Urmels großer Flug
Vielleicht
können wir es nämlich noch vermeiden, daß die ganze Welt auf Titiwu und den
Professor aufmerksam wird. Du weißt, daß er sich davor fürchtet. Sollten wir
nicht vielleicht vor allem die Privatdetektei Argusauge einschalten?«
»Schon
geschehen«, sagte Naftaline. »Aber vorläufig hat sie den Auftrag dankend
abgelehnt und gemeint, sie wäre nur für seriöse Verbrechen zuständig und wollte
nicht für töricht gehalten werden. Man hat mir den guten Rat gegeben, die Sache
lieber einem tüchtigen Tierfänger zu übertragen.«
»So
habe ich es mir vorgestellt, öfföff«, schnaufte Wutz empört. »Menschen sind zu
dumm! Aber wir sind leider auf ihre Hilfe angewiesen. Ich schlage vor, Futsch,
du schaltest Interpol ein, das ist doch die internationale Polizei, nicht?
Heute ist schließlich nicht mehr der erste April, sondern schon der zweite. Und
außerdem, öfföff, mußt du eine hohe Belohnung aussetzen, sagen wir mal...«
»Die
Höhe laß lieber mich bestimmen«, rief er schnell, »andernfalls bin ich
übermorgen ein ruinierter Mann.«
»Sei
jedenfalls nicht kleinlich, öfföff. Wie ich die Menschen nämlich kenne, hört
für sie der Spaß auf, wenn Geld im Spiel ist.«
»Gar
nicht so falsch«, brummte der König. Und er tat, was Wutz geraten hatte.
Achtes
Kapitel
In dem das Urmel und Schusch frühstücken möchten und ihr Glück in einer
Schule versuchen
Es war
Morgen. Das Urmel und Schusch hatten keine sehr gute Nacht verbracht. Im Hinterhof,
zwischen Mülltonnen, hielten sie sich verborgen. Schusch fand, er hätte schon
bessere Schlafstätten kennengelernt und vor allen Dingen wohlriechendere.
»Man
kann es nicht immer so aussuchen, wie man es sich wünscht«, hatte das Urmel
geseufzt, den Deckel des nächsten Mülleimers gelüftet, aber schnell wieder
geschlossen, weil das, was es da sah und was da so duftete, gar nicht
appetitanregend war, selbst nicht für bescheidene Ansprüche. Es gelang Schusch
aber unbemerkt — denn es war sehr früh, und die meisten Menschen schliefen noch
— , es gelang Schusch, von einem Küchenbalkon drei Äpfel zu stibitzen. Und
damit waren sie zunächst das größte Hungerknurren ihrer Mägen los.
Danach
verkündete das Urmel, frisch gestärkt: »Und jetzt wird sich bekannt gemacht.
Jetzt werde ich mich mächtig bekannt machen.«
»Gehst
du auf dä Straße und pfeifst, damät däch alle hören und dann angelaufen kommen,
um däch zu sehen?«
»Nee,
denn da würden vor allen Dingen die Erwachsenen kommen. Von denen erwarte ich
nichts Vernünftiges mehr. Man muß mich ja erst einmal kennenlernen. Lernen!
Verstehst du?«
»Nee.«
»Lernen
tut man in der Schule. Die Kinder lernen. Was sie in der Schule erfahren, das
glauben sie auch. Deshalb stelle ich mich den Kindern in der Schule vor. Damit
sie lernen, daß es Urmel gibt. Urmel-Lernstunde!«
»Aha«,
machte Schusch.
»Nur,
wo ist eine Schule?«
Ȁch
seh mal nach!«
»Wie
machst du das?«
Ȁch
fläge auf ein Dach. Und dann warte äch, bäs dä Känder mät den Schultaschen aus
den Wohnungen kommen. Und dann seh äch, wo sä hänlaufen. Klar?«
»Klar.
Bloß warte bitte nicht so lange, bis ich von der Müllabfuhr versehentlich
mitgenommen werde. Ich traue den Menschen alles zu!«
Schusch
hatte Glück. Es war gerade die Stunde, in der die bedauernswerten Kinder noch sehr
unausgeschlafen aus den Häusern kamen, um sich auf den Schulweg zu machen. Es
war deshalb nicht schwer, das Gebäude zu finden, in das sie alle hineinstrebten
wie die schwarzen Ameisen.
Von
Schusch geführt, flog das Urmel daher über die Dächer in den Schulhof. Dort
kauerte es sich hinter den Fahrradschuppen. Schusch suchte inzwischen eine
geeignete Schulklasse. »Achte darauf, daß mindestens zwei Fenster offen sind!«
schärfte ihm das Urmel ein.
Schusch
fand eine Klasse, in der das größte Getöse gerade zur Ruhe kam, weil soeben die
Lehrerin eintrat, um mit dem Unterricht zu beginnen.
Schusch
flatterte auf das Fensterbrett. Und aus war es mit der Aufmerksamkeit im
Klassenzimmer. »Ein Pelikan, nein, ein Adler... ein Storch...«, krakeelten die
Kinder durcheinander.
»Seid
still, seid ganz still, Kinder, damit er nicht davonfliegt«, flehte die
Lehrerin mit etwas schriller Stimme. Sie war sehr aufgeregt, einen so großen
Vogel hatte sie hier noch nie gesehen. Sicher war er aus dem Zoo entflohen. Was
mochte es nur sein? Sie hätte es doch eigentlich wissen müssen als Lehrerin!
Der
große Vogel war erstaunlich
Weitere Kostenlose Bücher