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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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wie freundschaftliche Wärme für ihn empfand.
    »Wirklich zu schade mit diesen Fenstern«, flüsterte mir Don kurz darauf zu, während Rektor Conway seine halbjährliche Ansprache hielt. Don schaute zu den klaren Glasfenstern über der voll besetzten Galerie empor, wo sich früher die wundervolle Abbildung des an eine Tür klopfenden Christus befunden hatte.
    Als vor etwas mehr als drei Jahren ein Feuer den Großteil der Galerie zerstört, jedoch die bunten Kirchenfenster verschont hatte, wurde dies beinahe wie ein Wunder gefeiert. Trotzdem mussten wir dann doch alle traurig ihren Verlust hinnehmen, als Dad berichtete, wie eine falsch platzierte Leiter die Fenster während der Renovierung zerschmettert hatte. Und da es sich um eine einhundertundfünfzig Jahre alte und von Hand gefertigte Arbeit gehandelt hatte, gab es keine Möglichkeit, die bunten Fenster irgendwie aus unserem Budget zu ersetzen.
    »Ich wünschte, ich hätte eine Zeitmaschine. Dann würde ich zurückreisen und das Feuer aufhalten«, flüsterte Don. »Dann gäbe es sie noch.«
    Rektor Conway sah zu uns herüber. Dons Geflüster war mehr wie ein gedämpftes Brüllen. Ich hielt einen Finger an die Lippen. Don errötete und sank auf der Bank in sich zusammen.
    »Wie ich schon sagte«, fuhr der Rektor fort, »die Holy Trinity Academy zeichnet sich für Teenager aus allen gesellschaftlichen Schichten durch ihre pädagogisch wertvolle Führung und die daraus resultierenden guten Aussichten für den Einzelnen aus. Dennoch ist es vor allem unsere Aufgabe, die weniger begüterten Schüler bei ihren Bemühungen zu fördern. So fordere ich Sie alle auf, über diesen Punkt nachzudenken: Was können Sie tun, wie viel können Sie geben, um auch wirklich jeder Seele Gnade und Rettung angedeihen zu lassen?« Rektor Conway wischte sich mit dem Taschentuch über die Lippen und setzte sich neben meinen Vater.
    Die Orgel ertönte, und ich fragte mich, ob die Rettung eines Menschen tatsächlich mit einer Ausbildung an der HTA in Verbindung gebracht werden könne.
    Charity zupfte an meinem Ärmel. »Wir sind dran«, krächzte sie.
    Wir standen auf dem Podium, und obwohl wir am Tag zuvor über drei Stunden lang geprobt hatten, wurden meine Hände ganz schwitzig. Ich blickte ins Publikum. Mom, Jude und James saßen in der ersten Reihe und lächelten uns zu. Pete Bradshaw hatte sich verspätet, saß aber jetzt neben seiner Mutter ein paar Reihen weiter hinten. Ermutigend hielt er den Daumen in die Höhe. Mein Blick wanderte zu den Fenstern über der Galerie und verweilte dort, während Charity und ich sangen.
    Ich stellte mir die Buntglasfenster dort oben vor; Christus steht vor einer hölzernen Tür. »Bittet, so wird euch gegeben; klopfet an, so wird euch aufgetan«, hatte meinVater einst zu Don Mooney gesagt, was diesen Riesen von einem Mann zu Tränen gerührt hatte. Ich erinnerte mich, wie ich Daniel allein in der Kirche begegnet war, kurz nachdem Don das erste Mal in der Gemeinde aufgetaucht war. Er hatte zu den bunten Glasfenstern hinaufgesehen und dieselbe Frage gestellt, die ich erst kurz vorher geäußert hatte: Wieso mein Vater Don vergab, obwohl er ihn verletzt hatte.
     
    »Hätte er nicht die Polizei rufen oder jemanden zur Hilfe holen sollen?«, fragte Daniel.
    Ich versuchte zu wiederholen, was mein Vater mir gesagt hatte, war aber immer noch so verwirrt, dass ich bestimmt alles falsch wiedergab. »Dad sagt, wir müssen allen vergeben. Egal, wie schlecht sie sind oder wie sehr sie uns auch verletzen. Er sagt, die Menschen machen schlimme Dinge, weil sie verzweifelt sind.«
    Daniel riss die Augen auf und wischte sich die Nase am Hemdsärmel ab. Ich dachte schon, er würde zu weinen anfangen, doch dann versetzte er mir einen spielerischen Schlag auf den Arm. »Aus euch Divines werd ich wohl niemals schlau.« Dann schob er seine Hände in die Taschen und schlurfte den Gang entlang. Immerhin ging es seinem verletzten Bein jetzt besser. Als wir ihn ein paar Stunden zuvor zum Kirchgang abgeholt hatten, hatte es ausgesehen, als ob er kaum laufen könne. Daniel sagte, er wäre am Morgen zuvor vom Walnussbaum gefallen. Doch ich wusste, dass er gelogen hatte. Ich war den ganzen Tag mit meiner Mutter draußen gewesen und hattePetunien gepflanzt, und daher wusste ich, dass er das Haus nicht verlassen hatte.
    Ich wünschte, er hätte damals um Hilfe gebeten.
     
    Meine Stimme stockte, als wir den Vers »Segne sie, führe sie, rette sie« sangen.
    Wie ein plötzlicher

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