Urgum der Barbar
legen.
»Siehst du, Grizelda?«, sagte Urgum. »Wünschst du dir jetzt nicht, du hättest eine Axt?«
Grizelda stieß einen grausigen Fluch aus. Dabei hasste sie Urgum weit mehr als den Oberwindler.
»Ich hasse dich«, sagte Grizelda. »Wenn ich sterbe, brauche ich mich wenigstens nicht mehr mit dir abzugeben.«
»Also das ist ein starkes Stück, weil du nämlich heute nicht sterben wirst«, sagte Urgum. Er hob die Axt über seinen Kopf, langte nach oben und tippte dem Oberwindler mit dem Stiel auf die Schulter.
»Na gut, mein Hübscher, jetzt wird’s ernst«, sagte er. »Ich wollte nur zwischendurch eine Kleinigkeit richtigstellen.«
»Aber sie hat meinen Bruder erschossen«, beschwerte sich der Oberwindler, der immer noch drohend über Grizelda stand. »Ich verlange Vergeltung. Das ist das Gesetz der Wüste.«
»Du willst mir was vom Gesetz der Wüste erzählen?« Urgum musste lachen. »Also was meinst du denn, was das Gesetz dazu sagt, dass sich jemand meine Tochter schnappt? Dein Bruder sollte über einem Feuerameisenhaufen aufgespießt werden, damit sie ihm in die Nase kriechen, seine Luftröhre entlanglaufen und seine Eingeweide verätzen können. Dein Bruder hat enormes Glück gehabt und das weißt du. Jetzt schwirr ab, ehe ich dich in deine Einzelteile zerlege.«
Urgum spuckte auf die Schneide seiner Axt und fuhr mit dem Daumen daran entlang. Die rasiermesserscharfe Kante glitzerte im Sonnenlicht. Der Windler ließ sein Messer sinken und trat unsicher zurück. Grizelda legte sofort einen Pfeil auf die Bogensehne.
»Ist das eure Vorstellung von einem fairen Kampf?«, winselte der Oberwindler. »Zwei gegen einen?«
»Drei gegen einen«, sagte Molly. Sie spuckte auf ihre Schaufel und wischte ein bisschen Dreck ab. »Ich habe eine Schaufel, und ich werde nicht zögern, sie zu benutzen.«
»Hey, Grizelda!«, sagte Urgum. »Ich habe eine tolle Idee. Dieser Windler darf entscheiden, welche Waffe die beste ist. Also, Windler, sag mal. Welche Waffe hättest du am liebsten? Entweder du steckst voll dummer kleiner Pfeile mit lächerlichen Federn dran oder du wirst von meiner Axt in einen Haufen zitternder Einzelteile zerlegt.«
»Oder ich hau dir mit der Schaufel gegen die Beine«, sagte Molly. »Nun?«
Als die drei auf ihn zukamen, wich der Oberwindler in Panik zurück, dann fiel er hin und landete rücklings auf dem Boden. Urgum lachte laut auf und sagte zu den anderen: »Kommt, ihr zwei, lassen wir ihn laufen. Er verschwendet meine Zeit.«
Aber als Urgum, Grizelda und Molly sich zum Gehen wandten, rief ihnen der Oberwindler nach.
»Ich dachte, du wärst Urgum der Barbar? Wie kommt es, dass du da zwei Mädchen zu Hilfe rufst? Hast du zu viel Angst, Mann gegen Mann mit mir zu kämpfen?«
Urgum blieb stehen. Seine Augen wurden schmal und seine Knöchel weiß, als sich seine Finger um den Griff seiner Axt spannten. Grizelda schnappte sich Mollys Hand und zog sie weg.
»Schnell, Molly!«, sagte sie. »Weit weg von hier. Das wird eklig werden.«
Grizelda und Molly liefen zu einem Baum und kletterten die Äste hoch. Als sie es sich bequem gemacht hatten, um zuschauen zu können, drehte Urgum sich gerade langsam zu dem Oberwindler um, der immer noch auf dem Boden lag. Hoch über den beiden flogen zwei schäbige Gestalten aufgeregt im Kreis. Djinta und Percy freuten sich auf ihr Abendessen.
»Das war ein Fehler, Windler«, knurrte Urgum mit einer Stimme, die dem Banditen die Haare zu Berge stehen ließ. »Als ich es dir gesagt habe, hättest du dich verziehen sollen. Jetzt steh auf und kämpfe. Wenn du auch nur einen Schritt zurück machst, bist du tot.«
Vorsichtig erhob sich der Windler, aber als er sich vollständig aufgerichtet hatte, war es Urgum, der den Kopf zurücklegen musste, um ihm in die Augen schauen zu können.
»Jetzt zufrieden?« Er verzog das Gesicht. »Jetzt sind wir allein, Mann gegen Mann, von Angesicht zu Angesicht.«
»Nicht ganz«, sagte der Windler. »Von Angesicht zu Nabel trifft es besser.«
»Stört mich nicht, dass du groß bist, du langer Rotzfaden«, sagte Urgum. »Einer gegen einen. Das ist fair genug für einen Kampf, oder?«
»Fair vielleicht«, sagte der Oberwindler. »Aber dumm.«
»Was meinst du mit dumm?«, fragte Urgum misstrauisch.
Statt einer Antwort hob der Oberwindler ein Büffelhorn, das an seinem Gürtel hing, an die Lippen und pustete hinein. Ein eigenartiges quietschendes Heulen schallte über die steinige Ebene. Oben in ihrem Baum sahen Molly und
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