Urlaub mit Papa
Handwerkern?«
Mein Vater redet nicht viel? Das fand ich erstaunlich. Ich hörte seine Kommandos durch das offene Kneipenfenster bis zu meiner Bank.
»Er unterhält sich schon mit den anderen. Das bleibt ja nicht aus, wenn man so viel zusammenarbeitet.«
Meine Mutter war beruhigt. »Das ist gut. Aber hör mal, ihr dürft ihn nicht überfordern, er ist 73.Er kann nicht mehr schwer arbeiten, er überschätzt sich da oft.«
»Das stimmt.«
»Wieso sagst du das so komisch? Hat er sich schon übernommen?«
»Nein, Mama. Er hebt nicht, er streicht nicht, er macht nichts mit Strom, er delegiert ganz gut.«
»Und wie klappt das mit dem Essen?«
»Er isst.«
»Wieso bist du so kurz angebunden? Du würdest mir doch sagen, wenn es ihm nicht gut geht, oder? Er ist manchmal einfach zu schüchtern, er will immer alles richtig machen, hat gute Ideen und traut sich dann nicht, sie umzusetzen.«
»Och, das geht.«
Meine Mutter klang skeptisch. »Du sagst das irgendwie eigenartig. Wie auch immer, er hat mir erzählt, dass Kalli heute Abend ein Bier ausgibt, auf das Baby. Wo gehen die beiden denn hin? Gibt es ein nettes Lokal in der Nähe? Heinz mag ja keine laute Musik.«
Ich schloss die Augen und sah eine Polonaise: Papa, Mechthild Weidemann-Zapek, Kalli, Hannelore Klüppersberg, Onno, Gisbert von Meyer, Dorothea, Nils, Gesa und zum Schluss ich. Was die Damen wohl nachher trugen? In der ›Haifischbar‹?
»Ich komme auch mit. Kalli kennt ein kleines, ruhiges Lokal. Keine Ahnung, wie es heißt.«
»Dann wünsche ich euch viel Spaß. Und sieh doch mal zu, dass dein Vater sich ein bisschen amüsiert. Er muss ja nicht traurig in der Ecke hocken, nur weil ich ein künstliches Knie bekommen habe. Muntere ihn auf, er klang vorhin ein bisschen bedrückt.«
Bedrückt? Schlechtes Gewissen? Unser sehr jung wirkender Mittsiebziger mit dem verschmitzten Lächeln? Der charmante Herr mit der schönen Tochter? Ich verkniff mir ein Kichern und räusperte mich.
»Du musst dir um ihn wirklich keine Sorgen machen, Mama. Er hat genug Ablenkung und so richtig bedrückt kommt er mir auch nicht vor. Kümmere du dich um dein Knie und trainiere ordentlich, ich melde mich morgen wieder.«
»Ja, mach das. Und schöne Grüße an alle. Bis morgen.«
Sie legte auf. Ich fragte mich, was sie im Alltagsleben meines Vaters alles erfolgreich verhinderte und warum ich immer zu spät kam.
Als ich gerade die Tür zur Ferienwohnung aufschloss, hörte ich einen Pfiff. Ich drehte mich um und entdeckte Johann, der zwei Reisetaschen abstellte.
»Schön, dann kann ich mich ja doch noch von dir verabschieden.«
Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu und blieb dann stehen.
»Dann hast du also einen Flug bekommen?«
»Ja.« Er lächelte. »Ich warte auf das Taxi, ich fliege in einer Dreiviertelstunde. Noch mal danke, ich hoffe, ich bin morgen Abend wieder hier, dann möchte ich dich zum Essen einladen. Spätestens übermorgen. Einverstanden?«
Ich nickte. »Einverstanden. Sag mal, warum schleppst du denn dein ganzes Gepäck mit? Das hättest du doch auch hier lassen können.«
Er sah mich verwirrt an. »Das Gepäck… Ja, stimmt, das habe ich irgendwie automatisch mitgenommen. Blöd, na ja, ist auch egal.«
Die Hupe des Taxis unterbrach uns. Johann beugte sich vor und küsste mich flüchtig auf die Wange. »Also, bis bald. Tschüss, mach’s gut.«
»Guten Flug.«
Ich starrte dem Taxi hinterher und fragte mich, warum ich ein komisches Gefühl hatte.
Die kleine Kneipe
– Peter Alexander –
Die ›Haifischbar‹ war von innen genauso, wie ihr Name versprach: Von der Decke hingen Fischernetze, in den Ecken Galionsfiguren. Der Raum war voll gestopft mit maritimen Gegenständen, hinter dem Tresen stand ein Wirt, der vermutlich im Nebenberuf Pirat war, und die blonde Bedienung hätte ich als Kind für eine Sirene gehalten.
Mein Vater war begeistert. »Was für ein schönes Lokal, guck doch mal. Und hier ist auch keine Selbstbedienung. Bestens. Also, Kalli hat ja wirklich Geschmack beim Ausgehen.« Er steuerte strahlend auf die Bedienung zu. »Da sind wir. Mein Freund Kalli hat einen Tisch bestellt. Einen großen.«
Howard Carpendale sang ›Ob-la-di, ob-la-da…‹, und wir wurden zu dem Tisch unter der Galionsfigur mit dem größten Busen geführt. Mein Vater sah anerkennend hoch und mich dann zufrieden an.
»Und so ein schöner Tisch. Und flotte Musik. Trinkst du auch ein Bier?«
Ich nickte ergeben und fragte mich, wann ich hier unauffällig
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