Urmels Lichterbaum im Eismeer
Professor endlich einmal von seinem Buch auf und murmelte:
»Fossilien von Meerestieren sind viele Millionen Jahre alt.«
»Was
meinst du, Professor, öfföff?«
Er
zuckte zusammen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass das nichts mit der Meinung von
Wutz über Angakorok zu tun hatte. Wo hatte er nur seine Gedanken! Er sagte:
»Nein, Wutz, das glaube ich auch nicht!«
»Ha!«,
rief das Urmel. »Wenn aber doch? Dann sitzen wir hier die ganze Nacht und
warten, und er lacht sich ins Fäustchen. Aber da weiß ich was! Einer von uns
läuft mal aufs Oberdeck und guckt nach. Angakorok braucht es ja nicht zu
merken. Ich bin auch bestimmt ganz vorsichtig.«
Schon
wollte es aus der Tür, sogar ohne Thermoanzug. Aber Wutz erwischte es am
Schwanz. »Du bleibst hier, öfföff! Versprochen ist versprochen und Ehrenwort
ist Ehrenwort, öfföff. Das wäre ja noch schöner. Lieber lasse ich mir einen
Streich spielen, als dass ich mein Wort nicht halte!«
»Du
brauchst mich deshalb trotzdem nicht so am Schwanz zu ziehen!«, protestierte
das Urmel.
Wawa
amüsierte sich darüber. Er zwinkerte Ping Pinguin zu und zischelte: »Wutsch
tschwickt das Urmel in den Schwantsch!«
In
diesem Augenblick ertönte draußen eine laute Trommel. Da war alles vergessen.
»Alle
an Deck! Und keiner drängelt sich vor, öfföff!«
Sie
zogen ihre Thermoanzüge an und wollten die Küche verlassen.
»Halt!«,
zischte Wawa empört. Wutz fuhr vor Schreck zusammen. »Halt!«, fauchte er. »Ihr
müsst mich erst richtig vors Fenster schieben und den Scheuerlappen wegnehmen,
sonst kann ich nichts sehen!«
»Das
ist wahr, öfföff«, grunzte Wutz. Das Urmel wollte es gleich machen, weil es
dachte, dass es dann schon mal hinausgucken konnte, aber Wutz hielt es wieder
fest, diesmal am Kragen. Sie bat Tim Tintenklecks, Wawas Wunsch zu erfüllen.
»Du bist der Vernünftigste von uns allen, Tim, öfföff!«
Tim
nahm den Scheuerlappenvorhang vom Bullauge fort. Er rückte Wawas Muschel so an
die runde Scheibe, dass der kleine Waran gut hinausschauen konnte. Wawa schob
seinen Kopf vor — und beschwerte sich: »Ich sehe aber trotschdem nichts!«
»Klar«,
stimmte ihm Tim Tintenklecks zu. »Solange in der Küche das Licht brennt, kannst
du draußen nichts sehen. Das wird gleich anders, pass mal auf!«
Er
nahm seine Kamera und schulterte den Sack mit den Geschenkpäckchen, den Wutz
aus dem Versteck in der Vorratskammer geholt hatte. Wutz knipste eine
Taschenlampe an und drehte das Gas der Campingleuchte ab. Da ging sie aus und
es schimmerte nur noch die kleine Spiritusflamme unter Wawas Schüssel. Es wurde
dunkel im Raum. Er schaute hinaus, hinunter auf die unendliche Eisfläche und
stieß ein begeistertes Zischen aus. »Tschauberhaft, ach ist das tschauberhaft!«
Es war wie von einer anfahrenden Dampflokomotive.
Noch
einmal erwischte Wutz das Urmel am Kragen: »Hier geblieben! Du kommst mit uns!
Hinaus jetzt, öfföff!«
Der
Schein der Taschenlampe huschte über die Stufen der Innentreppe. Wutz passte
auf alle auf, auch, dass der Professor genug Licht bekam, damit er nicht
stürzte.
Draußen
war es nicht vollständig schwarz. Die Dunkelheit schimmerte mit einem silbernen
Schein, es herrschte eine Art Dämmerlicht, das die Himmelskuppel mit ihren
Millionen Sternen durchleuchtete.
Es
war windstill.
Sie
kamen auf das Oberdeck. An der Reling blieben sie stehen und schauten. Unten
leuchtete der Tannenbaum. Etwas entfernt stand er auf der Eisfläche, mit Kerzen
geschmückt.
Angakorok
rief sie und trommelte. Aber er war nicht zu sehen.
Der
Lichterbaum im Eismeer
Über die
schräge Außentreppe gingen, hüpften und stolperten sie hinab. Nur Ping Pinguin
nicht. Er, der als Einziger keinen Thermoanzug brauchte, sprang von Bord in den
dunkel spiegelnden Wasserstreifen zwischen Schiffsrumpf und Eis. Er tauchte auf
und sprang auf die helle Fläche, die geheimnisvoll schimmerte. Dort wartete er
— obwohl er vor Ungeduld mit den Stummelflügeln zitterte.
Wutz
leuchtete dem Professor. Tim Tintenklecks trug die Videokamera und den kleinen
Sack mit den Geschenkpäckchen. Das Urmel drängelte.
Als
die Trommel schwieg, erklang Seele-Fants röhrende Stimme: »Fröhlöchö
Weuhnachtön!«
Aber
wo war er?
»Fröhliche
Weihnachten!«, jubelte das Urmel. Es fühlte sich feierlich. Wie schön war der
Weihnachtsbaum mit den vielen brennenden Kerzen vor ihnen, behängt mit Lametta,
das nur so blitzte. Das Urmel war so überwältigt, dass es stehen blieb und Wutz
eine Pfote im
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