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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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hatte er allen Hoffnungen ein Ende bereitet.
    Michener kam alles wie ein Traum vor. Die Wochen seit jenem schrecklichen Montag erschienen ihm unwirklich. Sein vorher so genau durchgeplantes Leben schien plötzlich vollkommen planlos.
    Er brauchte Ordnung.
    Doch als er den Treppenabsatz im zweiten Stock erreichte, wusste er, dass ihm noch mehr Chaos bevorstand. Vor seiner Wohnungstür saß Katerina Lew auf dem Boden und erwartete ihn.
    »Warum bin ich nicht überrascht, dich hier anzutreffen?«, fragte er. »Wie hast du das diesmal denn wieder geschafft?«
    »Noch mehr offene Geheimnisse.«
    Eilig stand sie auf und klopfte sich die Hosen ab. Sie war genauso gekleidet wie am Vormittag und sah noch immer reizend aus.
    Er machte die Wohnungstür auf.
    »Hast du noch immer vor, nach Rumänien zu gehen?«, fragte sie.
    Er warf den Schlüssel auf den Tisch. »Hast du vor, mir nachzukommen? «
    »Vielleicht.«
    »Ich würde erst mal noch keinen Flug buchen.«
    Er erzählte ihr von Medjugorje und Ngovis Bitte, ließ aber Clemens ’ E-Mail aus. Er freute sich nicht auf die Reise und sagte Katerina auch das.
    »Der Krieg ist vorbei, Colin«, beruhigte sie ihn. »Dort herrscht jetzt schon seit Jahren wieder Ruhe.«
    »Dank der dort stationierten amerikanischen und NATO -T ruppen. Nicht gerade das, was man ein Urlaubsziel nennt.«
    »Warum machst du die Reise dann?«
    »Das bin ich Clemens und Ngovi schuldig.«
    »Findest du nicht, dass du deine Schulden allmählich bezahlt hast?«
    »Ich weiß, was du jetzt gleich sagen willst. Aber ich habe letzthin mit dem Gedanken gespielt, aus dem Priesterstand auszutreten. Eigentlich spielt das alles jetzt keine Rolle mehr.«
    Er sah ihrem Gesicht an, dass sie geschockt war. »Warum?«
    »Mir reicht ’ s. Keiner schert sich um Gott oder das gute Leben oder die ewige Seligkeit. Es geht nur um Politik, Ehrgeiz und Gier. Jedes Mal, wenn ich über die Umstände meiner Geburt nachdenke, dreht sich mir der Magen um. Wie konnten sie nur glauben, sie täten da etwas Gutes? Es gab Wege, diesen Müttern viel besser zu helfen, aber keiner hat es auch nur versucht. Sie haben uns Kinder einfach ins Ausland verschifft.«
    Er merkte, dass er zu Boden starrte. »Und diese Kinder in Rumänien? Ich glaube, die hat selbst Gott vergessen.«
    »So kenne ich dich gar nicht.«
    Er trat zum Fenster. »Höchstwahrscheinlich ist Valendrea bald Papst. Dann wird es sehr viele Veränderungen geben. Vielleicht hat Tom Kealy die Sache doch richtig gesehen.«
    »Kealy ist ein Arschloch.«
    Etwas an ihrem Ton ließ ihn aufhorchen. »Bisher haben wir nur über mich geredet. Was hast denn du seit Bukarest so getrieben?«
    »Wie schon gesagt, ein paar Artikel über das Begräbnis für eine polnische Zeitschrift geschrieben. Außerdem habe ich über das Konklave recherchiert. Die Zeitschrift hat mir den Auftrag für ein Feature gegeben. «
    »Dann hast du doch gar keine Zeit für Rumänien.«
    Ihre Züge wurden weicher. »Stimmt. Wäre halt schön gewesen. Aber wenigstens weiß ich, wo ich dich finde.«
    Der Gedanke war tröstlich. Er wusste, dass er traurig wäre, wenn er diese Frau nie wieder sehen würde. Michener erinnerte sich an das letzte Mal vor all den Jahren, als sie allein zusammen gewesen waren. Das war in München gewesen, kurz vorm Abschluss seines Jurastudiums und seiner Rü ckk ehr in Jakob Volkners Dienste. Sie hatte damals ganz ähnlich ausgesehen. Das Haar war ein bisschen länger gewesen und das Gesicht eine Spur jünger, ihr Lächeln jedoch ebenso reizend. Zwei Jahre lang hatte er sie geliebt und gewusst, dass der Tag kommen würde, an dem er sich entscheiden musste. Jetzt erkannte er, was für einen Fehler er damals gemacht hatte. Ihm fiel etwas ein, was sie ihm vorhin auf dem Petersplatz gesagt hatte: Nur nicht denselben Fehler wiederholen. Mehr kann man sich nicht erhoffen.
    Das war verdammt richtig.
    Er ging durchs Zimmer und nahm sie in den Arm.
    Sie wehrte sich nicht.
     
    Michener schlug die Augen auf und sah auf den Nachttischwecker. Zweiundzwanzig Uhr dreiundvierzig. Katerina lag neben ihm. Sie hatten fast zwei Stunden geschlafen. Er hatte keine Schuldgefühle, dass er mit ihr im Bett war. Er liebte sie, und wenn Gott ein Problem damit hatte, dann konnte er ihm auch nicht helfen. So war es eben, und es war ihm egal.
    »Du bist wach?«, fragte sie im Dunkeln.
    Er hatte geglaubt, sie schliefe. »Ich bin nicht daran gewöhnt, mit einer Frau im Bett aufzuwachen. «
    Sie schmiegte den Kopf an seine

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