Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urlaub mit Papa

Urlaub mit Papa

Titel: Urlaub mit Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
Vom Netzwerk:
vielleicht einen Scheißvormittag.«
    Er steckte das Handy in seine Jackentasche, beugte sich über den Tisch und küsste mich auf den Mund. Wie selbstverständlich. Ich lächelte selig. Er guckte ernst.
    »Ich wollte vorhin eine Flasche Wein kaufen, in der Hoffnung, dass wir uns heute Abend noch am Strand treffen. An der Kasse habe ich gemerkt, dass ich meine Brieftasche nicht dabei hatte. Also habe ich den Wein wieder ins Regal gestellt, bin in die Pension zurück, um mein Geld zu holen. Ich habe das ganze Zimmer auf den Kopf gestellt, nichts. Das letzte Mal habe ich die Brieftasche gestern Abend im ›Surfcafé‹ gehabt, beim Zahlen. Und jetzt ist sie weg.«
    »Die wird sich schon wieder finden. Hast du im ›Surfcafé‹ angerufen?«
    Der Kuss hatte mir mein Gehirn vernebelt. Johann sah das anscheinend ähnlich. »Christine. Natürlich war ich schon da. Und anschließend bin ich die ganzen Wege abgelaufen. Hin und zurück. Und im Fundbüro war ich auch. Da hat keiner was abgegeben. Die Brieftasche ist weg.«
    »Und jetzt?«
    Johann zündete sich mit zittrigen Fingern eine Zigarette an. »Jetzt habe ich erst mal meine Kredit- und EC-Karten sperren lassen. Ich habe noch zehn Euro in der Tasche, aber das war es dann.«
    »Du bist doch Banker. Dann kannst du hier auch ohne Karte Geld abheben.«
    »Sicher«, er sah mich an, als wäre ich nicht ganz dicht, »das geht aber nur mit Personalausweis und der war auch in der Brieftasche.«
    »Soll ich dir was leihen?«
    »Könntest du das machen? Dann kann ich morgen gleich nach Hause fahren, da kennen die mich wenigstens in der Bank. Und meinen Reisepass brauche ich vielleicht auch. Du bekommst dein Geld auch sofort wieder. Das wäre klasse. Danke.« Jetzt lächelte er doch.
    »Das ist kein Problem.« Ich angelte meine Börse aus der Handtasche und öffnete sie. »Wie viel brauchst du denn?«
    »500 oder 800?«
    »So viel?«
    »Na ja, mir war so schlecht auf dem Schiff, da habe ich mir vorgenommen, zurückzufliegen. Ich hoffe nur, dass ich noch für heute einen Flug bekomme. Und dann muss ich für die beiden Nächte die Pension bezahlen, sonst denkt Frau de Vries, ich wäre ein Betrüger. Ich muss die Garage in Norddeich bezahlen und noch tanken, das läppert sich. Ich werde nervös, wenn ich so wenig Geld und keine Karten dabei habe.«
    Das ging mir genauso. Er sah sehr unglücklich aus, ich wollte ihn retten.
    »Dann gehe ich mal eben zum Geldautomaten, so viel habe ich nicht dabei. Bin gleich wieder da.«
    Ich hatte 300Euro dabei und hob 500 ab. Er würde sie mir ja wiedergeben, sobald er zurück war. Außerdem fühlte ich mich ein bisschen schuldig, schließlich hatte er für mich bezahlt, bevor er die Brieftasche verloren hatte. Es gab mir ein gutes Gefühl, diesem Mann helfen zu können.
    Wir tranken noch einen Kaffee zusammen, Johann bestand darauf, mich einzuladen, er bezahlte mit den zehn Euro, die er noch in seiner Hosentasche gefunden hatte. Ich radelte mit einem zärtlichen Gefühl zurück und hoffte, dass Johann seine Geldgeschäfte schnell erledigte. Und dass Mausi keine Bankangestellte war.
    Erst auf dem Hof der Pension fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, die Inselzeitung zu kaufen. Ich verstand sowieso nicht, warum mein Vater sie lesen wollte, nur weil man einen dieser Schreiberlinge kennengelernt hatte, musste man doch seine Gewohnheiten nicht ändern. Wie auch immer, ich wollte gerade wieder losfahren, als Marleen mit undurchdringlicher, aber keinesfalls heiterer Miene, mit genau dem Blatt in der Hand, auf die Kneipe zustürmte.
    »Halt, Marleen! Warte mal.«
    Sie blieb stehen, ich schob das Fahrrad zu ihr.
    »Sag mal, kann ich die Zeitung haben? Dann muss ich nicht…« Ich stand jetzt vor ihr und bemerkte, dass sie stinksauer war. »Was ist denn mit dir los?«
    Marleen wedelte mit der Zeitung durch die Luft. »Was mit mir los ist? Komm mit in die Kneipe. Entweder bringe ich den großen Insel-Kenner oder dieses rothaarige Frettchen um, je nachdem, wen ich zuerst erwische.«
    Ich stellte das Fahrrad ab und beeilte mich, hinterher zu kommen. Ich wollte auf keinen Fall den Anfang verpassen.
    Mit Schwung stieß sie die Kneipentür auf und stürmte in den Raum, wo sie die Zeitung auseinanderfaltete und auf einem Tisch glatt strich. Dann sah sie sich um.
    »Leute, ich möchte euch etwas vorlesen. Hört ihr mal einen Moment zu?«
    Onno, Kalli, Dorothea und Nils stellten sich zu uns, ich beobachtete meinen Vater, der sich mit erwartungsfrohem Lächeln

Weitere Kostenlose Bücher