Urlaub mit Papa
Tisch?«, fragte Kalli. »Oder soll ich Sie vorstellen?«
Frau Weidemann-Zapek legt ihren glitzernden Kopf schief. »Wir wohnen zwar quasi alle zusammen, aber Ihre Namen kennen wir noch nicht. Ich schlage vor, dass wir uns mit Vornamen anreden, das macht es doch gemütlicher. Ich heiße Mechthild und meine Freundin hört auf den schönen Namen Hannelore.«
»Das ist gut.« Mein Vater hob sein Bierglas. »Ich kann mir diese albernen Doppelnamen sowieso nicht merken. Also, ich bin Heinz und das ist meine Tochter Christine.«
Mechthild Weidemann-Zapek sah ihn hingerissen an. »Heinz, stellen Sie uns auch Ihre Freunde vor?«
»Klar, neben mir sitzen Onno, Kalli und Marleen, gleich kommen noch Dorothea und Nils. So, die Damen, was soll es zu trinken sein?«
Roland Kaiser schmetterte seinen Schlager ›Sieben Fässer Wein‹ im Hintergrund. Ich schluckte, es würde ein anstrengender Abend werden.
Die Damen entschieden sich erst mal für ein Fläschchen, als Dorothea und Nils eintraten. Kalli winkte sie zu uns.
»Da seid ihr ja. Dorothea, möchtest du auch einen Moselwein?«
Dorothea schüttelte sich. »Bestimmt nicht. Ich nehme ein Bier.«
»Nils?«
»Ich auch. Danke.«
Mechthild musterte Dorothea skeptisch, mein Vater beruhigte sie: »Dorothea ist Künstlerin.«
»Ach…« Mechthild wirkte nicht sonderlich beruhigt. »Ich finde, wenn Frauen Bier trinken, hat das manchmal so was Gewöhnliches.«
Dorothea starrte sie sprachlos an. Onno nickte, worauf Marleen ihm mit einem bösen Blick den Ellenbogen in die Seite rammte und zur Bedienung sagte: »Ich möchte auch ein Bier. Und du, Christine?«
»Ja.« Ich lächelte Frau Weidemann-Zapek zuckersüß an. »Ein großes, bitte.«
Statt zu antworten, drehte sie sich zu meinem Vater und legte ihre beringte Hand auf seine.
»Ich habe Ihr Bild heute in der Zeitung gesehen. Ich wusste ja gar nicht, um was Sie sich alles kümmern.«
Marleen bekam einen Hustenanfall, während ich meinen Vater beobachtete, wie er ein verdutztes Gesicht machte und schnell seine Hand weg zog, um sich am Kinn zu kratzen.
»Ach, das kennt man doch, die Medien bauschen immer alles auf. Ich bin nur ein Teil der Mannschaft.« Er lächelte bescheiden und ich überlegte, ob man Mechthild öfter um ihre Hand bitten sollte.
Als die Getränke kamen, bestand Kalli darauf, die Weinflasche selbst zu öffnen. Hannelore klatschte in die Hände, als er ihr Glas füllte.
»Wunderbar, wie Sie das machen, Kalli. Dann heben wir doch gleich das Glas auf Sie. Prösterchen!«
»Ich denke, das ist für Kallis Enkelin«, ließ sich Onno vernehmen.
»Ja.« Kalli sah stolz in die Runde. »Wir trinken auf meine neue Enkelin, auf Anna-Lena. Zum Wohl.«
Hannelore Klüppersberg hob ihr Weinglas noch einmal an.
»Und auf ihren reizenden Großvater.«
»Reizend? Na ja.« Onno guckte skeptisch, trank aber trotzdem.
Mechthild Weidemann-Zapek sah sich interessiert um.
»Christine, Sie sagten doch, dass dies ein Tanzlokal sei. Ich sehe aber gar keine Tanzfläche. Gibt es noch einen Nebenraum?«
Ich hob die Hände. »Ich kannte die ›Haifischbar‹ nicht, tut mir leid. Anscheinend wird hier nicht getanzt. Nur getrunken.«
Mein Vater nickte. »Das sieht hier wirklich nicht nach Tanzschuppen aus. Das macht aber auch nichts, wissen Sie, ich habe ein Hüftleiden, da kann ich sowieso nicht mithalten.«
Mechthilds Kichern und ihr Zwinkern in meine Richtung konnte er zum Glück nicht deuten. Ich beschloss, sie zu ignorieren. Hannelore wandte sich an Onno.
»Sie sind doch Insulaner. Wo gehen Sie denn normalerweise tanzen?«
Onno zuckte zusammen. »Ich tanze nie. Da müssen Sie sich schon jemand anderen suchen. Ich gehe nur Karten spielen.«
»Apropos jemand anderen«, Mechthild drehte sich abrupt zu Marleen, wobei ihr ein Schmetterling aus dem Haar ins Glas fiel, »ich habe vorhin diesen gut aussehenden jungen Mann mit seinem Gepäck gesehen, diesen Herrn Thiess, ist er schon wieder abgereist?«
Marleen verfolgte die Kreise des Pailettentierchens im Glas. »Ja, warum?«
»Ach?« Mein Vater sah zu mir. Ich konzentrierte mich darauf, Tropfen vom Glas zu wischen.
Frau Weidemann-Zapek ließ nicht locker. »Er wollte doch eine Woche bleiben. Das hat er uns vorgestern erzählt, da haben wir mit ihm ein Tässchen Kaffee im Ort getrunken. Ist da etwas passiert?«
Marleen guckte unbeteiligt. »Das habe ich nicht gefragt. Das geht ja auch keinen etwas an. Vielleicht hat es ihm hier einfach nicht gefallen.«
Mein Vater
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