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Urmel wird ein Star

Urmel wird ein Star

Titel: Urmel wird ein Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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daß die Besatzung
von Bord gegangen war. Ohne lange zu überlegen, faßte ich den Entschluß zu
einer kühnen Tat. War es schon nicht mehr zu verhindern, daß meine drei
Saufgenossen in die Stadt unter dem Korallenriff eindrangen, so konnte ich
vielleicht doch wenigstens dafür sorgen, daß sie sich nicht einfach mit ihrem
Wissen davonmachten.
    Da
mußte ich selbst in Kauf nehmen, gesehen zu werden. Aber eigentlich hatte ich
ja nichts zu riskieren. Ich erklomm also die schwankende Strickleiter, und das
war ein Kunststück, denn ich war fast zu schwer für sie.
    Ich
stieg leise an Deck. Gottlob, nichts rührte sich. Kein Mensch schien an Bord zu
sein. Was sollte ich tun? Sie durften keine Nachricht geben und sich auch nicht
entfernen können. Ich suchte also die elektrischen Batterien und warf sie
schnell über Bord. Nun konnten sie ihr Funkgerät nicht mehr benutzen. Auch das
Faß mit dem Treibstoff schmiß ich ins Wasser. Spritzend versank es. Fast hätte
ich es mit dem Trinkwasserbehälter verwechselt — glücklicherweise schnupperte
ich daran — , verdursten sollten sie schließlich nicht.
    Ich
beeilte mich zwar sehr, aber so schnell, wie ich es niederschreibe, ging das
alles nicht. Dabei hatte ich sicher keine Zeit zu verlieren. Denn entweder
wehrten sich Onkel Pitsch und seine Homo-Saurier-Kolonie ihrer Haut, dann gab
ich für das Leben der drei Taucher keinen Pfennig. (Ihr Mörder mochte ich aber
auch nicht sein.) Oder aber die Taucher kamen lebend aus ihrer Stadt, dann
wußte ich nicht, wie das Geheimnis in Zukunft noch bewahrt werden konnte.
    Ich
schlängelte mich blitzschnell in die Tiefe und hielt mich auch nicht damit auf,
meine alten Bekannten, die großen Fische, zu begrüßen, die Rochen und all die
anderen Meeresbewohner, mit denen ich so oft gespielt hatte.
    Schon
sah ich die Zacken der Korallen vor mir, die gleich knotischen (das Urmel meint
gotischen) Kirchtürmen aufragten. Ich hatte es nicht mehr weit zum Eingangstor.
    Mein
Herz klopfte sehr.
    Ich
schwamm durch das Tor. Es war unbewacht. Das war ein schlimmes Zeichen. Und wie
still alles war! Noch nie war es hier so still gewesen. Ich hörte das mir
vertraute frohe Geplauder und Geschmatze der Homo-Saurier nicht, ich sah keine
Kinder in den Fensteröffnungen und Bullaugen, ich vernahm das Saugen der
Straßenreinigung nicht.
    Entweder
waren alle meine Freunde bereits tot, vor Schreck gestorben, oder sie hatten
sich aus dem Staub (sagen wir lieber: aus dem Tang) gemacht.
    Lange
überlegen konnte ich nicht. Ich erblickte einen scharfen, kegelförmigen
Lichtschein. Da vermochte ich mich gerade noch hinter eine alte Kanone zu
ducken, die auf dem Deck einer Fregatte vor sich hingammelte. Ich lugte
vorsichtig über die Reling. Ja, meine drei Trinkbrüder schwebten zwischen den
Schiffskörpern dahin wie Geister, so lautlos. Ihre Haare wehten nach oben. Sie
hatten Flossen an den Füßen, Flaschen auf dem Rücken und Tauchermasken vor dem
Gesicht. Luftblasen sprudelten um sie herum. Mein Freund mit der spitzen Nase
trug eine scharfe Harpune, der mit dem Schnurrbart die Filmkamera, und der
dritte die scharfe Lampe. Ihr Lichtkegel wanderte über Bordwände, Namenszüge,
über Bug und Heck der Schiffe, die den Homo-Sauriern als Häuser dienten.
     

    So
sehr ich die Burschen als meine Feinde betrachtete, so sehr bewunderte ich doch
ihren Mut. Nur zu leicht konnte die Stadt unter dem Korallenriff ihr Grab
werden.
    Bald
bogen sie um eine Hausecke und verschwanden in einer Seitengasse. Ich kannte
mich hier ja aus, daher wußte ich, daß dort hinten der Polardampfer stand, den
der Professor den Homosauriern vom Nordpol mitgebracht hatte. Und auf seinem
Schornstein ruhte der wunderbare leuchtende Komet. Die Homo-Saurier hatten ihn
wohl verhüllt, sonst hätte er ja wie die Sonne gestrahlt und die Stadt unter
dem Korallenriff in sein goldenes Licht getaucht.
    Was
aber, wenn die Taucher diese unermeßliche Kostbarkeit entdeckten und
auspackten?
    Da
sie jetzt außer Sichtweite waren, verließ ich mein Versteck und eilte zu Onkel
Pitschs Admiralsschiff. Meine Ahnung hatte mich nicht getrogen: Ich bemerkte
gleich, weshalb die Stadt wie ausgestorben wirkte. Alle Homo-Saurier, vom
Großvater bis zum neugeborenen Säugling, hatten sich hierhin zurückgezogen. Der
Leib des mächtigen Schiffes quoll fast über. Ich konnte mich kaum durch die
Eingangsluke zwängen.
    Als
man mich erkannte, wurde ich mit großer Freude begrüßt. Die Homo-Saurier
schmatzten und raunten.

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