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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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Weise losgeworden. Als ich deinen Brief erhielt, war ich sehr erleichtert und froh, dass du unverletzt geblieben bist. Ich wünschte, Seine Heiligkeit würde dich nach Rom berufen, wo ich dich in Sicherheit wüsste. Ich weiß, dass du niemals um so etwas bitten würdest, doch ich bete darum zum Herrn. Ich hoffe, dass du über Weihnachten nach Hause kommen kannst. Es wäre schön, die Feiertage mit dir zusammen zu verbringen. Gib mir Bescheid, ob sich das einrichten lässt. Ich warte wie immer auf deinen nächsten Brief, und vergiss nicht, Jakob, wie sehr ich dich liebe.
     
    J akob ,
    heute war ich am Grab deiner Eltern. Ich habe gejätet und den Stein abgewischt. Ich habe ihnen auch einen Strauß Lilien hingestellt, in deinem Namen. Wie schade, dass sie deine Berufung nicht mehr miterlebt haben. Nun bist du Erzbischof und wer weiß, vielleicht wirst du eines Tages sogar Kardinal. Mit dem, was du erreichst, legst du Zeugnis für sie ab. Unsere Eltern mussten so viel durchmachen. Viel zu viel. Ich bete täglich für die Freiheit Deutschlands. Vielleicht kann unsere Generation durch gute Menschen wie dich ein positives Vermächtnis hinterlassen. Ich hoffe, du bist wohlauf. Mir geht es gesundheitlich bestens. Ich habe anscheinend eine robuste Konstitution. In den nächsten drei Wochen komme ich vielleicht nach München. In diesem F all rufe ich dich vorher an. Ich sehne mich danach, dich wiederzusehen. Dein letzter Brief hat mir das Herz erwärmt. Pass auf dich auf, mein lieber Jakob. Für immer in Liebe.
     
    J akob ,
    Kardinal. Eminenz, du hast diesen Titel vollauf verdient. Gott segne Johannes Paul, dass er dich schließlich erhoben hat. Nochmals vielen Dank, dass ich am Konsistorium teilnehmen durfte. Gewiss wusste keiner, wer ich bin. Ich saß am Rand und behielt meine Gedanken für mich. Dein Colin Michener war da und wirkte so stolz. Er ist genau, wie du ihn beschrieben hast, ein gut aussehender junger Mann. Mach ihn zu dem Sohn, den wir so gerne gehabt hätten. Gib dich an ihn weiter, wie dein Vater sich an dich weitergegeben hat. Hinterlasse in ihm ein Vermächtnis, Jakob. Daran ist nichts Verkehrtes. Es verstößt nicht gegen dein Gelübde, und dein Gott verbietet es dir nicht. Mir treten noch immer die Tränen in die Augen, wenn ich daran denke, wie der Papst dir das rote Birett aufgesetzt hat. Nie im Leben war ich so stolz wie in diesem Moment. Ich liebe dich, Jakob, und hoffe nur, dass unsere Verbindung für dich eine Quelle der Kraft bedeutet. Pass auf dich auf, mein Liebster, und schreibe mir bald.
     
    Jakob ,
    vor ein paar Tagen ist Karl Haigl gestorben. Bei der Beerdigung dachte ich daran, wie wir drei an heißen Sommertagen gemeinsam am Fluss gespielt haben. Er war so ein freundlicher Mann, und wärest du nicht gewesen, hätte ich ihn vielleicht geliebt. Aber das weißt du wahrscheinlich. Seine Frau ist vor einigen Jahren gestorben, und seitdem lebte er allein. Seine Kinder sind ein undankbarer, selbstsüchtiger Haufen. Was ist nur mit unserer Jugend passiert? Wissen die jungen Leute ihre Herkunft denn gar nicht mehr zu schätzen? Ich habe ihm oft abends etwas zu essen gebracht, und dann haben wir beisammen gesessen und uns unterhalten. Er hat dich enorm, bewundert. Der kleine, dünne Jakob, und jetzt ist er Kardinal der katholischen Kirche. Und nun also Staatssekretär. Nur eine Stufe vor dem Papst. Er hätte dich gerne wieder gesehen, und es ist eine Schande, dass das nicht möglich war. Bamberg hat seinen Bischof nicht vergessen, und ich weiß, dass der Bischof seine Heimatstadt nicht vergessen hat. In den letzten Tagen habe ich oft für dich gebetet, Jakob. Der Papst ist nicht gesund. Bald wird man einen neuen Papst wählen. Ich habe den Herrn gebeten, seine Hand über dich zu halten. Vielleicht hört er ja auf die Gebete einer alten Frau, die ihren Gott und ihren Kardinal innig liebt. Pass auf dich auf.
     
    J akob ,
    ich habe dich im Fernsehen auf den Balkon des Petersdoms treten sehen. Das Gefühl von Stolz und Liebe, das da in mir aufstieg, war unbeschreiblich. Mein Jakob heißt jetzt Clemens. Was für eine weise Namenswahl. Als ich deinen Namen hörte, dachte ich daran, wie wir früher manchmal in den Dom gingen und das Grab besuchten. Ich erinnerte mich, wi e d u dir Clemens II. vorgestellt hast. Ein Deutscher, der zum Papst aufgestiegen war. Schon damals hattest du eine Vision vor Augen. Er war ein Teil deiner selbst. Nun bist du Clemens XV. und Papst. Sei weise, mein lieber Jakob, aber sei

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