    Das Wasser war tiefer, als sie vermutet hätte. Sie tauchte unter die Oberfläche. Als die ölige Brühe über ihrem Kopf zusammenschlug, löste sich Heathers Angreifer von ihrem Gesicht und schwamm davon. Sie öffnete die Augen und sah nur Dunkelheit. Gleich darauf erinnerte sie sich daran, woraus die Dunkelheit bestand – aus Fäkalien, Schlamm und anderen Scheußlichkeiten. Hastig presste sie die Augen wieder zusammen. Der Geschmack von ungefiltertem Abwasser füllte Heathers Mund und Nebenhöhlen aus, als sie instinktiv Luft holte. In ihren Lungenflügeln breitete sich ein Brennen aus. Ihr

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