V wie Viktor
nichts mehr rein, ich bin kurz vorm Umkippen.«
Ein wenig ratlos sah er mich an. Ich beruhigte ihn.
»Es ist ok, ich muss das nicht jetzt wissen, das hat auch noch Zeit bis heute Nachmittag oder Abend. Trotzdem vielen Dank.«
Mit einem zufriedenen Nicken nahm er mir die leere Tasse ab.
»Noch einen?«
»Nein danke, ich würde jetzt lieber auch ein wenig schlafen. Kann ich zu Viktor?«
»Ja, er hat schon nach Ihnen gefragt, Ich bring Sie zu ihm.«
Ich folgte ihm durch den Flur zu einer Treppe, die zu meinem Erstaunen nicht in den Keller, sondern nach oben führte. Was hatte ich denn erwartet? Dass er in einer Gruft in einem Sarg liegen würde? Ich musste über meine eigene Dummheit lächeln.
Oben angekommen öffnete er leise eine Tür und trat beiseite. In einem vollkommen normalen Zimmer und in einem vollkommen normalen Bett lag Viktor und schlief. Seine Atemzüge waren tief und gleichmäßig, es schien ihm besser zu gehen. Ich hörte, wie die Tür hinter mir geschlossen wurde. Ohne nachzudenken zog ich mich bis auf die Unterwäsche aus, glitt vorsichtig zu ihm unter die Decke und schmiegte mich an seinen Rücken. Er regte sich, murmelte im Schlaf.
»Anna…«
»Ja Liebster, ich bin da«, flüsterte ich.
»Ich bin bei dir und ich lass dich nicht allein.«
Es war stockdunkel um mich herum.
Wo bin ich?
Alles fühlte sich fremd an, das Bett, der Raum, die Geräusche. Erst als ich Viktors Atem hörte, fiel mir alles wieder ein. Nach ein paar Sekunden konnte ich schemenhafte Umrisse erkennen, er lag zusammengerollt wie ein Baby neben mir, die Haare verwuschelt, mit einem so friedlichen Gesichtsausdruck. Das Herz tat mir weh vor Liebe und Zärtlichkeit für diesen Mann und der Gedanke, ihn beinahe verloren zu haben – nein, ich wollte nicht darüber nachdenken.
Mein Mund war total ausgetrocknet vor Durst. Also küsste ich Viktor sanft auf die Schulter und schlüpfte leise aus dem Bett. An der Tür hing ein Bademantel, den ich beim Hereinkommen gesehen hatte und in den ich mich jetzt einwickelte. Ich öffnete vorsichtig die Tür, um ihn nicht zu wecken und machte mich auf den Weg in die Küche. Der Flur lag im Dunkeln, aber von unten drang ein schwaches Licht nach oben. Ich war gerade am Treppenabsatz angekommen, als ich eine Bewegung unten sah und instinktiv einen Schritt zurück in den Schatten machte. Aber es war nur Andrew, der aus der Küche kam. Schon wollte ich erleichtert weitergehen, stoppte aber ein zweites Mal. Er war nicht alleine, eine Frau war bei ihm. Die beiden blieben in der Tür stehen und küssten sich, völlig versunken in die Gegenwart des anderen.
Verdammt, das war so nicht geplant!
Ich wagte mich nicht zurück, aus Angst sie würden mich entdecken. Er trug nur eine leichte Pyjama Hose, die Mähne hatte er zu einem lockeren Zopf zusammengebunden. Seine breiten Schultern und der ganze Rücken waren von einem riesigen Tattoo bedeckt, ein Drache, soweit ich das erkennen konnte. Was für ein schöner Mann! Und was für ein Kraftpaket. Seine Begleiterin, von der er die Hände nicht lassen konnte, eine zierliche Dunkelhaarige, deren lange, glatte Mähne fast bis zum Po reichte, trug fast den gleichen Morgenmantel wie ich.
Er hat gestern gar nichts von einer Freundin erzählt.
Ein etwas irrationaler Gedanke in dieser Situation. Die beiden bewegten sich aneinander festgesaugt Richtung Sofa. Er legte ihr einen Arm um die Taille und begann ihren Hals zu küssen. Sie bog sich nach hinten, legte den Kopf in den Nacken, sodass ihr Haar fast bis auf den Boden floss, seufzte leise auf.
Ohne es zu wollen, war ich von dieser Szenerie vollkommen fasziniert.
Sie waren nun mitten im Wohnzimmer, ihre roten Krallen glitten über seinen Rücken, was ihm hörbar gut gefiel. Er brummte leise, flüsterte ihr etwas ins Ohr und sie lachte leise auf. Er packte sie am Po, hob sie an. Sie schlang ihre langen Beine um seine Hüften.
Ich sollte wirklich gehen.
Wie ein hypnotisiertes Kaninchen sah ich den beiden mit offenem Mund zu. Dieses Bild war so unglaublich erotisch und sexy. Der kraftstrotzende, rotblonde Schotte und die zierliche, fast zerbrechlich wirkende Brünette in einer so perfekten Harmonie. Sie waren vollkommen ineinander versunken, nahmen ihre Umgebung nicht mehr war, flüsterten sich leise Koseworte ins Ohr, küssten sich immer wieder leidenschaftlich. Sie hatten das Sofa erreicht. Ohne sie loszulassen beugte er sich nach vorne, legte sie sanft in die Kissen und öffnete den Morgenmantel.
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