Urlaub mit Papa
klar, guten Morgen. Was kann ich denn tun?«
»Du könntest vielleicht Kaffee und Tee von drüben holen.« Kallis Vorschlag kam verlegen. »Das haben wir zwar schon Gesa gesagt, sie hat es aber noch nicht geschafft. Aber nur, wenn es dir nichts ausmacht. Also, weil es dir ja nicht so gut geht.«
Ich begann zu ahnen, wie theatralisch mein Vater gestern Abend mein Seelenleben geschildert hatte.
»Kalli, ich bin nicht krank oder debil. Also, ich hole jetzt Kaffee.«
Er zuckte zusammen. »Äh, nein, das meinte ich auch nicht, also… Kannst du vielleicht auch Tee mitbringen? Aber nur, wenn es geht.«
Onno kniete sich vor seinen Werkzeugkasten, der zwischen mir und meinem Vater stand. Während er ihn durchsuchte, sagte er:
»Als der Hund von meiner Schwester gestorben ist, war sie auch ganz unglücklich. Da hat ihr mein Schwager einen neuen Welpen gekauft. Das hat geholfen.«
Irritiert überlegte ich, ob Onno es so meinte, wie ich befürchtete. Kalli runzelte seine Stirn und nahm mir die Antwort ab:
»Aber Thiess ist doch nicht tot.«
»Und außerdem, was soll Christine mit einem Welpen?«, legte mein Vater nach. »So ein Tier braucht viel Zeit, mit Erziehung und so. Die hat sie ja gar nicht.«
Ich machte den Mund wieder zu und ging die Getränke holen.
Gesa füllte gerade Kaffee in eine Thermoskanne und sah nur kurz hoch, als ich die Küche betrat.
»Kannst du den Kaffee gleich rüberbringen? Ich habe es bisher nicht geschafft, Frau Weidemann-Zapek hat die Quarkschüssel runtergeschmissen. Der Quark hängt in den Heizungsrippen, ich hätte sie erschlagen können. Und sie fragt nur, ob ich ihr gleich neuen bringen könnte. Was glaubt die, wer sie ist?«
»Ein Lockvogel.« Ich öffnete den Kühlschrank und nahm Milch heraus. »Die Damen gehören zur beherzten Bürgerwehr.«
»Dieser bescheuerte Artikel steht ja tatsächlich heute in der Zeitung. Hast du ihn schon gesehen?«
Ich stellte Tassen und Kannen auf ein Tablett. »Nein, muss ich auch nicht. Es hat mir schon gelangt, ihn vorgelesen zu bekommen. Ich bringe das hier erst mal rüber.«
»Christine?« Gesa hielt mich an der Schulter fest.
»Ja?«
»Es tut mir leid. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, sag was.«
Die Tassen klirrten, weil ich das Tablett mit Schwung auf den Tisch knallte.
»Gesa, ich weiß nicht, was Heinz euch gestern Abend alles erzählt hat und ich glaube, ich will das auch nicht wissen. Aber ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte und
nicht
am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Johann Thiess ist nicht der erste Mann, bei dem ich mich vertan habe, wobei das noch nicht mal bewiesen ist, er hat mir weder geschadet, noch mich ausgenommen, es ist überhaupt nichts Sensationelles passiert, also hört auf mit dieser Mitleidsnummer. Es ist wirklich lächerlich. Mein Vater pflückt mir Gänseblümchen, Onno will mir einen Welpen kaufen und Kalli zuckt zusammen, wenn ich in seine Nähe komme. Lasst mich doch einfach in Ruhe ein bisschen schlechte Laune haben. So, ich bringe das jetzt weg und dann will ich im Strandkorb eine Zigarette rauchen.«
Ich stellte das Tablett auf den erstbesten Tisch in der Kneipe und floh sofort vor Ted Herold, der aus dem Radio ›Vergeben, vergessen, vorbei‹ röhrte. Die Blicke der Möbelträger waren bereits verzweifelt, mein Vater dirigierte sie mit großen Gesten und lauter Stimme in die richtigen Ecken, Hubert und Kalli rückten anschließend jedes Teil zurecht. Irgendwie sah es eigenartig aus, was mir im Moment aber egal war. Gesa kam mir in der Tür mit dem zweiten Tablett entgegen.
»Ich habe dir Kaffee in den Strandkorb gestellt. Ich rauche gleich eine Zigarette mit, meine Güte, ist das ein Krach da drin.«
Sie drückte sich an mir vorbei und ich ging langsam in den Garten. Die Sonne schien in den Strandkorb, ich hielt ihr mein Gesicht entgegen und schreckte hoch, als Gesa sich neben mich fallen ließ.
»So, die Truppe macht Kaffeepause. Sag mal, wissen die eigentlich, wo die Möbel hin sollen?«
Ich zündete mir eine Zigarette an. »Nils hat doch einen Plan gezeichnet.«
»Mhm…« Gesa spielte mit dem Feuerzeug. »Aber irgendwie sieht das nicht so aus. Sie stellen gerade alles in eine Ecke.«
Eine Fahrradklingel brachte uns beide dazu, sofort die Zigaretten auszudrücken. Erst danach beugten wir uns nach vorne, um zu sehen, wer es war. Marleen stellte ihr Fahrrad an den Schuppen und kam auf uns zu.
»Hallo, ich bin wieder da. Habt ihr einen Kaffee für mich?«
Gesa stand auf. »Ich
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