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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Tarnung flog auf. Als er erwischt wurde, brachte ihn die Gruppe um, indem sie ihn in einem Plumpsklo ertränkte. Paul konnte sich keine schlimmere Art zu sterben vorstellen, als in Scheiße zu ersaufen.
    »Hilfe!«, brüllte er. »Helft mir doch!«
    Seine Stimme hallte von irgendwo links zu ihm zurück. Paul schwenkte das Licht in die Richtung und schnappte nach Luft. Knapp einen Meter oberhalb der Pfütze ragte ein steinerner Vorsprung in die Luft. Dahinter befand sich eine weitläufige Kammer, eine Art natürliche Höhle. Kalkstein funkelte im Strahl der Taschenlampe.
    Würgend schwamm Paul auf den Vorsprung zu. Seine Finger rutschten von der Steinoberfläche ab, als er sich daran hochzuziehen versuchte. Zentimeter für Zentimeter kämpfte er sich aus der Brühe. Schmatzlaute ertönten, ausgelöst durch den Schleim, der an seinen Schultern, seiner Hüfte und seinen Beinen saugte. Als er sich endlich befreit hatte, brach Paul schluchzend auf dem Sims zusammen.
    Der Stein fühlte sich kalt an seinem Gesicht an. Er kniff die Augenlider zusammen. Dreck blubberte ihm aus der Nase und rann aus seinen Mundwinkeln. Immer wieder würgte er, konnte sich jedoch nicht übergeben, obwohl er es unbedingt wollte, um die widerwärtigen Substanzen loszuwerden, die in seinen Körper gelangt waren. Nach einer Weile öffnete er die Augen und stöhnte. Die Höhle schien sich zu drehen. Paul hatte das Gefühl, jeden Moment die Besinnung zu verlieren.
    Dann packte ihn etwas, und er wurde tatsächlich bewusstlos, allerdings erst, nachdem er einen flüchtigen Blick darauf erhascht hatte.
    Er schrie immer noch, als er in Ohnmacht fiel.

11
    Kerri, Heather, Javier und Brett krochen durch den stickigen horizontalen Schacht. Javier hatte die Führung übernommen. Bretts Gürtel war um seine geballte Faust geschlungen. Er hielt die Schnalle zwischen den Fingern, damit sie nicht klimperte. Dicht hinter ihm folgte Heather, danach Kerri. Brett hatte als Letzter Mühe, nicht den Anschluss zu verlieren. Immer wieder hielten sie kurz an, damit er aufschließen konnte, doch er drängte sie jedes Mal, nicht auf ihn zu warten. Kerri vermutete, dass Brett den Ernst der Lage durchaus erkannte. Er versuchte, tapfer zu klingen, aber Angst lag nach wie vor in seiner Stimme. Hinter sich zog er eine Blutspur her.
    Der Kriechtunnel war eng, und die Wände schabten an ihren Schultern und Hüften entlang, als sie sich vorwärtskämpften. Die Luft roch abgestanden und durchdringend nach Fäkalien. Dabei handelte es sich nicht um das unangenehme Aroma von Rattenkot – was schlimm genug gewesen wäre –, sondern um etwas wesentlich Grausigeres, einen erstickenden, Übelkeit erregenden Gestank. Kerri versuchte, sich auszumalen, wozu der Tunnel gedient haben mochte, aber ihr fiel keine vernünftige Erklärung ein. Er bestand aus Holz, nicht aus Metall, daher konnte es sich nicht um eine Rohrleitung für Heizung oder Klimaanlage handeln. Außerdem wirkte der Tunnel neuer als das Baumaterial ringsum. Sie fragte sich, ob man ihn erst in jüngerer Zeit angelegt hatte, und falls ja, auf wessen Anweisung es zurückging. Und vor allem: Wofür? Hatten ihn die Liliputaner gebaut, damit sie sich auf ahnungslose Opfer fallen lassen konnten, nachdem sie diese im darunterliegenden Flur eingeschlossen hatten? Kerri schauderte. Wenn das zutraf, wie viele andere Menschen hatten sich dann schon in ihrer Lage befunden? Wie viele Menschen waren an diesem Ort bereits gestorben?
    Sie verlor jedes Gefühl dafür, wie weit sie krochen. Irgendwann nahm sie einen leichten Geruch von Erbrochenem in der Luft wahr und vermutete, dass sie sich über der Stelle befanden, an der sie sich vorhin übergeben hatte. Langsam und schweigend bewegten sie sich voran. Sie sprachen nur miteinander, wenn sie stoppten, um auf Brett zu warten, und selbst dann nur in gedämpftem Flüsterton und mit eindringlichen Handzeichen.
    Als unter ihnen eine Tür zufiel, hätte Kerri beinahe laut aufgeschrien. Alle vier erstarrten. Sie behielten ihre Handys aufgeklappt, damit sie etwas sehen konnten, und hatten es im Menü so eingestellt, dass sich das Display nicht plötzlich abschaltete. Ohne diese spärliche Helligkeit hätte im Tunnel vollkommene Dunkelheit geherrscht. Allerdings überlegte Kerri, ob sie die Telefone nicht doch lieber abschalten sollten. Was, wenn das Licht durch Ritzen in der Decke drang? Oder wenn einer von ihnen unverhofft Empfang bekam und es klingelte, während sie sich versteckten?
    Dann

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