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Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Titel: Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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setzt ein.«
    Ich blickte auf und sah eine Sternschnuppe über unsdurch die dunkle, klare Nacht zischen. »Oh ja. Das hab ich fast vergessen.«
    Daniel und ich hatten geplant, nach unserem heutigen Training den Meteoritenschauer zu verfolgen. Für ein wissenschaftliches Schulprojekt, das unsere Noten verbessern würde, sollten wir zählen, wie viele Sternschnuppen wir innerhalb von dreißig Minuten entdecken konnten.
    Wie ich wusste, ärgerte sich Daniel über Direktor Conway, weil er nicht mal erwogen hatte, ihn für die Abschlussprüfung im letzten Jahr zuzulassen. In den Jahren, in denen Daniel versucht hatte, dem Fluch zu entkommen, der jeden seiner Gedanken beherrschte, hatte er einfach zu viel Unterricht verpasst. Ich hingegen war froh, dass er noch nicht zum College aufgebrochen war. Mithilfe seines Sommerunterrichts, ein paar übernommener Zusatzaufgaben und einiger Testläufe in verschiedenen Klassen würden wir im nächsten Frühjahr gemeinsam den Abschluss machen können.
    »Ich mach das Licht aus«, sagte ich, nachdem ich meine Handschuhe ausgezogen hatte. Ich streckte die Finger und dehnte meinen schmerzenden Knöchel, während ich quer über den Hof von Maryanne Dukes altem Haus lief. Dann knipste ich das Verandalicht aus, schnappte mir mein Kapuzenshirt und lief zurück zum Rasen. Ich legte mir das Sweatshirt wie eine Decke über die Brust, nahm einen tiefen Atemzug von der herbstlichen Luft und ließ mich auf dem kühlen Gras neben Daniel nieder.
    »Das war die sechste«, sagte ich nach einem langen Augenblick.
    Daniel grunzte zustimmend.
    »Wow! Hast du die gesehen?« Ich zeigte auf eine besonders helle Sternschnuppe, die funkelnd über den Himmel zog, bevor sie sich im Nichts verlor.
    »Ja«, sagte Daniel leise. »Wunderschön.«
    Ich blickte zu ihm. Er lag auf der Seite und sah mich an.
    »Du hast ja gar nicht richtig hingeguckt«, neckte ich ihn.
    »Doch, hab ich.« Daniel lächelte mich auf seine typisch spitzbübische Art an. »Sie hat sich in deinen Augen gespiegelt.« Er streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingern über meine Wange. »Eins der schönsten Dinge, die ich je gesehen habe.« Er legte mir einen Finger unter das Kinn und zog mein Gesicht näher zu sich heran.
    Ich wandte den Blick von seinen tiefen, dunkelbraunen Augen ab und betrachtete die Rundung seiner Muskeln unter dem dünnen Laufshirt, das er für unser Training angezogen hatte. Dann sah ich zu seinem zottigen Haar, das über den Sommer einen hübschen, goldblonden Ton angenommen hatte – die dunkle Farbe hatte sich schließlich ausgewaschen. Ich betrachtete die Linie seines Kinns und ließ meinen Blick schließlich auf der Wölbung seines lächelnden Mundes ruhen. Es war nicht mehr das spöttische Grinsen, sondern ein Lächeln, das er sich für Momente wie diesen aufsparte. Ein Lächeln, das bedeutete, dass er wirklich glücklich war.
    Er war noch immer erhitzt von unserem Boxkampf, und ich konnte spüren, wie nur ein paar Zentimeter neben mir die Wärme von seinem Körper abstrahlte. Mich zu ihm zog. Mich die kleine Lücke zwischen uns schließenlassen wollte. Ich sah wieder in seine Augen, liebte dieses Gefühl, dass ich mich auf ewig in ihnen verlieren könnte.
    In Augenblicken wie diesem konnte ich manchmal kaum glauben, dass er überhaupt hier war.
    Dass er noch lebte.
    Dass er mir gehörte.
    Ich hatte ihn einmal sterben sehen. Ihn in meinen Armen gehalten und seinem Herzschlag gelauscht, bis er verklungen war.
    Es war in der Nacht geschehen, in der mein Bruder Jude dem Fluch des Werwolfs erlegen war – nur Tage, bevor er eine Nachricht auf dem Küchentisch hinterlassen hatte, in den Schneesturm hinausgegangen und verschwunden war.
    In derselben Nacht, in der Jude mich mit den Kräften infiziert hatte, die mich jetzt verhöhnten.
    Der Nacht, in der ich fast alles verloren hatte.
    »Da ist noch eine.« Daniel lehnte sich vor und küsste mich sanft neben meinem Auge. Er führte seine Lippen über Wange und Kinn; seine köstliche Berührung durchströmte meinen ganzen Körper.
    Daniels Mund traf auf meinen. Erst eine leichte Berührung, dann ein sanfter Druck. Seine Lippen öffneten sich und verschmolzen mit meinen.
    Meine Beine taten weh, als ich ihn zu mir heranzog und schließlich die Lücke zwischen uns schloss.
    Es war mir egal, dass wir uns auf dem Hof hinter Maryanne Dukes altem Haus befanden. Es war mir egal, dass wir eigentlich die Sternschnuppen für den Unterricht zählen sollten. Außer seiner Berührung

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