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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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Annuario Pontifico des Vatikans erfuhr Katerina, dass Valendrea sechzig war und Abschlüsse der Universität Florenz, der Katholischen Universität vom Heiligen Herzen und der Haager Akademie für Internationales Recht erworben hatte. Er hatte vierzehn theologische Abhandlungen veröffentlicht. Für seinen Lebensstil benötigte er mehr als die dreitausend Euro monatlich, die die Kirche ihren Prälaten zahlte. Der Vatikan sah es zwar nicht gerne, wenn Kardinäle in weltliche Angelegenheiten verwickelt waren, doch es war bekannt, dass Valendrea Aktienpakete verschiedener italienischer Mischkonzerne hielt und in zahlreichen Unternehmensvorständen saß. Seine relative Jugend galt ebenso als Pluspunkt wie seine angeborenen politischen Fähigkeiten und sein Durchsetzungsvermögen. Er hatte sein Amt als Kardinalstaats -S ekretär klug genutzt und genoss inzwischen in den Medien der westlichen Welt ein gewisses Renommee. Auch hatte er erkannt, was man mit modernen Kommunikationsmitteln erreichen konnte, und wusste sich in der Öffentlichkeit ein verlässliches Image zu geben. Des Weiteren war er ein theologischer Hardliner, der öffentlich Stellung gegen das Zweite Vatikanische Konzil bezog. Das hatte er bei Kealys Verhandlung auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Er war ein strenger Traditionalist und überzeugt, dass die Rückkehr zu früheren Praktiken für die Kirche das Beste wäre.
    Fast alle Leute, die Katerina befragt hatte, waren sich einig gewesen, dass Valendrea im Rennen um die Nachfolge Clemens ’ die Nase ganz vorn hatte. Nicht unbedingt, weil er die ideale Besetzung gewesen wäre, sondern weil ein starker Herausforderer fehlte. Er war offensichtlich auf das nächste Konklave vorbereitet und stand schon in den Startlöchern.
    Doch auch vor drei Jahren war er schon als Papst gehandelt worden und hatte verloren.
    Das Telefon riss sie aus ihren Gedanken.
    Ihr Blick schoss zum Hörer, doch sie kämpfte gegen den Drang an, sofort abzunehmen. Falls Valendrea der Anrufer war, sollte er ruhig ein bisschen schwitzen.
    Nach dem sechsten Klingeln griff sie nach dem Hörer.
    »Sie lassen mich warten?«
    »Ich musste auch warten.«
    Ein Kichern drang aus dem Hörer. »Sie gefallen mir, Ms. Lew. Sie haben Charakter. Und nun, wie lautet Ihre Entscheidung?«
    »Als ob Sie das fragen müssten.«
    »Ich wollte höflich sein.«
    »Sie kommen mir nicht wie jemand vor, der sich mit solchen Lappalien abgibt.«
    » Sie haben nicht viel Achtung vor einem Kardinal der katholischen Kirche.«
    »Sie stehen morgens ebenso nackt auf wie andere Leute.«
    »Ich spüre keinerlei Gottesfurcht in Ihnen.«
    Diesmal war sie mit Lachen an der Reihe. »Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie zwischen Ihren politischen Machenschaften auch noch den Seelsorger spielen.«
    »Ich habe mit Ihnen wirklich eine kluge Wahl getroffen. Wir beide werden gut miteinander auskommen.«
    »Woher wissen Sie eigentlich, dass ich unser Gespräch nicht heimlich aufnehme?«
    »Damit würden Sie sich doch die Chance Ihres Lebens vermasseln. Das glaube ich wirklich nicht. Ganz abgesehen von der sich bietenden Möglichkeit, Ihren guten Michener wiederzutreffen. Und alles auf meine Kosten. Was könnten Sie sich Besseres wünschen?«
    Er war ebenso überheblich wie Tom Kealy und regte sie genauso auf. Sie fragte sich, wieso diese blasierten Typen immer auf sie flogen. »Wann soll ich aufbrechen?«
    »Der Privatsekretär des Papstes fliegt morgen Vormittag los und trifft mittags in Bukarest ein. Sie könnten vielleicht einen kleinen Vorsprung gewinnen und schon heute fliegen.«
    »Und wohin geht die Reise?«
    »Monsignore Michener besucht einen Geistlichen namens Andrej Tibor. Er ist pensioniert und arbeitet in einem Waisenhaus in einem Städtchen namens Zlatna. Das liegt ein ganzes Stück nördlich von Bukarest. Vielleicht kennen Sie den Ort ja?«
    »Ich weiß, wo er liegt.«
    »Dann werden Sie sicherlich in Erfahrung bringen können, wieso Michener dort ist und was er mit dem Priester bespricht. Michener hat einen Brief des Papstes bei sich. Wenn es Ihne n g elingt, einen Blick darauf zu werfen, würde das Ihren Wert in meinen Augen noch weiter steigern.«
    »Sie verlangen nicht gerade viel, hm?«
    »Sie sind eine kluge Frau und haben Ihre Mittel. Ich schlage vor, dass Sie einfach dieselben Reize einsetzen wie bei Tom Kealy. Dann wird Ihr Auftrag mit Sicherheit ein voller Erfolg.«
    Damit legte er auf.
    13
    Vatikanstadt, 17.30 Uhr
     
    V alendrea stand am Fenster seines Büros

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