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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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Hat der Vatikan nicht 1967 erklärt, dass das Geheimnis versiegelt bleiben wird? Hatten Sie es denn vorher gar nicht gelesen? «
    » Die Kurie tut vieles, wovon ich wenig erfahre. Von dieser Erklärung hat man mich allerdings unterrichtet. Hinterher. «
    Valendrea hatte das Gefühl, dass er sich die Frage besser gespart hätte, und er beschloss, seine Zunge von nun an zu hüten.
    » Ich finde diese ganze Angelegenheit sehr erstaunlich « , bemerkte der Papst. » Die Mutter Gottes erscheint drei Bauernkindern – nicht etwa einem Priester, Bischof oder Papst. Sie hat drei des Lesens und Schreibens unkundige Kinder ausgewählt. Ihre Wahl scheint immer auf einfache, demütige Menschen zu fallen. Ob der Himmel uns damit etwas sagen will? «
    Valendrea wusste, auf welchem Weg Schwester Lucias Mariengesicht und die Botschaft der Jungfrau von Portugal in den Vatikan gelangt waren.
    » Ich hatte nie den Eindruck, dass die Worte der guten Nonne meine Aufmerksamkeit erforderten « , fuhr Paul fort . » Ich habe Lucia in Fatima getroffen, als ich den Ort 1967 besuchte. Man hat mich für diese Reise kritisiert. Die Progressiven behaupteten, ich wollte hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurückgehen und dem Übernatürlichen zu viel Gewicht verleihen. Ich verehrte Maria mehr als Christus und den Herrn. Aber ich wusste es besser. «
    Valendrea bemerkte einen feurigen Glanz in Pauls Augen. Vielleicht hatte dieser alte Veteran doch noch Kraft zum Kämpfen.
    » Ich wusste, dass die jungen Menschen Maria liebten. Die heiligen Orte zogen sie an. Meine Reise dorthin war wichtig für sie. Ich habe ihnen gezeigt, dass all das ihrem Papst nicht gleichgültig ist. Und ich hatte Recht, Alberto. Heute ist Maria beliebter denn je. «
    Er wusste, dass Paul die Madonna liebte und sie während seines ganzen Pontifikats mit Titeln und Aufmerksamkeiten geehrt hatte. Manchen war das allerdings zu viel gewesen.
    Paul deutete auf das Schließfach. » Die vierte Schublade links, Alberto. Zieh sie auf, und gib mir den Inhalt. «
    Valendrea folgte Pauls Anweisung und zog eine schwere Eisenschublade heraus. Darin lag eine kleine Holzschatulle, mit einem Wachssiegel verschlossen, das das Papstwappen Johannes XXIII. zeigte. Auf dem Deckel prangten die Worte: SECRETUM SANCTI OFFICII, Geheimnis des Heiligen Offiziums. Er übergab die Schatulle Paul, der sie mit zitternden Händen untersuchte.
    » Die Inschrift soll von Pius XII. angebracht worden sein und das Siegel auf Befehl von Johannes XXIII. Würden Sie bitte das Wachs erbrechen, Alberto? «
    Valendrea blickte sich nach einem geeigneten Werkzeug um. Als er nichts fand, schob er die Kante der Schließfachtür unter das Wachs und löste es damit ab. Dann gab er Paul die Schatulle zurück.
    » Gute Idee « , bemerkte der Papst.
    Sein Assistent nahm das Lob mit einem Nicken entgegen.
    Paul stellte die Schatulle auf seinen Schoß und suchte seine Lesebrille in der Soutane. Er setzte sie auf die Nase, öffnete die Schatulle und holte zwei Papierpäckchen heraus. Das eine legte er beiseite, das andere faltete er auf. Valendrea erblickte ein neueres weißes Blatt, das in ein eindeutig älteres Papier eingelegt war. Beide waren beschriftet.
    Der Pontifex betrachtete das ältere Blatt.
    » Dies hier ist die Originalniederschrift Schwester Lucias « , erklärte Paul. » Leider ist sie auf Portugiesisch, und ich verstehe diese Sprache nicht. «
    » Ich leider auch nicht, Heiliger Vater. «
    Paul reichte ihm das Blatt. Darauf standen etwa zwanzig Zeilen, mit schwarzer, inzwischen grau verblasster Tinte geschrieben. Valendrea fand es aufregend, dass vor ihm nur Schwester Lucia, eine von der Kirche anerkannte Marienseherin, und Papst Johannes Paul XXIII. dieses Papier berührt hatten.
    Paul hob das neuere, weißere Papier hoch. » Das hier ist die Übersetzung. «
    » Übersetzung, Heiliger Vater? «
    » Johannes konnte auch kein Portugiesisch. Er ließ die Botschaft ins Italienische übersetzen. «
    Das hatte Valendrea nicht gewusst. Dann hatte also doc h n och jemand die Aufzeichnung in der Hand gehabt – irgendein zum Übersetzen herbeigerufener Beamter der Kurie, dem mit Sicherheit hinterher ein Schweigegelübde abgenommen worden war. Wahrscheinlich war er inzwischen längst tot.
    Paul entfaltete das zweite Blatt und begann zu lesen. Das Gesicht des Papstes nahm einen sonderbaren Ausdruck an . » Rätselraten hat mir noch nie gelegen. «
    Der Papst packte das erste Päckchen wieder zusammen und griff nach dem

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