Urlaub mit Papa
Meer.«
Was für ein Schwachsinn, dachte ich, als mein Handy vibrierte und dreimal piepste. Mein Vater drehte sich zu mir um.
»Kind, sei nicht immer so verklemmt. Und irgendetwas brummt bei dir.«
»Danke.« Ich zog das Handy aus der Tasche und drückte auf das Briefsymbol: »Noch zwei Stunden. Ich freue mich, J.«
»Gute Nachrichten?« GvM beugte sich vor, um freie Sicht auf mein Display zu bekommen. Ich steckte das Handy weg. Wenn er so neugierig guckte, hatte er Ähnlichkeit mit einem Frettchen.
»Schöne Grüsse von Luise.«
Ich setzte mich neben Kalli. Gisbert ließ sich enttäuscht auf seinen Stuhl sinken.
»Kenne ich nicht.«
Dorothea lächelte ihn an. »Ich aber. Ist Nils noch nicht da?«
»Doch.« Mein Vater deutete auf den Innenraum. »Ich hatte ganz vergessen, dass hier Selbstbedienung ist. Nils holt die Getränke. Wenn ihr was trinken wollt, müsst ihr selbst gehen. Warte.« Er zog seine Geldbörse aus der Hosentasche und reichte sie mir unter dem Tisch durch. »Hier, Christine, das geht ja heute auf mich. Sucht euch was Schönes aus.«
Gisbert von Meyer sprang auf. »Warte, ich helfe dir tragen.«
»Danke.« Dorothea und ich standen gleichzeitig auf. »Wir sind schon zu zweit.«
Am Selbstbedienungstresen trafen wir Nils, der ein Tablett mit vier Gläsern Bier und einer Apfelsaftschorle balancierte. Er küsste Dorothea und grinste mich an.
»Dein Vater traut mir tatsächlich zu, Getränke für alle zu besorgen. Ich glaube, ich mache Punkte.«
»Lass dir das Geld wiedergeben, er wollte einen ausgeben.«
Nils sah mich erschrocken an. »Um Gottes willen. Jetzt, wo ich gerade mal gute Karten habe. Ich bin doch nicht wahnsinnig.«
Dorothea nickte ernst. »Christine, er gibt das Geld sonst sowieso wieder für Drogen aus.«
Nils war verwirrt. »Wie? Was für Drogen?«
Ich klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. »Erklären wir dir später. Apropos Drogen, hast du nicht irgendeine k. o.-Pille dabei, die wir in die Apfelschorle werfen könnten?«
Nils verstand nichts, ging aber trotzdem mit seinem Tablett zum Tisch.
Als wir zurückkamen, hatte sich zwischen Kalli, Onno, meinem Vater und dessen neuem kleinen Kumpel eine Diskussion darüber entzündet, ob der HSV eine Talentschmiede war.
»Wo hat denn Franz Beckenbauer gespielt?« Mein Vater hatte etwas Heiliges in seiner Stimme. »Na? Kalli? Genau, beim HSV.«
»Das war doch schon gegen Ende seiner Karriere.«
»Und Günther Netzer?«
»Heinz, der war nie Spieler in Hamburg.«
GvM fuchtelte mit dem Zeigefinger vor Kallis Gesicht. »Aber er war Manager.«
Kalli lehnte sich zurück. »Was hat denn das mit Talentschmiede zu tun? Das war ein Auffanglager für abgehalfterte Profis.«
Mein Vater lächelte milde. »Du hast keine Ahnung, Kalli. Die haben in Hamburg den letzten Schliff bekommen und dann die WM nach Deutschland geholt.«
Nils sah erst meinen Vater, dann mich an und fing an zu lachen. »Das ist jetzt aber eine ganz wilde Argumentation.«
Mein Vater warf ihm einen vernichtenden Blick zu und wandte sich wieder an Gisbert. »Man kann keine ernsthaften Diskussionen über Fußball führen, wenn hier lauter Leute mit so einem Halbwissen dabeisitzen, die immer meinen, sie müssten etwas zum Gespräch beitragen, auch wenn sie keine Ahnung haben. Meine Tochter Christine ist übrigens eine ausgewiesene Fußballkennerin, sie ist seit drei Jahren geschieden und lebt allein in Hamburg.«
Gisbert guckte mich interessiert an. Ich wich seinem Blick aus und bekam Schweißausbrüche. Mein Vater zückte wieder sein Geld.
»Könnt ihr beide nicht noch mal eine Runde Getränke holen?«
Gisbert sprang schon wieder auf. Kalli spürte mein Entsetzen. »Bleib sitzen, Christine, die nächste Runde geht auf mich. Komm, Onno, du kannst tragen helfen.«
Ich war erleichtert, Gisbert von Meyer enttäuscht.
Kurz danach trafen Marleen und Gesa ein. Mein Vater bestand darauf, die beiden zum Tresen zu begleiten, schließlich wollte er bezahlen. Als sie zurückkamen, sah ich unauffällig auf die Uhr, es war halb 9, fieberhaft überlegte ich, wie ich aus dieser Runde rauskommen sollte. Ich hatte daran gedacht, mich wegen Kopfschmerzen zu entschuldigen, allerdings war die Situation dank meines Vaters mittlerweile so, dass GvM mich selbstverständlich nach Hause begleiten würde. Heimlich zu verschwinden, konnte ich ganz vergessen, das Frettchen in seinen karierten Bermudas ließ mich nicht aus den Augen.
Dorothea hatte mich beobachtet und flüsterte Nils
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