Urlaub mit Papa
gegen Real Madrid? Die Hamburger lagen 0:1 zurück, wie hieß der Torschütze noch? Cunnilan oder Cummiman?«
»Cunningham.« Herr von Meyer strahlte. »Genau. Der HSV hatte das Hinspiel verloren, 0:2, sie mussten 4:1 gewinnen, da hat doch keiner dran geglaubt.«
Mein Vater schlug auf die gelbe Polohemdschulter. »Und dann schießt Cunningham die Spanier sofort in Führung. Ich dachte, mich trifft der Schlag. Aber mein HSV.Was ein Sturmlauf. Und die Jungs hauen den Realos noch fünf Tore rein. Und Sieg und aus. Herrlich!«
Ich streckte mich. »Ich mach mich jetzt wieder an die Arbeit. Wer kommt mit?«
Dorothea und Nils standen schon, Kalli und Onno erhoben sich langsam. Heinz sah zu ihnen hoch und dann wieder GvM an. »Und dann das 1:0 von Magath gegen Turin. Den habe ich gerne gemocht, bis er zu den blöden Bayern ging. Manche Leute machen doch alles fürs Geld. Ekelhaft.«
»Ach ja, Ernst Happel. Das war die Zeit von Ernst Happel.« Gisbert sah mich mit verträumten Augen an, ich fragte mich, ob er an mich oder den österreichischen Extrainer dachte. Es war mir egal, ich ging zu meiner Farbe. Auf dem Weg dorthin stellte ich das Radio wieder lauter. Katja Ebstein, ›Wunder gibt es immer wieder‹. Mein Vater stieg sofort ein. »Heute oder morgen können sie gescheeehhhn.« Gisbert lächelte ihn an und setzte sich bequemer hin.
Selbstverständlich blieb mein Vater neben Gisbert sitzen. Während Kalli und ich strichen, Dorothea und Nils Farben mischten und Onno mit Heinz’ Akkuschrauber Leisten befestigte, schwelgten ein kleiner Journalist und ein großer Wichtigtuer in alten Hamburger Fußballerinnerungen. Wir waren gezwungen, zuzuhören. Mein Vater schwärmte von Rudi Gutendorf und Horst Hrubesch, Gisbert von Meyer von Kerlen wie Dietmar Jakobs und natürlich Uwe Seeler.
Onno tippte mir auf die Schulter und flüsterte: »Die Fistelstimme von der Journaille geht mir auf den Geist. Der macht mich ganz aggressiv. Darf ich das Radio lauter machen?«
Ich nickte und strich weiter. Einen Tod muss man sterben.
Während Howard Carpendale ›Deine Spuren im Sand‹ brüllte, erhob unser Gisbert sein Stimmchen zu ungeahnten Höhen und rief voller Bewunderung: »Und nicht zu vergessen Dr.Peter Krohn. Was für ein Mann, was für ein Manager!«
»Ha!«
Kalli drehte das Radio leise. Wir zuckten zusammen und drehten uns verblüfft zu Kalli um, so laut hatte er noch nie gesprochen. Er sah missbilligend zum Tisch. »Dass ich nicht lache. Krohn! Ha!«
GvM schüttelte ungläubig den Kopf. »Was meinen Sie bitte?«
»Wegen dem musste der HSV eine Saison lang in rosa Trikots spielen. Peinlich war das. Ich bin aus Protest Werder-Bremen-Fan geworden. Ist mir damals schwer gefallen.«
»Quatsch! Rosa Trikots gibt’s doch gar nicht. Woher hast du denn den Blödsinn?«
Mein Vater machte eine abfällige Handbewegung, von der Kalli sich diesmal nicht beeindrucken ließ.
»Ist kein Blödsinn.«
Nils kam ihm zur Hilfe. »Doch, das stimmt, ich erinnere mich. Das war ein Werbevertrag mit Campari, die Trikots waren wirklich rosa.«
Kalli triumphierte. »Bitte! Sag ich doch. Heinz, du hast eine Farbschwäche, vergiss’ das nicht. Sie waren rosa, die Trikots, knallrosa.« Er lächelte und tunkte den Pinsel in die Farbe.
Heinz stand auf, ging zum Radio und machte die Musik wieder laut.
»Gisbert, möchtest du ein Bierchen?«
Herr von Meyer winkte ab. »Nein, nein, vielleicht eine Apfelsaftschorle .« Er bemerkte Dorotheas Blick und sah auf die Uhr. »Oder kann ich dich vielleicht zu einem Getränk auf der Promenade einladen? Hier ist es ja doch sehr laut, wenn man sich unterhalten will.«
»Da hast du recht.« Heinz guckte in die Runde und verkündete: »Ich gehe dann mal mit Herrn von Meyer etwas trinken. Hier weiß ja jeder, was er zu tun hat, da wird es wohl mal eine Zeit lang ohne mich gehen. Wir treffen uns um 19Uhr in der ›Milchbar‹, seid pünktlich. Frohes Schaffen.«
»Heinz?« »Papa?«
»Och, Kinder, einer muss sich doch um die Presse- und Werbestrategien kümmern, ich würde auch lieber Ferien machen, das könnt ihr mir glauben. Also, jammert nicht rum, bis später.«
Mein Vater tippte kurz und forsch mit dem Zeigefinger an seine Mütze, Gisbert von Meyer drehte sich in der Tür noch einmal um und zwinkerte mir zu. Die Tür fiel hinter ihnen zu, wir sahen ihnen stumm hinterher.
»Tja.« Onno kratzte sich am Kopf. »Ich würde mal sagen, da hat Christine eine Eroberung gemacht.«
»Was?« Ich empfand
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